- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz
Düsseldorf (Reuters) - Innogy-Chef Uwe Tigges hat vom Energiekonzern E.ON (DE:EONGn) einen fairen Übernahmeprozess gefordert und vor einem Aderlass in seiner Belegschaft gewarnt.
"Eine mögliche Zusammenführung von Innogy und E.ON wird nur dann erfolgreich sein, wenn alle fair miteinander umgehen und auf Augenhöhe miteinander sprechen", sagte Tigges am Montag bei der Vorlage der Zahlen zum ersten Quartal. Es herrsche Unsicherheit im Unternehmen. "Wir stellen fest, dass Mitarbeiter nicht zu uns kommen, die im Bewerbungsprozess sind, und das auch welche von uns gehen." Insbesondere für Talente und Führungskräfte müsse es eine Perspektive geben. "Wenn das nicht gegeben ist, sehe ich da wirklich Schwierigkeiten in den nächsten Monaten."
Der vor rund zwei Jahren gestartete und zeitweilig wertvollste Versorger Deutschlands ist zum Spielball der Mutter RWE (DE:RWEG) und von E.ON geworden. Die ewigen Rivalen haben vereinbart, Innogy bis Ende des kommenden Jahres zu zerschlagen. E.ON übernimmt von RWE 77 Prozent der Innogy-Anteile mitsamt des Vertriebs- und Netzgeschäfts. RWE bekommt das Ökostromgeschäft der Tochter und das von E.ON. E.ON-Chef Johannes Teyssen hat angekündigt, bis zu 5000 der dann über 70.000 Stellen zu streichen.
Auf Seiten Innogys gibt es die Befürchtung, dass mehr Jobs wegfallen könnten und insbesondere Nordrhein-Westfalen betroffen wäre, wo E.ON, Innogy und RWE ihren Sitz haben. Gestrichen werden dürften vor allem Doppelfunktionen in der Verwaltung wie Rechnungs- und Personalwesen oder im Vertrieb.
INNOGY-CHEF: VIELE FRAGEN SIND NOCH UNGEKLÄRT
Tigges bezeichnete die am Freitag mit den Gewerkschaften erzielte Einigung, wonach betriebsbedingte Kündigungen praktisch ausgeschlossen sind, als Schritt in die richtige Richtung. "Es bleiben aber noch viele Fragen offen", betonte der frühere RWE-Konzernbetriebsratschef. Die Integration der Beschäftigten müsse fair sein, unabhängig davon, ob der Mitarbeiter von E.ON oder Innogy stammt. Alle Vereinbarungen sollten von einem unabhängigen Dritten überwacht werden. Auch müsse die Marke Innogy erhalten werden. "Diese Marke ist gut im Markt angekommen." Sie habe Studien zufolge einen sehr hohen Wert und sei auch als Arbeitgebermarke angesehen. Die Werbeexperten von Brand Finance hatten den Wert der Marke Innogy auf umgerechnet 3,3 Milliarden Euro beziffert. Damit sei die Marke unter den Versorgern die viertwertvollste in Europa hinter EdF aus Frankreich, der italienischen Enel (MI:ENEI) und dem französischen Konzern Engie. E.ON wollte die Äußerungen von Tigges nicht kommentieren.
Tigges wurde am Montag bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten erstmals wieder von Finanzchef Bernhard Günther begleitet, der Anfang März bei einem bis heute nicht aufgeklärten Säureanschlag in Haan bei Düsseldorf schwer verletzt wurde. Günther stellte die Zahlen zum ersten Quartal vor. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) schrumpfte um zwei Prozent auf 1,23 Milliarden Euro. Während Innogy im Geschäft mit Ökostrom und den Netzen zulegte, ging es im Vertriebsgeschäft bergab. Dies habe vor allem an höheren Beschaffungskosten gelegen, berichtete der Versorger. Innogy rannten unter dem Strich allerdings auch rund eine Viertelmillion Kunden davon.
Die seit langer Zeit schwächelnde britische Tochter Npower verdiente zwar mehr, dafür musste Innogy in Deutschland Federn lassen. Im Vertriebsgeschäft hierzulande schrumpfte der operative Gewinn gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 211 Millionen Euro von 268 Millionen. Rund 80.000 Strom- und Gaskunden kehrten Innogy den Rücken. In Großbritannien verlor Npower sogar 115.000 Kunden. Dennoch konnte die Tochter ihren operativen Gewinn um 26,5 Prozent auf 43 Millionen Euro steigern. Dies sei unter anderem auf die eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen zurückzuführen und neue Kunden mit einem höheren Verbrauch.