KIEW (dpa-AFX) - Nach wochenlanger Blockade der Krim durch antirussische ukrainische Aktivisten hat die Regierung in Kiew den Warenverkehr zu der von Russland annektierten Halbinsel offiziell vorläufig unterbrochen. Regierungschef Arseni Jazenjuk sprach sich zudem dafür aus, einen umstrittenen Stromliefervertrag mit der moskautreuen Führung der Krim zu kündigen. Auf der Halbinsel mussten rund 1,6 Millionen Menschen die zweite Nacht in Folge ohne Licht und Heizung auskommen.
Vermutlich Angehörige der Minderheit der Krimtataren sowie ukrainische Nationalisten hatten in der Nacht zu Sonntag Strommasten auf dem Festland gesprengt und die Krim damit vom Netz abgeschnitten. Die Aktivisten blockieren bereits seit mehr als zwei Monaten den Güterverkehr vom ukrainischen Kernland auf die Krim. Zuletzt wurden nur Privatautos durchgelassen. Der Zugverkehr war bereits im Dezember 2014, wenige Monate nach der russischen Annexion, eingestellt worden.
Die Bundesregierung forderte die Ukraine auf, die Sabotageakte auf die Stromversorgung aufzuklären. Der Konflikt dürfe nicht auf dem Rücken der Krim-Bewohner ausgetragen werden, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. Eine Aufhebung der während der Krimkrise verhängten Strafmaßnahmen gegen Russland stehe nicht zur Debatte.
Als Reaktion auf den "Blackout" auf der Krim kündigte Russland an, den Bau von Stromleitungen zur Halbinsel zu beschleunigen. Die Krim liegt im Schwarzen Meer - über die Meerenge von Kertsch - rund vier Kilometer vom russischen Festland entfernt. Eine Landverbindung besteht nur zur Ukraine. Eine erste Leitung könne Ende Dezember fertig sein, sagte der russische Vizeregierungschef Dmitri Kosak.
Wegen des Energiemangels hatte die Führung der Halbinsel den Montag zum arbeitsfreien Tag erklärt. In größeren Städten würden weiterhin Strom und Wasser nach Uhrzeiten rationiert, sagte ein Sprecher der Behörden in Simferopol. Bei Außentemperaturen auf der Halbinsel von etwa 17 Grad plus bestehe keine große Gefahr durch abgeschaltete Heizungen. In den Geschäften werde aber der Kerzenvorrat knapp.
Die völkerrechtlich zur Ukraine gehörende Halbinsel bezieht ihren Strom zu 70 Prozent vom ukrainischen Festland. Eigene Quellen reichen den Krim-Behörden zufolge für eine einmonatige Minimalversorgung.