Genf/Shamlapur/Berlin (Reuters) - Die Vereinten Nationen und die deutsche Bundesregierung haben das Vorgehen Myanmars gegen die muslimische Minderheit der Rohingya scharf verurteilt.
"Die Situation scheint aus einem Lehrbuch für 'ethnische Säuberungen' zu stammen", sagte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Ra'ad al-Hussein, am Montag in Genf. Er rief die Regierung Myanmars auf, die "brutale Militäroperation" zu beenden. Auch die Bundesregierung appellierte an die Führung in dem südostasiatischen Land, ihrer Verantwortung für alle Bevölkerungsgruppen gerecht zu werden. "Das erwarten wir gerade auch von der Friedensnobelpreisträgerin und Staatsrätin Aung San Suu Kyi", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Binnen zweier Wochen flohen mittlerweile mehr als 300.000 Rohingya aus Myanmar ins benachbarte Bangladesch.
Die Bundesregierung beobachte die Entwicklung in Myanmar mit sehr großer Sorge, sagte Seibert. Alle Seiten seien dazu aufgerufen, den Konflikt friedlich beizulegen. Der Druck auf De-Facto-Regierungschefin Suu Kyi steigt, sich stärker für ein Ende der Gewalt einzusetzen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin gibt es derzeit aber keine konkreten Pläne für Sanktionen gegen die Regierung Myanmars. Das Entwicklungsministerium erklärte, dass deutsche Hilfsprojekte wegen der Eskalation der Gewalt in der Region derzeit ruhen.
UN-Kommissar al-Hussein kritisierte, dass der Einsatz des myanmarischen Militärs in der Provinz Rakhine eindeutig unverhältnismäßig gegenüber den Angriffen von Aufständischen im vergangenen Monat sei. Es gebe zahlreiche Berichte und Satellitenbilder davon, dass Sicherheitskräfte und lokale Milizen Dörfer der Rohingya niederbrennen und Menschen auf der Flucht erschießen würden. Al-Hussein rief die Regierung Myanmars dazu auf, Behauptungen zu unterlassen, die Rohingya würden ihre eigenen Häuser anzünden, um international Aufmerksamkeit zu erregen.
Nach Bangladesch flüchteten neuen Schätzungen zufolge mittlerweile 313.000 Menschen vor den Unruhen. Beobachtern zufolge sitzen aber noch Tausende Flüchtlinge im Grenzgebiet fest. In dem rund 51 Millionen Einwohner zählenden, buddhistisch geprägten Myanmar gehören rund 4,3 Prozent zu den muslimischen Rohingya.
Die Rohingya-Rebellengruppe Arsa hatte am Sonntag einseitig eine einmonatige Waffenruhe ausgerufen, um Helfern zu ermöglichen, zu den im Nordwesten Myanmars Verbliebenen vorzudringen. Die Regierung Myanmars wies den Aufruf mit dem Argument zurück, dass sie nicht mit Terroristen verhandele. Auch frühere Vorwürfe "ethnischer Säuberungen" ließ die Regierung nicht gelten. Auslöser der jüngsten Unruhen waren koordinierte Rebellen-Angriffe am 25. August auf Dutzende Polizeiwachen sowie eine Armeekaserne.