Berlin, 16. Okt (Reuters) - Die deutsche Wirtschaft dringt auf die schnelle Aufnahme von EU-Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien. Der Geschäftsführer des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft, Michael Harms, warnte im Reuters-Interview am Mittwoch vor gravierenden Folgen, sollte die Entscheidung erneut verschoben werden. "Je länger dies hinausgezögert wird, desto enttäuschter werden die Bevölkerungen von der EU sein", sagte Harms. "Natürlich fürchten wir auch ein Anwachsen populistischer und anderer Bewegungen in diesen Ländern." Sollte die EU ihre Zusagen einer Beitrittsperspektive nicht einhalten, werde es den Regierungen auf dem Westbalkan immer schwerer fallen, die Bevölkerungen auf ihrem klar proeuropäischen Kurs zu halten.
Frankreich verhindert derzeit einen Beschluss der EU zur Aufnahme der Gespräche. Die Entscheidung war eigentlich auf dem am Donnerstag beginnenden EU-Gipfel in Brüssel geplant. Kanzlerin Angela Merkel, die wie die EU-Kommission für Beitrittsgespräche mit beiden Ländern ist, will darüber noch am Mittwoch beim deutsch-französischen Ministerrat in Toulouse mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprechen.
Harms betonte, dass es nur um die Aufnahme von Gesprächen gehe und eine Aufnahme in die EU erst kommen könne, wenn beide Länder alle Kriterien erfüllt hätten. "Wirtschaftlich sind diese Länder für uns sehr interessant", sagte er. So hätten deutsche Firmen in Nordmazedonien viel investiert. Das Land haben sich politisch und wirtschaftlich entwickelt. "Das sollte politisch honoriert werden", forderte der OA-Geschäftsführer. Die EU führt bereits Beitrittsgespräche mit zwei der sechs Westbalkan-Staaten - Serbien und Montenegro. Mit Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo sind noch keine Verhandlungen geplant.