- Der Fed-Vorsitzende Powell spricht von Schmerzen, die EZB von Opfern
- Hohe Inflationsraten bleiben auf beiden Seiten des Atlantiks eine Herausforderung
- Autonomie der Zentralbank nach verfehlter Inflationsstrategie unter Beschuss
Die Botschaft der Zentralbanker wurde in der vergangenen Woche lauter und deutlicher, als sie das Symposium der Federal Reserve in Jackson Hole nutzten, um davor zu warnen, dass Maßnahmen zur Eindämmung der Inflation sehr unangenehm werden könnten.
Der Vorsitzende der US-Notenbank Jerome Powell erklärte am Freitag, dass die US-Notenbank die Zinssätze weiter anheben und auf einem hohen Niveau halten wird, bis Angebot und Nachfrage besser ausgelotet sind.
"Höhere Leitzinsen, ein langsameres Wachstum und schwächere Arbeitsmarktbedingungen werden zwar die Inflation reduzieren, aber gleichzeitig den Haushalten und Unternehmen Schmerzen bereiten", sagte er.
Isabel Schnabel, Mitglied des Direktoriums der Europäischen Zentralbank, warnte am Samstag davor, dass größere Opfer erforderlich sein werden. François Villeroy de Galhau, Chef der französischen Zentralbank und Mitglied des EZB-Rats, sagte, die Verpflichtung der Zentralbanken zur Preisstabilität sei "bedingungslos", und bezog sich damit auf die Äußerungen von Powell vom Vortag.
Den Anleiheinvestoren bescherten die strengen Töne der Fed und der EZB höhere Renditen. Die Rendite der zweijährigen Treasury Notes - die die Entwicklung der Zinsen am kurzen Ende am besten abbilden - lag im späten Handel am Montag bei 3,417 %, nachdem sie zuvor 3,489 % erreicht hatte. Am Freitag hatte die Verzinsung bei 3,39 % geschlossen.
Die 10-jährige Bundesanleihe, die als Benchmark für die Eurozone dient, rentierte am Montag über 1,5 %, nachdem ihre Verzinsung im Handel am Freitag um fast 20 Basispunkte gestiegen war.
Philip Lane, der frühere Gouverneur der irischen Zentralbank und amtierende Chefvolkswirt im EZB-Direktorium, sprach sich für ein gleichmäßiges Tempo der Anhebungen aus. Er hielt damit an seiner milderen geldpolitischen Haltung fest und argumentierte, diese Strategie verursache weniger Störungen als einige große Leitzinsschritte. Er räumte jedoch ein, dass Europa eine "längere Phase" mit hoher Inflation bevorsteht.
Am Mittwoch hatte die Inflationsrate in der Eurozone mit 9,1 % ein neues Rekordhoch erreicht. Im Juli lag die Teuerung noch bei 8,9 % und im Juni bei 8,6 %. Der stete Anstieg der Preise ist vor allem das Ergebnis der immer weiter steigenden Energiepreise in Europa.
In den USA ist die Inflation, gemessen am Index der privaten Konsumausgaben laut den am Freitag veröffentlichten Daten im Juli auf 6,3 % im Jahresvergleich gesunken, verglichen mit 6,8 % im Juni. Nach einem ähnlichen Rückgang des VPI weckte diese Zahl erneut die Hoffnung, dass die Inflation ihren Höhepunkt erreicht haben könnte.
Powell machte in seiner Rede jedoch deutlich, dass die Fed an ihrer Straffungspolitik nicht nachlassen wird. Es bleibt jedoch offen, ob die für September erwartete Anhebung 50 oder 75 Basispunkte betragen wird, und Powell sagte, der Umfang der Anhebung hänge von der Gesamtheit der Daten ab.
Die Chefin der Fed von Cleveland, Loretta Mester, sagte in Jackson Hole, dass sie weder in die eine noch in die andere Richtung tendiere, aber dass sie die Inflationsdaten aufmerksamer betrachten werde als die Beschäftigung. Der VPI für den Monat August wird eine Woche vor der Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank am 20. und 21. September veröffentlicht. Die University of Michigan wird ihre Inflationserwartungen ebenfalls vorher veröffentlichen.
Mester, die als geldpolitischer Falke gilt und in diesem Jahr stimmberechtigtes Mitglied des FOMC ist, meinte, sie sei nicht davon überzeugt, dass sich die Inflation auf einem Abwärtspfad befinde oder überhaupt ihren Höhepunkt erreicht habe.
Die harten Worte der Zentralbanker kommen nach Ansicht vieler zu spät. Powell sagte am Freitag, dass das Versäumnis, die Inflation jetzt einzudämmen, später zu noch größeren Schmerzen führen würde. Viele werfen ihm und anderen Fed-Politikern jedoch vor, vor einem Jahr nicht eingeschritten zu sein und die Inflation im Keim erstickt zu haben.
Der Misserfolg bei der Inflationsbekämpfung lässt einige Politiker die geldpolitische Autonomie der Zentralbanken in Frage stellen. In der Vergangenheit wurde gerade diese Unabhängigkeit als wichtig erachtet, damit sich die Politik aus solch sensiblen Angelegenheiten heraushält, doch die Erfahrungen des vergangenen Jahres lassen Zweifel an dieser Haltung aufkommen.
Die britische Außenministerin Liz Truss, die auf dem besten Weg ist, britische Premierministerin zu werden, hat mit Veränderungen bei der Bank of England gedroht. In den USA steht die Fed unter Beschuss durch den republikanischen Senator Pat Toomey. Er argumentiert, dass sich die Entscheidungsträger zu weit von ihrem Ziel der Preisstabilität entfernt haben. Gegenwind kommt auch von der demokratischen Senatorin Elizabeth Warren, die Powell eindringlich aufforderte, "die amerikanische Wirtschaft nicht in den Abgrund zu stürzen".
Nicht nur die Volkswirtschaften, sondern auch die Entscheidungsträger der Zentralbanken werden aus diesem Szenario wohl nicht ungeschoren herauskommen.