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Chile: Werden Kupfer- und Lithiumminen verstaatlicht?

Veröffentlicht am 04.02.2022, 10:25
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Ein Umweltausschuss in Chile hat einen Vorschlag angenommen, der auf die Verstaatlichung der Kuper- und Lithiumminen des Landes hinauslaufen könnte. Das Land spielt für die Versorgung mit beiden Rohstoffen eine Schlüsselrolle – Sorgen machen sich breit.

Ein Umweltausschuss hat am Dienstag mit einer Zweidrittelmehrheit einen Vorschlag abgesegnet, der einen Prozess zur Verstaatlichung der chilenischen Kupfer- und Lithiumminen in Gang setzen könnte. Abgestimmt wurde über den Vorschlag für die Ausarbeitung einer Verfassungsänderung, die im Rahmen einer verfassungsgebenden Versammlung stattfinden soll.

Der Hintergrund: In Chile wurde im späteren Jahresverlauf ein Verfassungsreferendum abgehalten. Darin wird eine Verfassung zur Abstimmung gestellt, die zuvor von der verfassungsgebenden Versammlung erarbeitet wurde.

Noch  ist die Verstaatlichung der Minen ein Stück weit entfernt. Dennoch gaben nach der Bekanntgabe der Entscheidung des Umweltausschusses die Aktien wichtiger Minenbetreiber wie Albemarle und Anglo American (LON:AAL), aber auch der chilenische Peso nach.

Größter Kupferproduzent der Welt – Nummer 2 bei Lithium

Chile ist der mit erheblichem Abstand größte Kupferproduzent der Welt. Die Minenproduktion im Jahr 2021 belief sich auf 5,6 Millionen t. Auf Platz zwei folgt Peru mit 2,2 Millionen t vor China und Kongo (Kinshasa) mit jeweils 1,8 Millionen t. 2012 wurden rund ein Drittel der weltweiten Kupferreserven in Chile vermutet.

Auch für die Lithium Produktion spielt das Land eine entscheidende Bedeutung. Mit 16.000 t (2018) lag die Produktionsmenge hier lediglich hinter der des größten globalen Produzenten Australien (51.000 t).

Sollten es die Forderungen des Ausschusses in den Verfassungsentwurf schaffen und dieser angenommen werden, könnte der chilenische Staat Minen beschlagnahmen und auch laufende Konzessionen beenden. Die Rohstoffe würden dann als strategische Ressourcen des Landes deklariert und ausschließlich durch den Staat verwaltet.

Industrielle Kupferproduktion gibt es in Chile seit 1915. Bis heute hat der Rohstoffabbau für das Land eine enorme Bedeutung. 2012 etwa wurden mehr als die Hälfte der Exporteinnahmen des Landes durch den Kupferexport erzielt. Umgekehrt fließt ein wesentlicher Teil der ausländischen Direktinvestitionen in den Bergbau.

Debatte nicht neu: 1964 begann „Chilenisierung des Kupfers“

Juan Carlos Guajardo vom Beratungsunternehmen Plusmining wird in verschiedenen Medien (darunter CNN Chile und Bloomberg) zitiert. Er sieht in dem verfassungsgebenden Prozess die größte Veränderung für den Bergbau in Chile in den letzten 40 Jahren. Seiner pessimistischen Ansicht zufolge gibt es viel Reformgeist, aber wenig Interesse an den technischen Argumenten der Mineralwirtschaft.

Die Debatte um die Verstaatlichung der chilenischen Rohstoffvorkommen ist keinesfalls neu. Bereits 1971 verabschiedete der chilenische Kongress mit dem Gesetz 17.450 eine Verstaatlichung der Kupferbestände. Schon 1964 hatte die sogenannte „Chilenisierung des Kupfers“ begonnen. Damit wurden nicht zuletzt US Bergbauunternehmen aus dem Land gedrängt. Dies führte zu erheblichen Verstimmungen mit der US-Regierung. In der Folge gelang dem General und späteren Diktator Augusto Pinochet 1973 die Machtübernahme durch einen Putsch.

Chile gilt als lateinamerikanisches Erfolgsmodell

Chile hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten zur erfolgreichsten Volkswirtschaft Lateinamerikas entwickelt. Die Wahl des linksgerichteten Gabriel Boric im Dezember weckt Befürchtungen vor einer Abkehr vom Erfolgskurs. Gewählt wurde der ehemalige Studentenführer politischen Beobachtern zufolge nicht zuletzt aufgrund der großen Ungleichheit im Land. Von der Verstaatlichung der Rohstoffvorkommen verspricht sich die Regierung möglicherweise Einnahmen für soziale Wohltaten.

Ob die Wette aufgeht, ist jedoch aus zwei Gründen unklar. Zum einen müsste die Regierung  im Fall einer Übernahme der Bergbaukonzerne des Landes mit hohen Entschädigungszahlungen rechnen. Das Volumen der im laufenden Jahrzehnt geplanten Rohstoffförderung wird auf rund 70 Mrd. USD geschätzt. Die Entschädigungen könnten also in der Summe einen dreistelligen Milliardenbetrag erreichen  – Geld, das nicht für andere Zwecke wie z.B. Sozialausgaben zur Verfügung steht.

Zum anderem zeigt ein Blick nach Venezuela, dass die Verstaatlichung der Rohstoffvorkommen keine politische Erfolgsrezeptur sein muss. Das sozialistisch regierte Land verfügt über die größten Erdölreserven der Welt – noch vor Saudi-Arabien – und ist dennoch von Armut, Flucht, Inflation und Gewalt geprägt.

Der Kupferpreis liegt derzeit knapp unter der psychologisch wichtigen Marke von 10.000 USD. Der Markt gilt als angespannt. An der London Metal Exchange (LME) zeigt die Terminpreiskurve eine Backwardation Situation.

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