Berlin (Reuters) - Die Zahl der Baugenehmigungen für neue Wohnungen ist im ersten Halbjahr wegen der geringeren Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Wohnheimen gesunken.
Von Januar bis Juni lag sie mit 168.500 um 0,6 Prozent unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. 2017 waren die erteilten Zusagen um mehr als sieben Prozent gefallen, nachdem sie von 2008 bis 2016 noch kontinuierlich gestiegen waren.
"Der Rückgang bei den Baugenehmigungszahlen ist ein Warnschuss für die Politik", sagte der Präsident des Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen, Andreas Ibel. "Durch fortdauerndes Abwarten erreichen wir hier keine Trendwende. Wenn es der Politik wirklich ernst ist mit dem Vorhaben, den Neubau anzukurbeln, müssen Worten endlich Taten folgen." Bauland sei in den Ballungsgebieten kaum noch erhältlich. Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) forderte, kommunale Planungs- und Genehmigungsbehörden zu entlasten. "Ein Beschleunigungsgesetz für den Baubereich kann hier Abhilfe schaffen, denn langwierige Genehmigungsprozesse, teure Auflagen und hohe Steuern sorgen nicht für Entlastung, sondern erschweren die Situation", sagte ZIA-Präsident Andreas Mattner.
Die Gewerkschaft IG BAU forderte stärkere Anstrengungen der Politik, um den Wohnungsmangel zu beheben. "Statt schöner Worte brauchen wir mehr Geld für den Bau von Sozialwohnungen und bezahlbarem Wohnraum", sagte der Bundesvorsitzende Robert Feiger. Die Politik müsse zudem dem Treiben von Spekulanten einen Riegel vorschieben, die Grund und Boden zulasten der Wohnungssuchenden verknappten.
Die Zahl der Genehmigungen für Einfamilienhäuser sank laut Statistischem Bundesamt um 1,6 Prozent, für Zweifamilienhäuser um 2,9 Prozent. Bei Wohnheimen gab es einen Einbruch von mehr als einem Drittel. Hauptgrund hierfür ist der Rückgang bei Flüchtlingsunterkünften. Gegen den Trend zog die Nachfrage nach Mehrfamilienhäusern dagegen an: Hier gab es in den ersten sechs Monaten ein Plus von 4,9 Prozent.
Nach Ansicht des wohnungspolitischen Sprechers der Unions-Fraktion, Kai Wegner, zeigen die Zahlen, wie wichtig der Wohngipfel im September ist, um dem Wohnungsbau einen zusätzlichen Schub zu geben. Für eine echte Trendwende würden "mehr Bauland, schnellere Genehmigungsverfahren und weniger Vorschriften" benötigt, sagte der CDU-Politiker. Mit dem Baukindergeld, der steuerlichen Förderung des Mietwohnungsbaus und der Sicherung des Engagements des Bundes in der sozialen Wohnraumförderung seien bereits wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht worden.
Der wohnungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Bernhard Daldrup, verwies auf das Ziel im Koalitionsvertrag, in dieser Legislaturperiode 1,5 Millionen Wohnungen zu bauen. Dies beziehe sich auf sämtliche Bereiche - den Mietwohnungsbau genauso wie auf sozial gebundene Wohnungen und die Eigentumsförderung, sagte er Reuters. "Wir brauchen einen Mix und nehmen keinen Bereich aus. Der Wohngipfel wird zusätzlichen Schub bringen." Eine Expertenkommission werde zudem bis Sommer 2019 Vorschläge zur Baulandbereitstellung vorlegen. Damit mehr Wohnungsbau gelingen könne, seien Bund, Länder und Kommunen genauso wie Investoren und Verbände gefragt.