Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Geldpolitik nicht verändert und somit auch die Zinsen auf dem aktuellen Niveau bei 0,25 Prozent gelassen. Beobachter gehen nach der Pressekonferenz der EZB davon aus, dass es bei der Juni-Sitzung zu weiteren geldpolitischen Maßnahmen kommen wird. Insbesondere die niedrige Inflation bei gleichzeitig steigendem Euro führen bei der EZB zu Sorgen. Sollte sich also der Aufwärtstrend des Euro fortsetzen und die neueren Daten zur Inflation in Europa weiterhin schwach ausfallen, müssen Sie im Juni mit weiteren Maßnahmen der EZB rechnen. Der Dax reagierte im weiteren Verlauf entsprechend mit Kursgewinnen und erreichte im Hoch wieder die 9.600er Marke. Die Schaukelbörse geht also unverändert weiter.
Euro fällt nach EZB-Pressekonferenz – der Ausblick auf das Ende des Aufwärtstrends
Auch der Euro reagierte auf die EZB-Pressekonferenz - es kam nach dem Anlauf an die 1,40er Marke zu Kursverlusten. Dazu der Intraday-Chartverlauf seit Ende April:
Sie erinnern sich: Ich hatte vorgestern geschrieben, dass sich der Euro in einem Aufwärtstrend befindet und noch Platz bis zu der oberen Grenze seiner großen Seitwärtsbewegung bei 1,50 Dollar hat.
Vereinfacht kann man folgende Regel aufstellen: Je lockerer die Geldpolitik, desto mehr wird die Währung geschwächt. Und so macht diese Aufwärtsbewegung des Euros und damit die Schwäche des Dollars Sinn, schließlich ist die Geldpolitik der Fed zurzeit noch deutlich aggressiver (Stichwort QE3) als die der EZB.
Fundamentale Vorzeichen ändern sich
Doch nun ändert sich langsam das Bild: Während die Fed bereits den Einstieg in den Ausstieg aus dieser ultra lockeren Geldpolitik plant, sucht die EZB noch Wege, um mögliche Deflationsgefahren innerhalb der EU zu begegnen. Es geht der EZB demnach eher um die Ausweitung ihrer sowieso schon lockeren Geldpolitik. Das kann dazu führen, dass die Politik der EZB irgendwann „lockerer“ ist als die der Fed. Und dann wird sich das Bild umkehren und der Euro wieder zum Dollar fallen. Sprich, die Aufwärtsbewegung des Euros wäre dann zu Ende.
Da die Börsen solche Entwicklungen vorwegnehmen, sollte dies im Laufe dieses Jahres geschehen - aus charttechnischer Sicht spätestens (!) im Bereich der 1,50 Dollar-Marke. Allerdings sind Seitwärtsbewegungen hinsichtlich ihrer Kursziele umso unzuverlässiger, je länger sie dauern. Und so kann der Aufwärtstrend des Euro auch bereits früher gestoppt werden. Das muss man im Hinterkopf behalten.
Sowohl aus charttechnischer als auch aus fundamentalen Aspekten ist es somit durchaus wahrscheinlich, dass die große Seitwärtsbewegung des Währungspaars Euro/Dollar noch einige Jahre fortgesetzt wird.
US-Erstanträge sinken wieder
Im Umfeld der Pressekonferenz kam es zu kleineren Kursturbulenzen im DAX, die aber auch mit den neuesten Daten zum US-Arbeitsmarkt zu tun hatten. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sind um 26.000 auf 319.000 Anträge gefallen. Analysten hatten hingegen mit 325.000 Anträgen gerechnet.
Nach dem Anstieg der vergangenen Wochen, durch den auch der Vier-Wochen-Schnitt wieder anzog, ist das wieder ein Hinweis darauf, dass sich der US-Arbeitsmarkt doch weiter normalisiert. Eigentlich eine positive Nachricht, aber Sie wissen, das ist ein zweischneidiges Schwert. Da eine verbesserte Lage der US-Wirtschaft die US-Notenbank dazu veranlassen könnte, ihre geldpolitischen Lockerung schneller zurückzuführen, führen positive Nachrichten zur US-Wirtschaft zurzeit im weiteren Verlauf gerne zu Kursverlusten.
Nachtrag zu vorgestern
Die Kursturbulenzen vorgestern hatten tatsächlich mit der Anhörung der Notenbankchefin Janet Yellen vor dem US-Kongress zu tun. Insgesamt zeigte sich Yellen zuversichtlich für die Wirtschaft, auch wenn sie betonte, dass die Lage am US-Arbeitsmarkt immer noch kritisch sei. Da Janet Yellen weiterhin stoisch an den bekannten Aussagen der Fed festhielt und es somit keine neuen Informationen gab, reagierte der Markt letztendlich eher uneinheitlich.
Jochen Steffens
Stockstreet GmbH