Nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und der Signature Bank (NASDAQ:SBNY) haben Finanzinstitute in den USA in Rekordhöhe Liquidität von der US-Notenbank in Anspruch genommen. Wie Daten der Federal Reserve von vorgestern zeigen, wurden 152,9 Milliarden Dollar aus einem als Diskontfenster bekannten Programm bezogen. Bislang lag das Rekordhoch bei 112 Milliarden Dollar. Erreicht wurde es im Herbst 2008, als damals die Finanzkrise wütete. Und damit zeigt der Vergleich, wie ernst die Situation aktuell zu sein scheint.
Weitere Bank wird gerettet
Vor diesem Hintergrund ist die Meldung, dass nach der angeschlagenen Schweizer Bank Credit Suisse (SIX:CSGN) auch die ums Überleben kämpfende US-Regionalbank First Republic (NYSE:FRC) ein Unterstützungspaket erhält, besonders positiv zu werten. Insgesamt 11 US-Großbanken haben 30 Milliarden Dollar in das Geldinstitut investiert. Alle Beteiligten scheinen an einem Strang zu ziehen. Und das gibt Hoffnung, das Schlimmeres verhindert werden kann und sich die Finanzkrise dadurch nicht wiederholt.
Stabilität der Euro-Banken bislang nicht beeinträchtigt
Die Stabilität der Branche in der Euro-Zone ist dagegen offenbar nicht beeinträchtigt. So sehen das einem Insider zufolge zumindest die Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Einlagen bei den Instituten seien bislang stabil geblieben, so die Erkenntnis nach einer Sondersitzung des Aufsichtsgremiums. Die Kontrolleure hätten keine Ansteckung von Geldhäusern der Euro-Zone durch die jüngsten Turbulenzen ausgemacht. Zumal die EZB-Bankenaufsicht darüber informiert worden sei, dass das Exposure der Geldhäuser gegenüber der schon länger kriselnden Credit Suisse unwesentlich sei.
Euro-Banken wollen EZB-Kredite frühzeitig zurückzahlen
Dazu passt die Meldung, wonach die Banken im Euro-Raum erneut Langfristkredite vorzeitig an die EZB zurückzahlen wollen. Diesmal würden 87,7 Milliarden Euro frühzeitig zurückgegeben, teilte die Europäische Zentralbank gestern mit. Im Februar waren es bereits 36,6 Milliarden, im Januar 63 Milliarden und im Dezember sogar 447 Milliarden Euro.
Verunsicherung ist noch groß
Trotz der positiven Meldungen trauen die Börsen dem Braten noch nicht. Zwar konnte der DAX zum Beispiel gestern stark in den Tag starten, doch an den Tiefs der Bärenfallen vom 24. Februar und 2. März drehten die Kurse wieder nach unten (siehe roter Pfeil im folgenden Chart). Und dabei fiel der Index bis an die Tiefs der beiden vorangegangenen Handelstage zurück.
Damit stehen die Zeichen im DAX (und im Euro STOXX 50) weiterhin auf Korrektur. Zugleich ließ sich wieder eine Flucht in sichere Häfen wie Anleihen feststellen, so dass der Bund-Future erneut die obere Linie seines Abwärtstrendkanals erreichen und in der Spitze sogar überwinden konnte.
Für die aktuelle Bankenproblematik sind diese Umschichtungen vom Aktien- in den Rentenmarkt hilfreich. Denn das ursprüngliche Problem der Banken war ja der Wertverlust der Anleihen. Wenn nun aber deren Kurse steigen, stärkt dies die Bankbilanzen, in denen die Wertpapiere zum Verkehrswert angesetzt werden müssen.
Die Kursentwicklung am Anleihemarkt ist jetzt entscheidend
Genau aus diesem Grund hilft die US-Notenbank bereits damit, dass Banken ihre Anleihen zum Nominalwert als Sicherheit für neue Kredite bei der Fed hinterlegen können. Und ich denke, dass die Notenbanken das Nötige dazu beitragen werden, um die Kurse am Anleihemarkt nun nicht mehr weiter fallen zu lassen, zum Beispiel durch eine Zinspause auf ihren nächsten Sitzungen.
Zwar ist das Aufwärtspotential der Anleihekurse begrenzt, weil die Notenbanken nach wie vor mit steigenden Zinsen gegen die hohe Inflation vorgehen müssen, doch dürfte bereits eine Kursstabilisierung am Anleihemarkt helfen, die aktuelle Lage zu entspannen.
Es wäre also schon eine erfreuliche Entwicklung, wenn es am Anleihemarkt vorerst nicht mehr zu scharfen Abwärtsbewegungen wie im Dezember 2022 und Februar 2023 käme. Stabilisieren sich die Kurse stattdessen im Bereich des Tiefs von Ende September (Ausgangspunkt des Abwärtstrendkanals im Bund-Future), würde dies den Banken Zeit verschaffen, um sich auf die veränderten Bedingungen einzustellen. Die Kursentwicklung am Anleihemarkt ist also jetzt entscheidend und sollte dementsprechend im Auge behalten werden.
Da die Notenbanken also gegen erneute Kursrückgänge am Anleihemarkt vorgehen dürften, muss man den vorgestern von mir ins Spiel gebrachte Short-Trade auf den Bund-Future vorsichtig angehen. Schnell wird das Kursziel von 132,60 Punkten wahrscheinlich nicht erreichbar sein. Aber wenn sich die Lage in den kommenden zwei Wochen beruhigt, könnte die Abwärtstendenz bei den Anleihen wieder aufgenommen werden.
Ich kann mir also vorstellen, dass der Abwärtstrend im Bund-Future grundsätzlich intakt bleibt. Aber erst einmal muss dafür die derzeit noch klar herrschende Verunsicherung abnehmen.
Ein weiterer Short-Trade erreichte sein Kursziel
Auch für die Aktienmärkte rechne ich damit, dass der aktuelle Abwärtstrend vorerst intakt bleibt, zumal die Kurse ja gestern noch einmal deutliche Schwäche gezeigt haben. Leser des „Target-Trend-Spezial“ konnten sich über diese Schwäche übrigens vorgestern schon ein weiteres Mal freuen. Denn nach dem gewinnbringenden Short-Trade, über den ich am Dienstag berichtet hatte, erreichte inzwischen eine weitere Short-Position auf den DAX ihr Kursziel, dieses Mal bei ca. 14.650 Punkten.
Wenn der DAX jetzt noch ein kleines Stückchen weiter fällt, würde ich verbliebene Short-Trades per Stop-Loss so absichern, dass sie nicht mehr in den Verlust laufen können. Neue Short-Positionen plane ich eher nicht mehr. Stattdessen habe ich im „Börse-Intern Premium“ bereits erste Schnäppchenkäufe getätigt, um mit fundamental günstig bewerteten Aktien nach den scharfen Kurseinbrüchen auf Kurserholungen zu setzen.
Dabei sollte man allerdings sowohl mit Short-Trades als auch bei Schnäppchenkäufen äußerst vorsichtig vorgehen. Denn in einem nervösen Markt mit verunsicherten Anlegern, wie wir ihn aktuell vorfinden, kann es stets zu plötzlichen Kurssprüngen kommen.
Ihr
Sven Weisenhaus