FRANKFURT (dpa-AFX) - Vor wichtigen politischen Weichenstellungen in Großbritannien haben sich die Anleger am deutschen Aktienmarkt zurückgehalten. Der Leitindex Dax (DAX) notierte nach dem verhaltenen Wochenauftakt nun am Dienstag 0,57 Prozent tiefer bei 11 886,03 Punkten. Zwischenzeitlich war das Börsenbarometer um knapp 0,7 Prozent und damit fast auf das Niveau von etwa 11 865 Punkten zurückgefallen, das sich im August oft als hartnäckiger Widerstand erwiesen hatte.
Der MDax (MDAX) der mittelgroßen Unternehmen verlor am Dienstag 0,60 Prozent 25 555,98 Punkte. Für den EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) als Leitindex der Eurozone ging es um gut 0,5 Prozent nach unten.
Die Anleger blicken aktuell gespannt nach London, wo es zu einem Kräftemessen um einen No-Deal-Brexit zwischen der Regierung und dem Parlament kommt. Die Opposition und eine Gruppe von etwa 20 Rebellen aus der konservativen Regierungsfraktion wollen Premierminister Boris Johnson per Gesetz zum Einlenken bei seinem harten Brexit-Kurs zwingen. Johnson will "unter keinen Umständen" eine weitere Verlängerung der EU-Austrittsfrist über den 31. Oktober hinaus, seine Gegner einen Aufschub um drei Monate.
Zudem hieß es in Regierungskreisen, Johnson werde versuchen eine Neuwahl herbeizuführen, wenn sich die Rebellen im Parlament durchsetzen sollten. Als Datum dafür kursierte der 14. Oktober.
"Das Risiko eines ungeregelten Brexit steigt damit weiter und der Druck auf das britische Pfund dürfte in den kommenden Wochen noch zunehmen", schrieb Marktanalyst Milan Cutkovic vom Handelshaus AxiTrader. Aber auch die europäischen Aktienmärkte könnten darunter leiden, da ein solcher Ausstieg Großbritanniens auch für die EU-Länder negative Konsequenzen hätte.
Angesichts dessen notierten im Dax fast alle Aktien im Minus. Am stärksten unter Druck gerieten die Papiere von Thyssenkrupp (4:TKAG), die um gut 3 Prozent absackten. Die Restrukturierung des Industriekonzerns gehe nur langsam vonstatten, schrieb Analyst Carsten Riek von der Schweizer Bank Credit Suisse (SIX:CSGN). Für die Bilanz sieht Riek Risiken.
Im Nebenwerte-Index SDax (SDAX) nahmen die Anteilsscheine von Varta (4:VAR1) ihre Rekordjagd wieder auf und zogen zuletzt an der Index-Spitze um mehr als 5 Prozent an. Der Batteriehersteller will wegen einer deutlich steigenden Nachfrage nach Lithium-Ionen Batterien die Produktionskapazität erneut erhöhen. Commerzbank-Analyst Stephan Klepp traut den Aktien eine Fortsetzung ihres Lauf zu. Er hob das Kursziel nun von 80 auf 110 Euro an und bestätigte seine Kaufempfehlung. "Vergessen sie den Ausblick, er ist ohnehin zu tief gestapelt", schrieb der Experte. Der Boom bei Lithium-Ionen-Batterien gehe bei Varta erst los.
Außerhalb der großen Indizes sprangen die Anteilsscheine von Home24 (4:H24) um gut 10 Prozent auf 3,322 Euro an. In ihrem Bodenbildungsversuch schafften es die Aktien des Onlinehändlers von Möbeln und Wohnaccessoires über ihre 50-Tage-Linie, die als Indikator für den mittelfristigen Trend gilt. Die Anleger freuten sich vor allem auf die Ankündigung, dass zum Jahresende auf bereinigter Basis operativ die Gewinnschwelle erreicht werden soll. Das kommende Jahr soll dann durchgehend profitabel bleiben.