Die Ergebnisse der bisher umfangreichsten Prüfung des europäischen Bankensektors liegen vor. Insgesamt 25 der 130 untersuchten Banken sind per Stichtag Ende 2013 durchgefallen. Zwölf der 25 Banken haben ihre Kapitallücken in Höhe von 25 Mrd. Euro allerdings im Laufe dieses Jahres bereits geschlossen, indem sie ihr Eigenkapital um 15 Mrd. Euro erhöhten. Damit gelten nun unterm Strich nur 13 Institute mit einer Kapitallücke von fast 10 Mrd. Euro als gefährdet.
Neue faule Kredite in Höhe von 136 Mrd. Euro aufgedeckt
Bedenklich stimmt aber noch ein wenig, dass zusätzliche 136 Mrd. Euro bei den notleidenden Engagements aller Banken identifiziert wurden und nun mit 879 Mrd. Euro deutlich mehr faule Kredite in den Büchern der europäischen Banken schlummern als bislang angenommen.
Italien ist der große Verlierer
In Deutschland war mit der Münchener Hypothekenbank lediglich eins von 25 untersuchten Geldinstituten betroffen. Doch gehört auch diese Bank zu den Geldhäusern, die bereits nachgebessert haben.
Der große Verlierer im Stresstest heißt Italien: Mit 9 von den insgesamt 25 durchgefallenen Banken stellt die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone die größte Gruppe an betroffenen Banken dar. Den 9 italienischen Banken fehlten Ende 2013 zusammen 9,4 Milliarden Euro Kapital, 4 von ihnen wiesen auch Ende September noch Lücken auf.
Durchgefallen sind unter anderem auch jeweils 3 Geldhäuser aus Griechenland und aus Zypern.
Die Konsequenzen für die Sitzenbleiber
Banken, bei denen eine Kapitallücke festgestellt wurde, müssen binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe der Ergebnisse Kapitalpläne vorlegen. Sie haben dann bis zu neun Monate Zeit, um die Kapitallücke zu schließen.
Die Details zur Bankenprüfung
Ungefähr ein Jahr lang dauerte die umfassende Bankenprüfung („Comprehensive Assessment“), welche die Europäische Zentralbank (EZB) in enger Zusammenarbeit mit der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (European Banking Authority - EBA) und den nationalen Aufsichtsbehörden der Eurozone durchgeführt hat. Dabei beliefen sich die Aktiva der 130 untersuchten Banken auf 22 Billionen Euro. Dies entspricht 82% der gesamten Bankaktiva im Euroraum. Mehr als 6 000 Experten aus dem gesamten Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) unterzogen über 800 einzelne Portfolios einer Prüfung, wobei sie unter anderem die Kreditqualität von 119 000 Schuldnern der Banken untersuchten.
Die Bewertung setzte sich aus der Prüfung der Aktiva-Qualität (Asset Quality Review – AQR) und einem vorausschauenden Stresstest für die Banken zusammen. Im Basisszenario des Stresstests und in der AQR mussten die Banken eine CET1-Quote (CET1 = Common Equity Tier 1 = das qualitativ beste und zur Verlustabsorption geeignete harte Kernkapital) von mindestens 8% erfüllen, im adversen Szenario galt eine CET1-Quote von mindestens 5,5%. Tatsächlich führte das adverse Szenario im Test zu einem Rückgang des Eigenkapitals der Banken um 263 Mrd. Euro und des Medians der CET1-Quote um 4 Prozentpunkte von 12,4% auf 8,3%.
Ergebnisse des Comprehensive Assessments in Deutschland
Gemessen an der Bilanzsumme deckte das „Comprehensive Assessment“ rund 65% des deutschen Bankensektors ab. Für Deutschland gab das Stressszenario bis 2016 (das heißt über einen Zeitraum von drei Jahren) einen kumulativen BIP-Rückgang von 7,6% vor. Die Banken mussten zudem steigende Zinsen sowie Preisrückgänge bei Staatsanleihen verkraften, ohne dass Anpassungen der Geschäftspolitik berücksichtigt werden durften. Dabei kam es zum folgenden Ergebnis (siehe Tabelle):
© Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
Die Bedeutung für die Märkte
Für die Zukunft der Märkte und der Geldpolitik könnte der Stresstest bedeuten, dass es nun vielleicht eine höhere Nachfrage bei der Zuteilung der zweiten Tranche der langfristigen Refinanzierungsgeschäfte (LTROs) im Dezember geben wird. Und eventuell werden die Banken jetzt endlich mit der von der EZB geforderten verstärkten Kreditvergabe beginnen, die das Wirtschaftswachstum der Eurozone ankurbeln soll.
Ob es so kommen wird, ist unklar. Ebenso sind die Meinungen zu diesem Stresstest geteilt. Bevor Sie nun irgendwelchen Marktschreiern folgen, machen Sie sich doch zunächst selbst ein ausführliches Bild. Die Internetseiten der Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) bieten zu dem Stresstest ausführliches Material inklusive vieler Grafiken. Auf den Seiten der Europäischen Zentralbank erhalten Sie unter anderem einen Ergebnisbericht in deutscher Sprache und auf der Internetpräsenz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) erhalten Sie unter anderem einen ausführlichen Report über die deutschen Banken im Comprehensive Assessment.
Unser Fazit
Nach Studie einiger der genannten Informationsquellen komme ich zu dem Fazit, dass der Test immerhin besser als kein Test ist. Zudem hat er tatsächlich dazu geführt, dass die Banken nun besser kapitalisiert sind und ein Bankencrash somit unwahrscheinlicher, wenn auch nicht unmöglich, geworden ist. Es geht in die richtige Richtung und es ist ein langer Prozess, der einfach viel Zeit benötigt, auch um derweil die Wirtschaft und die Banken nicht Übermaß zu belasten. Denn würde man die Zügel stärker anziehen, würde man Kapital also schneller stärker binden, dann würde dies die Banken und damit die Kreditvergabe belasten und sich letztlich stärker auf das Wirtschaftswachstum auswirken. Das scheinen die Kritiker oft zu vergessen.
(Quelle: Geldanlage-Brief, Ausgabe vom 29.10.2014)