Die Anzeichen einer baldigen Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank verdichten sich. Während EZB-Direktor Yves Mersch in der vergangenen Woche noch von unbeabsichtigten Folgen durch negative Zinsen sprach, hält sein Kollege Benoit Coeure nun dagegen. Die verbundenen Risiken niedriger Zinsen sind seiner Meinung nach beherrschbar. Laut Spiegel-Informationen wird auch Peter Praet, ebenfalls Direktoriumsmitglied der EZB, sich in der kommenden geldpolitischen Lagebeurteilung am 5. Juni für eine Senkung der Zinsen aussprechen.
Ein gesenkter Hauptrefinanzierungssatz von 0,25 Prozent auf 0,15 Prozent oder 0,1 Prozent, ein Strafzins für Banken (ein Senken der Einlagenfazilität unter 0 Prozent) sowie Liquiditätsspritzen für Banken durch längerfristige Kredite könnten am 5. Juni verkündet werden, um das Wirtschaftswachstum der Eurozone anzukurbeln. Die Aussicht darauf setzt den Euro zurzeit unter Druck, die Gemeinschaftswährung liegt nun schon wieder mit 1,37 EUR/USD fast drei US-Cent unter dem erreichten Zweieinhalb-Jahreshoch bei knapp 1,40 zum US-Dollar.
Stimmungsumschwung unter den Profis
Institutionelle Spekulanten reagieren am US-Terminmarkt auf die erhöhte Wahrscheinlichkeit eines baldigen Eingreifens der EZB. Es war nicht die Bereitschaft der EZB rasch handeln zu können, sollte das Wachstum der Eurozone sich geschwächt zeigen, welche die Marktteilnehmer zuletzt überraschte. Denn diese Bereitschaft zeigt die EZB bereits seit zahlreichen Wochen. Doch die Worte des EZB-Chefs, dass bereits im Juni gehandelt werden könnte, fielen zweifelsohne konkreter aus als viele Banken, Vermögensverwalter und Fondsmanager es erwartet hatten.
Zinssenkung durch die EZB wird im Euro eingepreist
Nach diesen Worten gab es einen Stimmungsumschwung von großen Spekulanten wie Hedgefonds. Im Vergleich zur Vorwoche fiel ihre Position um deutliche 5,9 Milliarden US-Dollar (34.726 Future-Kontrakte) so stark wie zuletzt im November 2013 als Reaktion auf die letzte Zinssenkung der EZB. Großinvestoren preisen demnach eine Zinssenkung der EZB in den Euro-Kurs ein. Anfang Mai kurbelten Großinvestoren ihre mehrheitliche Kauf-Position im EUR/USD am Terminmarkt noch weiter an. Die letzten „Commitments of Traders“- Zahlen zeigen nun ganz klar, dass die Profis jetzt von einem weiter fallenden Euro/US-Dollar-Kurs ausgehen.
Ausblick für den Euro bleibt negativ
Unterhalb des Apriltiefs von 1,367 folgt die Unterstützungsregion um 1,364, den der Kurs bereits letzte Woche kurzeitig anlief. Die 200-Tage-Linie notiert aktuell dicht unterhalb auf 1,3624, deren Bruch auf die 1,35 abzielen könnte. Oberhalb der 1,38 würde der pessimistische Ausblick aber deutlich verblassen und eine neuer Anlauf auf die 1,40 EUR/USD wieder wahrscheinlicher werden.
Analyse geschrieben von Niall Delventhal, Marktanalyst von DailyFX.de
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