Griechische Wolken an einem immer blaueren Euro-Himmel

Veröffentlicht am 20.02.2015, 12:56

Die Positionen in der griechischen Frage bleiben bis zuletzt verhärtet. Die Verlängerung der griechischen Finanzhilfen steht nach der Ablehnung des griechischen Kreditantrags auf sehr wackeligen Füßen. Sollte es zu einem positiven Verhandlungsergebnis kommen, ist dies wieder einmal eine dieser typisch europäischen Einigungen, die die grundsätzlichen Probleme Griechenlands nicht löst, sondern lediglich in die Zukunft verschiebt. Ein erneuter zum Himmel stinkender Kompromiss würde die Wirtschaftsreformer in der Eurozone schwächen und die schuldengläubigen Politiker stärken. Aus rationaler Sicht der Wettbewerbsfähigkeit - und auf die kommt es im globalen Konkurrenzkampf an - wäre der Euroraum ohne Griechenland stärker.

Stabilisierung der Konjunktur in der Eurozone

Abgesehen von der großen Euro-Politik hat sich die wirtschaftliche Verfassung in Deutschland und in der Eurozone zumindest weiter aufgehellt. So zeigen sich die vom ZEW befragten Finanzanalysten - die im Vergleich zu den vom ifo Institut direkt befragten Unternehmen typischerweise konjunkturkritischer sind - bei den Konjunkturerwartungen für die deutsche Wirtschaft zum vierten Mal in Folge optimistischer.

Interessanterweise zeigen auch die ZEW Konjunkturerwartungen für die Eurozone eine nahezu parallele Aufwärtsbewegung. Die steigende deutsche Importnachfrage nach Gütern und Dienstleistungen sorgen ebenso für Impulse in der Eurozone wie ein exportbegünstigender Euro und attraktive Rohstoffpreise.

Die Euro-Konjunktur holt gegenüber der US-Wirtschaft auf

Sicherlich ist der Status der US-Wirtschaft robuster als der der Eurozone. Aber mittlerweile leiden US-Unternehmen unter der Aufwertung des US-Dollars. Zudem muss der US-Energiesektor dem niedrigen Ölpreis Tribut zollen. Dieses Szenario schlägt sich bereits im Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe der USA nieder: Von seinem Mehrjahreshoch im August hat dieser Indikator bereits merklich nachgegeben. Innerhalb der gleichen Indexfamilie zeigt dagegen der Stimmungsindikator für die Eurozone eine deutliche Trendwende nach oben.

Nicht zuletzt machen sich die nachgebenden US-Stimmungsindikatoren in einem rückläufigen US-Gewinnwachstum bemerkbar.

Mit aufholendem Einkaufsmanagerindex erholt sich dagegen der Gewinntrend der Eurozone.

Lag das Gewinnwachstum in den USA in den beiden letzten Jahren deutlich über dem von Deutschland - zwischen 2012 und 2013 schrumpften hier sogar die Gewinne - zeichnet sich mittlerweile eine Trendwende ab.

Aktuelle Marktlage

Die Finanzmärkte zeigen sich erstaunlich entspannt. Sie erwarten, dass in der griechischen Frage entweder eine Einigung erzielt wird oder bei einem GREXIT eine Ansteckungsgefahr auf andere Euro-Länder durch die Sicherungsinstrumente und vor allem die EZB verhindert wird. Im Vergleich zu einem Austritt Griechenlands 2010 oder 2012 geht man heute offensichtlich nicht mehr von einer finanzpolitischen Eskalation aus.

Geopolitisch ist die weitere Entwicklung in der Ukraine-Krise sicherlich nur schwer zu prognostizieren. Aber trotz aller verbalen Auseinandersetzung und nach dem Fall der Stadt Debalzewe an die Separatisten hat sich so etwas wie eine stabile Seitenlage eingestellt. Die Vereinbarungen von Minsk werden zumindest aktuell weitgehend eingehalten.

Ein eng geknüpftes Sicherheitsnetz für die Finanzmärkte stellt weiter die globale Geldpolitik dar. Während die Bank of Japan zur Reinflationierung ihre Liquiditätsoffensive im Jahresverlauf noch verstärken wird, stellt selbst die US-Notenbank keine Bedrohung dar. Laut Fed-Sitzungsprotokoll sehen viele Notenbank-Mitglieder einen „verfrühten“ Zinsanstieg als Gefahr für die US-Konjunkturerholung. Die letzten Wirtschafts- und Preisdaten erlauben sogar eine Verschiebung der Leitzinswende bis ins 2. Halbjahr 2015. Mittlerweile ist für 2015 auch nur eine Zinserhöhung um 0,25 Prozent möglich.

Grundsätzlich hilfreich ist, dass die Aktienmärkte in Europa und Deutschland nicht mehr nur auf dem einen Zylinder „Liquiditätshausse“ laufen. Konjunktur- und gewinnstabilisierende Aufhellungen kommen als fundamentale Kräfte immer mehr dazu.

Im Gegensatz zum bekannteren DAX-Performance-Index hat der reine DAX-Kurs-Index - also ohne Dividendenberücksichtigung - sein Allzeithoch noch nicht erreicht. Dieses erzielte er am 7. März 2000 bei 6.266,15 Punkten. Aktuell steht er bei 5.631.

Im Übrigen zeigt sich beim Vergleich von Performance- und Kursindex die Attraktivität der Dividendenrendite. Neben dem seit 1988 durchschnittlichen Kursgewinn von 6,57 Prozent pro Jahr, kommen über die Dividendenrendite noch einmal ordentliche 2,65 Prozent hinzu.

Ein Vergleich der Entwicklung des Deutschen Aktienindex und der Umlaufrendite deutscher Staatsanleihen zeigt deutlich die mangelnde Attraktivität des Zinsvermögens. Während Bundeswertpapiere noch bis 2008 hohe Alternativrenditen von über vier Prozent boten, müssen sich Anleger heutzutage mit Renditen von unter 0,3 Prozent begnügen.

Insgesamt dürfte nach einer wie auch immer gearteten Lösung der griechischen Frage ein nachhaltiges Überschreiten von 11.000 DAX-Punkten nicht lange auf sich warten lassen.

Anlegerstimmung und Charttechnik

Die Kursschwankungsbreite - gemessen am VDAX -Volatilitätsindex - signalisiert im historischen Vergleich fortgesetzt ein hohes Maß an Entspanntheit. Die theoretische DAX-Handelsspanne für die nächsten 30 Tage liegt zwischen 10.292 und 11.670 Punkten.

Charttechnisch bleibt der mittelfristige Aufwärtstrend intakt. Schließt der DAX signifikant über 11.000, bietet die obere Begrenzung des seit Oktober bestehenden Aufwärtstrendkanals bei zurzeit 11.230 Punkten einen Widerstand. Auf lange Sicht könnte ein Anstieg bis zur oberen Begrenzung des seit 2009 bestehenden Aufwärtstrendkanals bei derzeit 12.430 Zählern gelingen.

Im Falle einer Korrektur liegen erste Unterstützungen an den Marken bei 10.810 und 10.600 Punkten. Darunter liegt die nächste, wenn auch schwache Unterstützung in der Kurslücke zwischen 10.502 und 10.454, gefolgt von weiteren Auffanglinien bei rund 10.300 und im Bereich um 10.080 Punkte.

Und was passiert in der KW 9?

Der vorrangige Fokus der Anleger gilt der Lösungsfindung in der Causa Griechenland.

Im Rahmen der Berichtsaison für das Schlussquartal 2014 dürften Fresenius und Fresenius Medical Care, Bayer, Deutsche Telekom und BASF aufgrund der stabilen Weltwirtschaft sowie der Euro-Schwäche grundsätzlich positive Ausblicke für 2015 geben.

In China deutet der vorläufige von der HSBC Bank veröffentlichte Einkaufsmanagerindex auf eine Konjunkturstabilisierung auf aktuellem Niveau hin.

In den USA präsentiert sich die Industrie dank steigender Auftragseingänge langlebiger Güter und einem stabilen Einkaufsmanagerindex der Region Chicago robust. Ein freundliches Verbrauchervertrauen der Universität von Michigan spricht zudem für einen soliden US-Konsum. Erneut rückläufige US-Inflationsdaten dürften weiter für eine zurückhaltende US-Geldpolitik sprechen, die Fed-Präsidentin Janet Yellen vor dem US-Kongress im Rahmen ihrer halbjährlichen Anhörung näher erläutern wird.

Auch in der Eurozone führen die finalen Preisdaten für Januar die akuten Deflationsrisiken vor Augen und schüren weitere Liquiditätsphantasien der EZB. Ohnehin ist es fraglich, ob die EZB im Rahmen ihres Anleiheaufkaufprogramms überhaupt genügend Material angedient bekommt. Liquiditätspolitische Ersatzbefriedigungen im Bereich von ABS und direkten Bankenkrediten dürften diskutiert werden. Unterdessen dürfte sich der Economic Sentiment Indikator der EU-Kommission weiter aufhellen.

In Deutschland bestätigen erneut steigende ifo Geschäftsklimazahlen die konjunkturelle Erholung. Ein ebenfalls gestiegener GfK Konsumklimaindex, stabile Einzelhandelsumsätze und robuste Arbeitsmarktzahlen sind Beweise einer dynamischen deutschen Binnenwirtschaft.

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