Moskau/Berlin (Reuters) - Russland wirft den USA im Streit mit dem Iran Kriegstreiberei vor.
"Was wir erleben, sind nicht endende und anhaltende US-Versuche, den politischen, psychologischen, wirtschaftlichen und, ja, militärischen Druck auf den Iran in einer ziemlich provokanten Weise anzukurbeln", zitierten russische Nachrichtenagenturen Vize-Außenminister Sergej Rijabkow am Dienstag. "Das Vorgehen kann nicht anders bewertet werden, als ein bewusster Kurs zum Provozieren eines Kriegs." Irans Präsident Hassan Ruhani versicherte: "Der Iran wird gegen kein Land Krieg führen." Bundeskanzlerin Angela Merkel rief den Iran dazu auf, sich an das Atomabkommen zu halten. "Wenn das nicht der Fall ist, hat das natürlich auch Folgen", sagte sie in Berlin ohne ins Detail zu gehen.
US-Verteidigungsminister Patrick Shanahan hatte am Montag die Entsendung zusätzlicher 1000 Soldaten in die Region angekündigt. Grund sei das feindliche Verhalten der iranischen Streitkräfte und ihrer Verbündeten. Die Angriffe auf zwei Tanker im Golf von Oman in der vergangenen Woche würden dies belegen. Der Iran weist Vorwürfe zurück, er sei für die Angriffe verantwortlich. Bereits im Mai hatten die USA 1500 zusätzlich Soldaten in den Nahen Osten verlegen lassen. Damals waren ebenfalls Öltanker angegriffen worden und auch dafür machen die USA den Iran verantwortlich. Zudem schickten die USA Anfang Mai einen Flugzeugträger und eine Bomberstaffel in die Region.
Die US-iranischen Beziehungen haben sich aber bereits seit einem Jahr rapide verschlechtert. Grund ist die einseitige Aufkündigung des 2015 mühsam ausgehandelten Atomabkommens durch US-Präsident Donald Trump und die anschließende Wiedereinführung und Verschärfung von US-Sanktionen. Die europäischen Vertragspartner, darunter Deutschland, bemühen sich darum, die Atom-Vereinbarung zu erhalten. Doch inzwischen steht sie endgültig auf der Kippe, weil auch der Iran damit droht, sich nicht mehr an sie zu halten.
DIE BÜCHSE DER PANDORA
Merkel rief zu einer friedlichen Lösung des Konfliktes auf. Von den USA vorgelegte Filme und Fotos, die beweisen sollen, dass der Iran hinter den Anschlägen auf Tanker steckt, nehme die Bundesregierung "natürlich sehr ernst, es gibt auch hohe Evidenzen". Es handle sich um einer "sehr ernste Situation". Deutschland werden allen Seiten, aber vor allem Iran deutlich machen, "dass die Situation nicht verschärft werden darf".
Chinas Außenminister Wang Yi mahnte alle Beteiligten zur Zurückhaltung und im Nahen Osten die "Büchse der Pandora (CSE:PNDORA) nicht zu öffnen". Er warb eindringlich für das Atomabkommen. Nur mit der Vereinbarung lasse sich die Atom-Problematik lösen. "Wir hoffen, dass der Iran seine Entscheidungen vorsichtig trifft und aus diesem Abkommen nicht leichtfertig aussteigt." China hoffe aber auch, dass die anderen Beteiligten die rechtmäßigen Interessen und Rechte des Iran respektieren. "Vor allem die US-Seite sollte ihre extremen Druckmethoden ändern." Einseitiges Verhalten sei nicht vom Völkerrecht gedeckt. Das Problem würde so nicht gelöst. "Es wird nur eine noch größere Krise geschaffen."
China zählt wie Russland zu den Unterzeichnern des Atomabkommens. Beide Staaten arbeiten auf vielen Ebenen eng mit dem Iran zusammen, Russland etwa im Syrien-Krieg, China im Energiebereich. Der russische Energieminister Alexander Nowak kündigte während eines Iran-Besuchs am Dienstag an, dass Moskau und Teheran gemeinsame Kohlenwasserstoff-Projekte im Kaspischen Meer entwickeln würden.