Von der Hype-Stimmung, die den Tech-Markt bis vor kurzem noch beflügelt hat, war bei der Aktie der Spezialisten für Cybersecurity, Cloud-Computing und Content Delivery Services schon seit einigen Monaten keine Spur mehr zu sehen. Verfehlte Erwartungen bei den Zahlen für Q4/23 und erwartete Umsatzeinbußen im laufenden Jahr mit Bekanntgabe der Zahlen für Q1/24 hatten in beiden Fällen für deutliche Kursrückgänge gesorgt. Mit den gestern gemeldeten Zahlen für das jüngste Quartal könnte nun die Trendwende eingeleitet werden.
Die Börse reagiert momentan teils mit heftigen Kursabschlägen auf kleinste Anzeichen von Ertragsschwäche, dementsprechend ist es schwer vorhersagbar, wie die Marktteilnehmer nachher, bei Eröffnung des US-Marktes, auf die jüngsten Zahlen von Akamai (NASDAQ:AKAM) (ISIN: US00971T1016) reagieren werden. Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass die Reaktion positiv ausfallen dürfte. Nach Veröffentlichung der Zahlen für Q2/24 gestern nach Handelsschluss in den USA, konnte die Aktie zeitweise um 7,4 % gegenüber dem regulären Schlusskurs an der Nasdaq zulegen. Mögliche Gründe dafür gibt es einige, auch wenn das Zahlenwerk aus unserer Sicht durchwachsen ausgefallen war.
Die Gesamtumsätze für das Quartal konnten gegenüber dem Vorjahr um 5 % auf 980 Mio. USD zulegen und übertrafen damit die Erwartungen von 977 Mio. USD. Dabei stiegen die Cybersecurity-Umsätze um 15 % gegenüber dem Vorjahresquartal auf 499 Mio. USD, die Content-Delivery-Umsätze fielen um -13 % auf 329 Mio. USD, dagegen legte das Segment Cloud-Computing um satte 23 % zu auf einen Umsatz von 151 Mio. USD. Auf Basis konstanter Wechselkurse lagen die Wachstumsraten leicht über den genannten Werten.
Das unbereinigte Ergebnis je Aktie von 0,86 USD verfehlte hingegen die Erwartungen von 0,94 USD je Aktie. Gegenüber dem Vorjahresquartal stellt dies aber immer noch ein Plus von 2 % dar. Auf bereinigter Basis (non-GAAP) fiel das Plus mit 6 % und einem Ergebnis je Aktie von 1,58 USD hingegen deutlicher aus. Die bereinigte operative Marge blieb stabil bei 29 %.
Jahresausblick angepasst
Mit Bekanntgabe der Zahlen hat Akamai auch die Ertragsprognosen für das laufende Geschäftsjahr 2024 angepasst. Die Spanne der erwarteten Umsätze lag zuvor zwischen 3,95 und 4,02 Mrd. USD und liegt nun zwischen 3,97 und 4,01 Mrd. USD, was einer Wachstumsrate zwischen 4,15 bis 5,2 % entsprechen würde. Dies entspricht auch in etwa dem Umsatzwachstum der letzten beiden Jahre, das im Durchschnitt bei 5 % lag. Zum Vergleich: In den Jahren 2019 bis 2021 lag das durchschnittliche Umsatzwachstum noch bei knapp 8,5 %. Durch Aktienrückkäufe konnte der Rückgang bislang jedoch weitestgehend kompensiert werden, so dass die Wachstumsraten für die Umsätze je Aktie in den vergangenen 5 Jahren relativ stabil geblieben sind.
Eine deutlichere Veränderung der Prognose gab es beim bereinigten Nettoergebnis, das von ursprünglich 6,20 bis 6,40 USD je Aktie auf 6,34 bis 6,47 USD angehoben wurde, was einem Ergebniszuwachs von 2,3 bis 4,3 % entspräche. Die Wachstumsaussichten in den Märkten von Akamai sind nach wie vor gut und der Konzern ist kontinuierlich dabei, sein Portfolio durch Akquisitionen zu erweitern.
Schätzungen zufolge soll der Markt für Cybersecurity bis 2029 auf ein Volumen von 255 Mrd. USD anwachsen, was einer jährlichen Wachstumsrate von ca. 8 % entsprechen würde. Bei den Content Delivery Services wird bis 2029 mit weltweiten Umsätzen von 42,5 Mrd. USD gerechnet, ein jährliches Wachstum von ca. 16 %. Die stärksten Wachstumschancen dürften sich im Markt für Cloud Computing ergeben, hier wird bis 2029 mit einem jährlichen Zuwachs von knapp 19 % gerechnet auf ein weltweites Gesamtvolumen von 1,7 Billionen USD. Der Großteil der genannten Umsätze wird in den USA erwartet.
Erst im Mai dieses Jahres hatte der Konzern ein weiteres Rückkaufprogramm angekündigt, in dessen Rahmen bis Mitte 2027 eigene Aktien im Gesamtumfang von 2 Mrd. USD erworben werden sollen. Derzeit empfehlen 10 der 17 von TipRanks befragten Analysten die Akamai-Aktie zum Kauf, die übrigen raten die Aktie zu halten, mit Kurszielen zwischen 92 und 135 USD.
Bewertung auf Basis des Gewinns
Die auf Basis des von uns ermittelten bereinigten Nettoergebnisses berechnete Gewinnmarge von Akamai lag über die letzten zwei Jahre im Durschnitt bei knapp 16 %. Analysten rechnen für 2024 mit einem Umsatz von 3,99 Mrd. USD, woraus sich bei der genannten Marge ein bereinigtes Nettoergebnis von 631 Mio. USD oder 4,17 USD je Aktie ergeben würde. Der jährliche Tiefstkurs notierte seit 2018 durchschnittlich beim 20,4-Fachen des bereinigten Nettoergebnisses, wobei erwähnt sein sollte, dass das KGV 2023 im Tief bei gerade noch 17,3 lag, dem niedrigsten Wert seit 2018. Der jährliche Höchstkurs lag über die letzten 6 Jahre relativ konstant beim durchschnittlich 31,4-Fachen des bereinigten Nettoergebnisses.
Auf Basis des geschätzten Gewinns von 4,17 USD je Aktie und der genannten KGVs von 20,4 und 31,4 berechnen wir für 2024 eine voraussichtliche Handelsspanne mit einem Einstiegskurs von 85 USD und einem Kursziel von 131 USD.
Charttechnik
Nach einem fullminanten Start beim Börsengang 1999 mit Kursen über 340 USD fiel der Kurs drastisch zurück und notierte zwischen 2001 und 2003 zeitweise sogar im Penny-Stock Bereich. Ab 2003 folgte dann der Übergang in einen stetigen Aufwärtstrend, der bis heute intakt ist und zuletzt im Februar dieses Jahres ein 20-Jahreshoch bei 129 USD markiert hat. Dort setzte dann eine Korrekturbewegung ein, die Mitte Juni bei ca. 87,50 USD in eine Bodenbildung übergegangen ist. Die relative Stärke auf Basis von 14 Wochen hat mit dem letzten Tief im Kursverlauf bereits im überverkauften Bereich notiert und eine leichte Divergenz zum Kursverlauf erkennen lassen, was für eine Aufwärtstendenz spricht.
Zuletzt hatte die Notierung ein Zwischenhoch bei ca. 99 USD ausgebildet. Das Überwinden von dieser Marke wäre als Kaufsignal zu werten, wobei dann zunächst Luft bis zur 200-Tage-Linie bei aktuell 105,87 USD wäre. Ein Unterschreiten des letzten Zwischentiefs bei 87,50 USD würde voraussichtlich zu einem erneuten Test des langfristigen Aufwärtstrends bei aktuell ca. 75 USD führen, wo auch die nächste markante Unterstützungszone liegt.
Fazit
Die Reaktion der Anleger im nachbörslichen Handel spricht aus unserer Sicht dafür, dass der Markt das jüngste Zahlenwerk als positiven Impuls für die Entwicklung des Aktienkurses von Akamai interpretiert. Wir wollen jedoch nicht außer Acht lassen, dass sich das Umsatzwachstum von Akamai über die letzten Jahre abgeschwächt hat und auch die Umsatzerwartung für das aktuelle Jahr verspricht erneut nur moderates Wachstum. Die daraus resultierende Gewinnerwartung lässt Zweifel an der Fortsetzung des langfristigen Aufwärtstrends aufkommen. Die auf Basis der Gewinnerwartung berechnete Bewertung spricht für den Übergang in eine Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau, zumindest wenn sich die Ertragserwartungen in den kommenden Monaten nicht deutlich verbessern.
Das deutlich niedrigere KGV auf der Unterseite im Jahr 2023 mit einem Wert von 17 sollte dabei nicht übersehen werden. Es ist nicht auszuschließen, dass wir auch 2024 erneut einen Wert deutlich unter 20 beim KGV sehen könnten, was zwar nicht zwingend den langfristigen Aufwärtstrend gefährden muss, aber nochmal zu Abgaben bis in den Bereich von 75 USD (-18 %) führen könnte. Für den Rest des Jahres gehen wir tendenziell jedoch von steigenden Kursen aus, da wir die Aktie auf Basis unserer Gewinnschätzung als stark unterbewertet erachten und damit als Kauf einstufen. Bis zu unserem Kursziel bei 131 USD besteht eine Gewinnchance von 43 %. Wir warten für unseren Einstieg das Überwinden des letzten Zwischenhochs bei 99 USD ab.
Investmentidee(n) auf Akamai
Im beschriebenen Umfeld für Akamai eignet sich ein neutral bis defensiv ausgestaltetes Hebelpapier in Form eines Discount-Optionsscheins. Das Papier mit der ISIN DE000MG44L37 hat einen Cap (Höchstauszahlungsbetrag) bei 90 USD, der aktuell knapp 2 % unter dem aktuellen Kurs liegt. Notiert zur Fälligkeit im Dezember 2024 der Akamai-Kurs bei 90 USD oder höher, erzielen Anleger eine Maximalrendite von 41,4 % (112,7 % p.a.). Endet der Kurs beim Verfall darunter, verringert sich der Gewinn. Der Break-Even liegt bei 87,06 USD. Unter dem Basispreis bei 80 USD entsteht ein Totalverlust im Discount-Call.