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Veröffentlicht am 12.11.2012, 19:46
Aktualisiert 12.11.2012, 19:48
Börsen-Zeitung: Neuer Weckruf, Kommentar zum Wachstumseinbruch in

Japan, von Martin Fritz.

Frankfurt (ots) - Die Zeit der Illusionen ist vorbei. Zum

Jahresauftakt hatte sich Japan noch im Glanz einer Wachstumsrate von

1,3% zum Vorquartal gesonnt. Nun macht der Einbruch im dritten

Quartal um 0,9% deutlich, dass es sich nur um ein Strohfeuer

gehandelt hatte, das vom Wiederaufbauprogramm für die Tsunami-Gebiete

genährt worden war. Strukturell bleibt alles festgefahren. Trotz

Inflationsziel von 1% hält die Deflation die Wirtschaft im

Würgegriff. Über anderthalb Jahrzehnte Geldaufwertung bedeuten, dass

das nominale Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr nominal auf den

niedrigsten Wert seit mindestens 1993 sinken dürfte. Zwei Jahrzehnte

sind verloren. Nippon zahlt bis heute einen sehr hohen Preis für

seine 'Bubble Economy' der achtziger Jahre, wie die wohl größte

Immobilienblase der Neuzeit in Japan genannt wird.

Seit dem Ende dieser 'Blasenwirtschaft' kann sich das alternde

Land ohne staatliche Konjunkturspritzen nicht mehr auf den Beinen

halten. Dabei übersteigen die notwendigen Ausgaben schon lange die

fiskalischen Möglichkeiten. Das aktuelle Verschuldungstempo ist nicht

nachhaltig und führt unweigerlich in die Katastrophe. Das Wachstum

hängt überproportional vom Export ab. Die Ausfuhren machen nur ein

Sechstel der Wirtschaftsleistung aus. Aber sobald die Außennachfrage

schwächelt, investieren die Firmen weniger. Durch den Inselstreit mit

dem größten Geschäftspartner China stottert der wichtigste Motor für

den Außenhandel. Viele Unternehmen weichen bereits nach Südostasien

aus, doch es wird lange dauern, bis diese Geschäfte ähnlich bedeutend

und dynamisch sind wie die mit China.

Die erneute Rezession sollte daher ein Weckruf für Nippon sein.

Statt der bisherigen Trippelschritte müsste die Bank of Japan viel

mehr Kreativität zeigen, damit das von ihr geschaffene Geld in der

Wirtschaft ankommt. Der Kauf ausländischer Anleihen zum Beispiel

würde helfen, den Yen zu schwächen. Die Regierung müsste starre

Sektoren wie Energie und Gesundheit deregulieren, die Gründung von

Start-ups fördern, die vielen Zombiefirmen sterben lassen und

Einwanderung erlauben. Doch für solche Experimente sind weder

Gouverneur Shirakawa noch Premierminister Noda mutig genug.

Die gute Nachricht ist, dass die Zeit für beide Amtsträger fast

abgelaufen ist. Bei der baldigen Neuwahl könnte eine

Mitte-rechts-Koalition siegen, die zuallererst das Grundübel der

Deflation angehen will. Den dazu passenden Notenbankchef würde sie im

Frühjahr auf den Schild heben.

(Börsen-Zeitung, 13.11.2012)

Originaltext: Börsen-Zeitung

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