„Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen einfach erstmal aufhören zu produzieren“. Und weiter: „Dann sind diese nicht automatisch insolvent, aber sie hören vielleicht auf zu verkaufen“. Mit seinen bei einem Besuch der ARD-Talkshow Maischberger getätigten Aussagen zu drohenden Pleitewellen im Zuge der hiesigen Energiekrise sorgte Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck Anfang September in vielen Teilen der Bevölkerung für offenstehende Münder und zog neben viel Spott auch durchaus Zorn auf sich. Nun ist die Anzahl der Insolvenzen deutschlandweit im September im Vergleich zum Vorjahreszeitraum tatsächlich um ganze 34% angestiegen.
762 Unternehmen gehen im September pleite
Dies geht aus Berechnungen des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, kurz IWH, hervor. Und diese 762 Personen- respektive Kapitalgesellschaften haben nicht einfach aufgehört zu produzieren oder zu verkaufen – sie sind wirklich und wahrhaftig „automatisch insolvent“. Und das IWH prognostiziert, dass die Zahl der insolventen Unternehmen in den kommenden Monaten weiter spürbar ansteigen wird. Neben den massiv in die Höhe geschossenen Energiekosten machen vielen Unternehmen auch die angehobenen Kreditzinsen und Löhne das Leben schwer. Der 34%ige Anstieg der Unternehmenspleiten liegt übrigens deutlich über den 25%, die das IWH noch im August für den September „vorhergesagt“ hatte. Für den November rechnet das Institut nun bereits mit einem Anstieg um 40% im Vergleich zum Vorjahr. Da die Insolvenzen im ersten Halbjahr noch leicht unter dem Vorjahresniveau lagen, geht das IWH für das Gesamtjahr 2022 jedoch „lediglich“ von einem Anstieg der Insolvenzen zwischen 12 und 14% aus.
Lediglich eine Normalisierung des Insolvenzgeschehens?
Wie so oft, lohnt es sich auch hier, zwei Schritte zurückzusetzen, um das Big Picture betrachten zu können: So kam es in Deutschland in den vergangenen zwei Jahren offiziellen Zahlen zufolge zu deutlich weniger Insolvenzen als noch vor der Corona-Pandemie. In einem Interview mit dem Manager Magazin führte Maxime Lemerle, seinerseits leitender Analyst der Allianz (ETR:ALVG) Trade Gruppe, vor Kurzem aus: „Wir dürfen nicht vergessen, dass wir uns aktuell auf einem historisch niedrigen Niveau befinden und sich das Insolvenzgeschehen damit schlicht normalisieren würde“. Dennoch warnt aber auch Lemerle davor, dass sich die Situation in den kommenden Monaten nochmals deutlich verschärfen könnte, steigen die Risiken dem Experten zufolge doch an vielen Fronten.
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