Die Fed wird nicht lange stillhalten

Veröffentlicht am 31.01.2025, 09:48
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Die Fed-Sitzung entsprach genau den Erwartungen: unspektakulär. Aber unspektakulär ist in diesem Kontext völlig in Ordnung. Die US-Notenbank ließ den Leitzins unverändert in der Spanne von 4,25 % bis 4,50 %. Die einzigen nennenswerten Marktreaktionen rührten von ein paar Formulierungsänderungen in der FOMC-Erklärung her, die Fed-Chef Powell später als „kleine sprachliche Bereinigung“ abtat. In diesem Beitrag geht es um drei seiner Aussagen bei der Pressekonferenz, die viel über die aktuelle Geldpolitik der Fed, ihre Unabhängigkeit und die konjunkturelle Unsicherheit aussagen.

1. „Wir müssen uns nicht beeilen.“

Powell betonte mehrfach, die Fed sehe momentan keinen Grund zur Eile, wenn es darum geht, die Zinsen anzupassen. Diese Haltung hat durchaus ihre Logik: Im Dezember lag die Arbeitslosenquote bei 4,1 % und änderte sich in der zweiten Jahreshälfte kaum. Gleichzeitig verlief das Wirtschaftswachstum solide: Im Vergleich zum Vorjahresquartal stieg das reale BIP 2024 um 2,5 % – deutlich mehr als die von der Fed geschätzten 1,8 % für das langfristige Wachstum.

Übrig bleibt also nur die etwas erhöhte Inflation. Die Kernrate des PCE-Preisindex (Core PCE inflation) lag im Dezember Schätzungen zufolge bei 2,8 %. Das ist zwar schon ein ordentlicher Rückgang vom Höchstwert von 5,6 % im Jahr 2022, aber dennoch ein gutes Stück entfernt vom Zielwert 2 %. Die Fed stuft den aktuellen Leitzins als „restriktiv“ ein; wenn das tatsächlich stimmt, sollte die Inflation irgendwann automatisch weiter sinken.

Arbeitslosenquote und Kernrate der PCE-Inflation

Solange sich an der Arbeitslosenquote nichts Wesentliches ändert, wird die Fed ihre abwartende Haltung wohl noch einige Monate beibehalten – selbst wenn die Inflationsdaten weiterhin positiv überraschen. Sie betont, dass sie sich erst sicher sein will, dass die Inflation auf 2 % zusteuert, und dafür braucht es nun einmal mehrere Monate an verlässlichen Zahlen. Angesichts der üblichen Schwankungen könnte also eher im Juni oder Juli eine Entscheidung anstehen.

Möglicherweise erleben wir bald „schnelle Erfolge“ bei der Inflation. Im Januar 2024 lag die Kerninflation (Core PCE) bei 0,5 % und fällt somit aus der Berechnung des 12-Monats-Durchschnitts heraus. Wenn zudem saisonale Effekte und höhere Preise zu Jahresbeginn weniger ins Gewicht fallen, könnte das die Inflationsrate stärker drücken als erwartet. Aber selbst solche kurzfristigen Erfolge werden die abwartende Fed kaum aus der Ruhe bringen: Sie will sich Zeit nehmen, bevor sie die Zinsen wieder senkt.

Eine so gemächlich agierende Geldpolitik birgt natürlich Risiken, denn Zinsentscheidungen entfalten ihre Wirkung mit Verzögerung. Wartet die Fed zu lange, könnte sie das Wirtschaftswachstum stärker ausbremsen oder den Arbeitsmarkt unnötig belasten. Schon vor den drohenden Strafzöllen war die Inflationsunsicherheit groß genug, um der Fed das Vorausschauen zu erschweren. Statt umfassender „Framework-Checks“ wäre vielleicht eine Art „Inflations-Review“ angebrachter.

2. „Es steht uns nicht zu, diese oder jene Politik zu bewerten.“

Powell wollte am Sitzungstag keinerlei Diskussion über Präsident Trump oder dessen Maßnahmen führen. Um die Unabhängigkeit der Geldpolitik zu bewahren, vermeidet die Fed tunlichst öffentliche Kommentare zu anderen politischen Entscheidungen – von seltenen Ausnahmen abgesehen.

Diese Zurückhaltung hat allerdings ihren Preis. Momentan könnten Strafzölle für die Wirtschaft ein bedeutendes Risiko sein, zumal für Kanada und Mexiko eine 25-Prozent-Abgabe schon ab Samstag im Raum steht. Powell verwies bei der Pressekonferenz lediglich auf ältere Einschätzungen aus den sogenannten „Tealbooks“ der Jahre 2018 und 2019, anstatt das aktuelle Januar-2025-Tealbook zu zitieren. Der Grund ist klar: Die Fed möchte vermeiden, dass ihr Chef öffentlich erklärt, wie Zölle funktionieren und warum sie für die Konjunktur schädlich sein könnten. Für die Fed wäre es schlicht kontraproduktiv, ein solches Statement abzugeben.

Sollten neue Strafzölle tatsächlich Realität werden und sich in harten Konjunkturdaten niederschlagen, wird sich die Fed irgendwann äußern müssen – vor allem dann, wenn diese Auswirkungen auch ihre Zinspolitik beeinflussen. Doch momentan sieht sie keinen Anlass, das heikle Thema anzugehen.

3. „Das Ausmaß der Unsicherheit ist auf Normalniveau.“

Powell bemühte sich, die Debatte um Trumps Wirtschaftspolitik herunterzuspielen. Er argumentierte, dass das jetzige Maß an Unsicherheit nicht außergewöhnlich sei und erinnerte an Phasen wie den Beginn der Pandemie oder die Hochphase der globalen Finanzkrise 2008, wo man von echter Ausnahmesituation sprechen konnte.

Tatsächlich bestätigt zumindest ein gängiger Indikator für wirtschaftspolitische Unsicherheit (basierend auf Medienberichten) diese Sichtweise bis einschließlich Dezember. Die Unsicherheit stieg nach der Präsidentschaftswahl zwar an, blieb aber im Rahmen früherer Schwankungen. Selbst wenn der Index im Januar höher läge, wäre er wohl noch immer weit entfernt von Pandemie-Spitzenwerten.

Index für wirtschaftspolitische Unsicherheit

Natürlich ist „kein Pandemie-Niveau“ bei der Unsicherheit kein allzu hoher Maßstab. Die Fed will immer noch rund 0,8 Prozentpunkte an Inflation aus dem System „herausdrücken“. Schon eine halbe Prozentpunktabweichung durch mögliche neue Maßnahmen könnte darüber entscheiden, ob die Zinsen dieses Jahr noch gesenkt werden oder nicht. Powell hat recht, wenn er unsere aktuellen Herausforderungen in den Kontext einer insgesamt guten Wirtschaftslage stellt. Ganz harmlos sind sie trotzdem nicht.

Schlussfolgerung

Die Fed hat es geschafft, am Mittwoch langweilig zu bleiben – was angesichts der weltpolitischen Gemengelage kein leichtes Kunststück ist. Ihre abwartende Haltung mag zur aktuellen Situation passen; wie lange sie sich damit zufriedengeben kann, ist aber noch offen.

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