Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0714 (05:08 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0705 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 140,10. In der Folge notiert EUR-JPY bei 150,11. EUR-CHF oszilliert bei 0,9682.
Märkte: In Teilen freundlicher
Die Finanzmärkte fanden nach der Einigung bei der US-Schuldenobergrenze zunächst Orientierung. Aber auch positive Konjunkturdaten aus den USA setzten unterschwellig unterstützende Signale (siehe Datenpotpourri).
Aktienmärkte konnten in der westlichen Hemisphäre an Boden gewinnen, allen voran in den USA. Ob dieser Impuls dauerhafter Natur sein wird, sei dahingestellt, denn diese Einigung hinsichtlich der US-Schuldenobergrenze, wenn sie die parlamentarischen Hürden nimmt, liefert keine strukturelle Problemlösung (siehe unten). Sie verhindert aber fraglos das vom Markt in den Raum gestellte Krisenszenario für weitere zwei Jahre.
An den Rentenmärkten kam es zu einer merklichen Entspannung. 10 jährige Bundesanleihen rentieren heute früh mit 2,43%, nachdem in der letzten Woche Höchstrenditen bei 2,54% erreicht wurden. 10 jährige US-Staatsanleihen werfen derzeit eine Rendite in Höhe von 3,76% ab. Hier lag der Spitzenwert der Rendite in der abgelaufenen Woche bei 3,85%.
Der USD war zuletzt gesucht. Aktuell testet er gegenüber dem EUR die wichtige Unterstützungszone bei 1,0700 – 30. Gegenüber dem JPY konnte die Marke von 140 deutlich überwunden werden.
An den Edelmetallmärkten reüssierte der USD gegenüber Gold und Silber in den letzten Wochen, obwohl das Risiko der US-Zahlungsunfähigkeit im Raum stand. Gold bewegt sich aktuell auf niedrigsten Niveaus seit Mitte März 2023.
Türkei: Erdogan gewinnt
Erdogan konnte sich bei der Wahl mit einem Zuspruch von 52,1% der Stimmen durchsetzen und bleibt damit für weitere fünf Jahre im Amt.
Kommentar: Hoffnungswerte im westlichen Lager, dass mit einer Abwahl Erdogans stärkerer westlicher Einfluss auf die Türkei ausgeübt werden könnte, sind verflogen.
Washington: Einigung bei Schuldenobergrenze zunächst erzielt
Die Regierung hat am Samstag eine grundsätzliche Einigung mit den Republikanern im Kongress über eine Anhebung der Schuldenobergrenze erzielt.
McCarthy rechnet damit, den Gesetzentwurf kurzfristig abzuschließen, dann mit Biden zu sprechen und morgen über das Abkommen abzustimmen. Die vorläufige Einigung zur Schuldenobergrenze werde von beiden Seiten geprüft. Damit würde das Thema Schuldenobergrenze für die kommenden zwei Jahre gelöst.
Der Streit über eine Anhebung der Obergrenze von bislang 31,4 Billionen USD bewegte die Finanzmärkte. Ohne Einigung hätte den USA eine partielle Zahlungsunfähigkeit gedroht. Werfen wir einen Blick auf die im Raum stehende Lösung in dieser parlamentarischen Auseinandersetzung. Zunächst gilt es, die Terminologie nachfolgender Grafik zu erklären:
• Das CBO (Congressional Budget Office) liefert Prognosen für die Entwicklung der öffentlichen Haushalte. Die "CBO-Baseline" (hellblaue horizontale Linie) ist damit die Basis der Betrachtung.
• Das Maximum der Haushaltforderungen der Republikaner ist mit der grünen Linie des "Limit Save Grow Act" abgebildet.
• Die gestrichelte blaue Linie zeigt den Vorschlag des Weißen Hauses.
• Der reine Fiscal Responsibility Act ist definiert durch die rot gepunktete Linie.
• Das, was am Ende herausgekommen ist, ist der "Fiscal Responsibility Act with adjustments", abgebildet durch die durchgehende rote Linie.
© CBO/Goldman Sachs
Kommentar: Der Kompromiss, sollte er dann die parlamentarischen Hürden nehmen, löst keine Haushaltsprobleme. Es handelt sich um einen temporäre (2023 – 2028) geringfügige Entspannung, die gemittelt eine Größenordnung einer Reduktion des Haushalts in der Größenordnung von 0,1% - 0,2% des BIP mit sich bringt. Es gibt bei den Republikanern partiellen Widerstand gegen diesen Kompromiss. Nach aktuellem Kenntnisstand ist dennoch ein positives Votum in den Kammern des US-Kongresses wahrscheinlich. Finanzmärkte sollten das Ergebnis positiv aufnehmen, auch wenn damit das strukturelle US-Problem nicht ansatzweise gelöst ist.
Berlin: Einlassungen des Wirtschaftsministeriums - Klartext
Das Bundeswirtschaftsministerium sieht die Rezession als "ernste Sache".
Kommentar: Dem schließe ich mich an. Dabei ist die Rezession weit überwiegend das Resultat der eigenen Strukturpolitik der aktuellen, aber auch der Vorgängerregierungen. Die durch die aktuelle Politik ausgelöste Verunsicherung der Bürger und Unternehmen spielt eine beachtliche Rolle, denn sie führt zu partieller Konsum- und Investitionsverweigerung.
Eine Neubewertung der Wirtschaft sei nicht nötig.
Kommentar: Diese Sichtweise ist anfechtbar. Hat das Ministerium die aktuelle Wendung erwartet? Nein! Strukturdaten implizieren keine positive Wendung, ganz im Gegenteil! Die Fakten stehen im Widerspruch zu wohlfeiler Berliner Verbalakrobatik.
Die Konsumentwicklung bleibe positiv.
Kommentar: Was schaut man sich bei Habeck an? Die Einzelhandelsumsätze sanken zuletzt per April real im Jahresvergleich um 8,6%! Das ist prekär, wie nachfolgender Chart im historischen Kontext eindrucksvoll belegt.
Russlands Krieg sei die Hauptursache der Schwächephase.
Kommentar: War nicht unsere Reaktion, ergo aktive Regierungspolitik, auf den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine die Hauptursache? Es war die vollständige Fehleinschätzung der Sanktionswirkungen sowohl auf uns als auch auf Russland.
Madrid: Rechtsruck – Indiz für restliches Europa?
Bei den Regionalwahlen in Spanien kam es zu einer Rechtsverschiebung des politischen Spektrums zu Lasten der regierenden Sozialtisten (PSOE konnte sich in nur 3 von 12 Bezirken durchsetzen) und zu Gunsten der Konservativen (PP) und der Partei Vox. Als Reaktion will Ministerpräsident Sanchez das Parlament auflösen. Er setzte Neuwahlen für den 23. Juli an.
Kommentar: In Europa tut sich etwas, das Ausdruck einer Neukalibrierung der innenpolitischen Machtachsen darstellt. Die innewohnende Dynamik ist in Teilen beachtlich. Die Amplitude des Vertrauensverlustes in amtierende Regierungen ist bemerkenswert.
Bei den letzten Wahlen ergab sich in Italien eine Verschiebung der politischen Machtachse in Richtung konservativerer Ausrichtung. Gleiches bahnt sich in Spanien nach den Regionalwahlen an. Auch in Deutschland ergeben sich bei Wahlumfragen Entwicklungen, die belegen, dass die amtierende Regierung bei Neuwahlen keine Mehrheit mehr hätte.
Wurde zu viel Politik im Interesse Dritter, aber nicht eigener Bürger gemacht?
Datenpotpourri der letzten 48 Handelsstunden:
Eurozone: Stimmungsindikatoren in Italien und Frankreich schwächlich
Frankreich: Der Index des Verbrauchervertrauens verharrte per Berichtsmonat Mai bei 83 Punkten (Prognose 84).
Italien: Der Index des Verbrauchervertrauens sank per Mai von zuvor 105,5 auf 105,1 Zähler (Prognose 105,2).
UK: Einzelhandelsumsätze nicht überzeugend (Revisionen, Jahresvergleich)
Die Einzelhandelsumsätze nahmen per April im Monatsvergleich um 0,5% (Prognose 0,3%) nach zuvor -1,2% (revidiert von –0,9%) zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 3,0% (Prognose -2,8%) nach zuvor -3,9% (revidiert von -3,1%).
USA: Konjunkturdaten besser als erwartet
Die persönlichen Einkommen legten per April im Monatsvergleich um 0,4% (Prognose 0,4%) nach zuvor 0,3% zu. Der persönliche Konsum nahm 0,8% (Prognose 0,4%) nach zuvor 0,1% (revidiert von 0,0%) zu.
Der "Personal Consumption Expenditure Price Index", der von der US-Notenbank sehr ernst genommen wird, stieg per April im Monatsvergleich um 0,4% nach 0,1%. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 4,4% nach 4,2%.
Der Auftragseingang für langlebige Wirtschaftsgüter nahm per April im Monatsvergleich um 1,1% (Prognose -1,0%) nach 3,3% (revidiert von 3,2%) zu.
Der Index des Verbrauchervertrauens nach Lesart der Universität Michigan stellte sich per Mai gemäß finaler Berechnung auf 59,2 Punkte (vorläufiger Wert und Prognose 57,7).
Japan: Arbeitslosenquote mit 2,6% niedriger als erwartet
Die Arbeitslosenrate lag per Berichtsmonat April bei 2,6% (Prognose 2,7%) nach zuvor 2,8%.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0700 – 1.0730 negiert dieses Szenario.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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