Frankfurt (Reuters) - Nachlassende Spekulationen auf eine baldige US-Zinserhöhung haben die europäischen Börsen am Dienstag gestützt.
Wegen widersprüchlicher Signale der Notenbank Fed hielten sich Anleger mit größeren Engagements zurück. Die fallende Wall Street machte die anfänglichen Dax-Gewinne wieder zunichte. Der deutsche Leitindex schloss 0,4 Prozent im Minus bei 10.386,60 Punkten. Der EuroStoxx50 verlor sogar 1,2 Prozent auf 2975,89 Zähler. In New York rutschten Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 bis zu 1,5 Prozent ab.
Erleichtert reagierten Investoren auf Aussagen der US-Notenbankerin Lael Brainard. Sie warnte vor einem zu frühen Ende der lockeren Geldpolitik. Ihr Kollege Dennis Lockhart forderte dagegen eine "ernsthafte Diskussion" über eine Zinserhöhung bei der Fed-Sitzung am 21. September. Am Freitag hatte sich Notenbanker Eric Rosengren für eine baldige Straffung der Geldpolitik ausgesprochen.
"Die Brainard-Rede war die letzte vor der Schweigeperiode", sagte DZ Bank-Analystin Birgit Figge. Außerdem stehe Brainard Janet Yellen sehr nah. Daher könnten Anleger die Aussagen als Hinweis auf die Meinung der Fed-Chefin zur US-Geldpolitik werten. Da die US-Notenbank die Finanzmärkte sicher sorgfältig auf eine Zinserhöhung vorbereiten wolle, sei ein solcher Schritt in der kommenden Woche unwahrscheinlicher geworden.
Den US-Banken setzte dies allerdings zu, da die aktuellen Niedrigzinsen ihre Gewinne drücken. Citigroup (NYSE:C), JPMorgan (NYSE:JPM) & Co. büßten bis zu 2,8 Prozent ein. Deutsche Bank (DE:DBKGn) und Commerzbank (DE:CBKG) gehörten mit Kursverlusten von jeweils etwa zwei Prozent zu den größten Verlierern im Dax.
ANHALTENDE ÖLSCHWEMME ERWARTET
Unterdessen nahm der Ölpreis seine Talfahrt wieder auf. Die richtungsweisende Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 2,5 Prozent auf 47,11 Dollar je Barrel (159 Liter). Der Internationalen Energiebehörde IEA zufolge wird das Angebot die Nachfrage bis ins erste Halbjahr 2017 hinein übersteigen.
Die setzte den Ölkonzernen zu. Die Index-Schwergewichte Exxon und Chevron aus den USA gaben jeweils mehr als zwei Prozent nach. Ihre europäischen Konkurrenten BP (LON:BP), Repsol (MC:REP), Shell (DE:RDSa) und Total (PA:TOTF) verloren bis zu 3,3 Prozent.
UNIPER BEI ANLEGERN BELIEBT
Gefragt waren dagegen Uniper, die sich um 3,9 Prozent verteuerten. Die Kraftwerkstochter des Versorgers E.ON (DE:EONGn) beendete zwar am Tag nach dem Börsendebüt ihr Intermezzo als 31. Dax-Wert, hat Experten zufolge aber Chancen auf einen Einzug in den Nebenwerte-Index MDax bei der nächsten turnusmäßigen Überprüfung der deutschen Indizes im Dezember. E.ON notierten dagegen 2,9 Prozent im Minus.
Ins Rampenlicht rückte auch Linde. Nach der geplatzten Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair geben der Vorstandsvorsitzender und der Finanzchef ihre Ämter auf. Die Aktien des Industriegase-Herstellers setzten sich mit einem Plus von 4,6 Prozent an die Dax-Spitze.
Einziger Gewinner im US-Standardwerteindex Dow Jones war Apple (NASDAQ:AAPL). Die Titel des Elektronik-Herstellers stiegen um 2,6 Prozent, nachdem der Mobilfunker Sprint mitgeteilt hatte, die Vorbestellungen für das neue iPhone 7 lägen vier Mal so hoch wie beim Modellwechsel im vergangenen Jahr.