Von Geoffrey Smith
Investing.com -- Der StockBeat vom Dienstag endete mit dem Hinweis, dass die britischen Banken derzeit die sicherste - wenn auch weniger aufregende - Wiedereröffnungs-Wette in Europa sind. Die am Mittwoch veröffentlichten Ergebnisse der Lloyds Banking Group (LON:LLOY) bekräftigen diesen Eindruck.
Die drittgrößte Bankengruppe Großbritanniens meldete für das letzte Quartal 2020 einen Gewinn, der deutlich über den Erwartungen lag. Der Gewinn vor Steuern betrug 792 Mio. Pfund (1,12 Mrd. Dollar), während sich die Konsensprognosen auf lediglich 471 Mio. Pfund beliefen. Die Dividendenzahlung mit 0,57 Pence pro Aktie wurde ebenfalls wieder aufgenommen, was das Maximum dessen ist was die britische Aufsichtsbehörde derzeit erlaubt.
Angesichts der Tatsache, dass die Core-Tier-1 Kapitalquote der Bank - ein wichtiges Maß für die Finanzkraft - auch nach der Ausschüttung bei großzügigen 16,2 % liegt, ist es nicht schwer, sich vorzustellen, dass die Dividenden schnell wieder steigen. Aber dazu müssen die verbleibenden Pandemie-Sorgen abnehmen: Das Management von Lloyds strebt nur eine Quote von 13,5% an, was immerhin 2,5% über dem liegt, was die Regulierungsbehörden fordern. Somit ist überschüssiges Kapital vorhanden, welches nur darauf wartet, an die Aktionäre ausgezahlt zu werden, die im letzten Jahr eine harte Zeit durchgemacht haben.
Die Auflagen der Regulierungsbehörden sind ein Grund dafür, dass die Aktie von Lloyds (NYSE:LYG) so weit unter dem Niveau von vor der Pandemie liegt. Am Vormittag legte die Aktie 1,7% auf ein neues 52-Wochen-Hoch zu. Nun ist es entscheidend, wann und wie weit die Dividenden angehoben werden.
Die Aussichten präsentieren sich aktuell von Tag zu Tag rosiger: Die von Premierminister Boris Johnson am Montag angekündigte schrittweise Beendigung der Lockdowns und der Social-Distancing Maßnahmen bis Juli wird die Gefahr, dass das Kreditgeschäft von Lloyds aus dem Ruder läuft, beseitigen oder zumindest stark reduzieren. Die wirtschaftliche Erholung sorgt indes dafür, dass die Bank of England ihre Überlegungen, die Zinssätze unter Null zu senken, langsam aber sicher aufgibt. Zumal dies ohnehin die gleichen negativen Auswirkungen auf die Kreditmargen hätte wie in der Eurozone.
Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, berichtete die Times am Mittwoch, dass die britische Regierung in ihrem Jahreshaushalt die Steuerbefreiung für Hauskäufe erweitern wird. Das soll dazu beitragen, dass der britische Immobilienmarkt in Schwung bleibt und der größte britische Hypothekenfinanzierer noch mindestens ein weiteres Quartal lang neue Kredite vergeben kann, wenn nicht sogar noch länger: Lloyds sagte am Mittwoch, dass sein Hypothekenkreditgeschäft mit einer "starken Performance" in das Jahr 2021 gestartet ist, nachdem sich das Wachstum in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres beschleunigt hat.
Natürlich wird der Tag kommen, an dem die Regierung dieses Geschenk auf Zeit wieder zurücknimmt. Doch bis dahin sollte das margenstärkere Geschäft mit Verbraucher- und Autokrediten wieder in Schwung kommen. Eine der interessantesten Folien aus der Q4-Präsentation von Lloyds ist der starke Schuldenabbau der privaten Haushalte im vergangenen Jahr. Die Spareinlagen wuchsen um über 10% und die Kreditkartenguthaben sanken um 19%. Das deutet auf reichlich Wachstumsspielraum hin, wenn die Menschen ihr Geld wieder so ausgeben können wie zuvor.
Die Geschichte von Lloyds ist die gleiche wie die vieler Privatkundenbanken in Europa. Aber aufgrund der relativ soliden Unternehmensführung in der Vergangenheit, wurde Lloyds im Allgemeinen mit einem beträchtlichen Aufschlag gegenüber diesen Banken gehandelt. Die Daten von Investing.com deuten jedoch darauf hin, dass Lloyds derzeit mit einem beträchtlichen Abschlag gehandelt wird - mit dem 0,57-fachen des Buchwerts im Vergleich zum 0,75-fachen der Konkurrenz. Sofern es bei der Wiedereröffnung nicht zu einer Katastrophe kommt - was angesichts des unbeholfenen Pandemie-Managements der Regierung im letzten Jahr nicht auszuschließen ist - sollte diese Anomalie nur von kurzer Dauer sein und nicht ungenutzt vorübergehen.