von Geoffrey Smith
Investing.com - In der Finanzwelt werden die größten Gewinne traditionell von denjenigen erzielt, die am schnellsten handeln. Die Ausgliederung der Universal Music Group durch Vivendi - deren Künstlerstamm von Ariana Grande und Billie Eilish bis hin zu Andrea Bocelli reicht - könnte die Ausnahme sein, die die Regel bestätigt.
Das französische Konglomerat hat den Verkaufsprozess über drei Jahre lang in die Länge gezogen. In dieser Zeit hat die weltweite Einführung von Streaming-Diensten als Medium der Wahl für Musikkonsumenten das Geschäft und die Aussichten von UMG grundlegend verändert.
Jetzt wird es für seine Verzögerungstaktik reichlich entlohnt.
Obwohl das Vorhaben schon seit einer gefühlten Ewigkeit in Planung ist, konnte die am Wochenende herausgegebene Nachricht die Aktie von Vivendi (PA:VIV) am Montag in Paris deutlich nach oben treiben. Nachdem die Aktie wochenlang mit dem Widerstand um das Hoch vor der Pandemie zu kämpfen hatte, kletterte sie bis Mittag in Europa um über 16% auf ein neues Rekordhoch.
Vivendi will bis zum Jahresende 60% der UMG-Aktien in Form einer Sonderdividende an seine Aktionäre auszuschütten. Ziel ist es, den Aktionären so viel Wert wie möglich zu verschaffen und gleichzeitig die eigene Kapitalertragsteuer auf ein Minimum senken.
Das Unternehmen strebt eine Bewertung von mindestens 30 Milliarden Euro (36 Milliarden Dollar) an, was in etwa dem Preis entspricht, den Vivendi für die beiden 10-prozentigen Beteiligungen an seiner Tochter Universal Music Group an ein Konsortium um die chinesische Tencent Holdings (F:NNND) erhalten hat. Inzwischen kommt Tencent auf eine Beteiligung von 20%.
Interessanterweise bezog sich das Unternehmen in der Erklärung vom Sonnabend auf "Interessen anderer Investoren zu potenziell höheren Preisen". Dies scheint nicht unmöglich zu sein, da der Rivale Warner Music mit etwas mehr als der Hälfte des Umsatzes von UMG auf einen Wert von 15,9 Milliarden US-Dollar kommt.
Der Erlös aus dem Verkauf an Tencent sowie der höhere Wert seiner verbleibenden Beteiligung an UMG werden es Vivendi ermöglichen, Aktienrückkäufe zu tätigen, die es seit langem versprochen hat. Es geht auch wieder um Akquisitionen, obwohl in der Pressemitteilung vom Sonnabend keine Details angegeben wurden.
Was nach der Abspaltung von Vivendi übrig bleibt, dürfte für nicht-französische Investoren von geringem Interesse sein: Die UMG zugeschriebene 30-Milliarden-Euro-Bewertung entsprach zum Handelsschluss am Freitag fast 90% des Wertes des Konglomerats, obwohl sie nur 45% des Umsatzes ausmacht. Trotz Anzeichen von Fortschritten bei der TV-Tochter Canal+ haben weder sie noch das Kommunikationsunternehmen Havas eine ähnliche Ertragskraft.
Das neu börsennotierte Unternehmen soll an die Amsterdamer Börse kommen, die laut einem Artikel der Financial Times in der vergangenen Woche am meisten davon profitiert hat, dass europäische Investoren ihr Geld seit dem Ende der Brexit-Übergangszeit aus London abgezogen haben.