* Konzern will Weltmarktführer für nachhaltige Mobilität werden
* Profitabilität soll rasch steigen
* Milliarden-Synergien binnen weniger Jahre angepeilt
* Tavares: Keine Werksschließungen als Folge der Fusion
Paris/London/Hamburg, 19. Jan (Reuters) - Stellantis (MI:STLA)-Chef Carlos Tavares will die Ertragskraft des aus Peugeot (PSA) PEUP.PA und Fiat Chrysler fusionierten Autobauers rasch steigern. Der 62-jährige Manager, der bisher PSA geleitet hat, sagte am Dienstag, er sei "sehr zuversichtlich", binnen vier Jahren 80 Prozent der angepeilten Synergien von fünf Milliarden Euro zu erreichen. "Das Ziel ist nicht, groß zu sein, sondern großartig in dem, was wir tun", sagte Tavares bei einer im Internet übertragenen Pressekonferenz anlässlich der Erstnotiz von Stellantis an der New Yorker Börse. Auf die Frage nach einem möglichen Personalabbau erklärte Tavares, durch den Zusammenschluss werde der Druck auf die Gewinnmargen abnehmen, da beide Konzerne zusammen noch besser in der Lage seien, profitabel zu arbeiten. Als Folge der Fusion werde Stellantis keine Werke schließen.
Der Großteil der Einsparungen solle durch gemeinsame Fahrzeugarchitekturen, eine Bündelung von Investitionen, eine effizientere Produktion und gemeinsamen Einkauf eingefahren werden. "Es gibt mehr zu tun, als Personal abzubauen." Tavares zeigte sich offen für eine Zusammenarbeit mit Apple AAPL.O oder einem anderen Tech-Riesen. Die Kooperation von Fiat Chrysler (MI:STLA) mit der Google-Schwester GOOGL.O Waymo bei der Entwicklung selbstfahrender Fahrzeuge belege dies. "Wir sind offen für Diskussionen." Stellantis solle zum Weltmarktführer für nachhaltige Mobilität werden, sagte Tavares.
PSA und Fiat Chrysler hatten ihren Zusammenschluss zum weltweit viertgrößten Autobauer mit mehr als 400.000 Mitarbeitern am Samstag vollzogen, bevor die Stellantis-Aktien am Montag an den Börsen von Paris und Mailand gehandelt wurden. In ihrem Bund wollen die Partner die enormen Investitionen aufteilen, die der Wechsel zur Elektromobilität, die Digitalisierung und die Entwicklung selbstfahrende Autos verschlingt. Dafür müssen sie die Kosten deutlich senken. Analysten erwarten, dass Konzernchef Tavares die riesigen Überkapazitäten abbauen wird, die auf der französischen Opel-Mutter und ihrem italienisch-amerikanischen Partner lasten. sagte, Stellantis könne auch in Italien, wo der Konzern große Überkapazitäten hat, ein "Schutzschild" gegen Einschnitte beim Personal sein. Er sei zuversichtlich, die Profitabilität von Fiat-Modellen zu steigern. Die Effizienz der Werke müsse gesteigert werden. Fiat habe mit Blick auf die CO2-Vorgaben nicht die gleichen Probleme, wie sie Opel gehabt habe. Bei Opel waren einige Automodelle aus dem Programm genommen worden.
Tavares, der als harter Sanierer gilt, hatte zunächst Peugeot und später Opel und deren britische Schwester Vauxhall auf Kurs gebracht. Der Rüsselsheimer Autobauer, der unter General Motors (NYSE:GM) GM.N zwei Jahrzehnte lang in den roten Zahlen steckte, schrieb nach einem radikalen Sanierungskurs im ersten vollen Jahr nach der Übernahme durch PSA Gewinne.
AUFTAKT FÜR WEITERE FUSIONEN?
Experten rechnen damit, dass die Stellantis-Fusion der Auftakt für weitere Allianzen sein wird. "Dieser Zusammenschluss ist kein singuläres Ereignis, sondern Teil einer langfristigen Tendenz zunehmender Fusionen und Übernahmen in der Autoindustrie", sagte Achim Wambach, Präsident des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Vor allem in China schreite die Konsolidierung voran. 2019 hätten chinesische Übernahmen fast 40 Prozent aller Zusammenschlüsse in der Branche ausgemacht. Während Chinas Wettbewerbsfähigkeit bei der Produktion von Verbrennungsmotoren vergleichsweise gering war, sei das Land auf dem Weg, sich als ein führender Akteur bei der Produktion von Elektrofahrzeugen und Komponenten zu etablieren.
Als Kandidaten für ein engeres Zusammenrücken sieht der Autoanalyst Frank Schwope von der NordLB Volkswagen (DE:VOWG) VOWG_p.DE und Ford (NYSE:F) F.N , die japanischen Autobauer Toyota (T:7203) 7203.T , Suzuki 7269.T , Subaru und Mazda 7261.T sowie General Motors GM.N und Honda (NYSE:HMC) 7267.T , die auf bestimmten Felder schon zusammenarbeiten. "Auch chinesische Automobil-Konzerne dürften an Übernahmen stark interessiert sein", sagt Schwope. Der chinesische Geely (HK:0175) GEELY.UL -Konzern etwa hält knapp zehn Prozent an Daimler DAIGn.DE und schmiedet in China derzeit reihenweise Allianzen mit Tech-Riesen. Als Alternative käme für Daimler auch der französische Autobauer Renault RENA.PA in Frage, an dem die Stuttgarter mit drei Prozent beteiligt sind. Möglicherweise würden Regierungen aber Maßnahmen zum Schutz vor feindlichen Übernahmen ergreifen, schränkt der Analyst ein.