Die Coronavirus-Epidemie wirkt sich negativ auf die Aktivitäten des Transport-, Tourismus- und Industrie-Sektors aus. Und das hat Folgen für die Nachfrage nach dem Rohstoff Öl. Die Ölpreise sind entsprechend stark gefallen.
War es Ende 2019 noch zu einer Beschleunigung der Aufwärtsbewegungen und einem Ausbruch aus den Aufwärtstrendkanälen (grün im Chart) nach oben gekommen, so brachen die Ölpreise seit Anfang Januar ein und beendeten ihre Aufwärtstrends. Und dabei fielen sie sogar auf den niedrigsten Stand seit Ende 2018.
Coronavirus: Auslöser und Treiber einer erwartbaren Entwicklung
Dabei kam diese Kursentwicklung nicht unbedingt überraschend. Denn schon in der Börse-Intern vom 11.12.2019 war zu lesen, dass sich 2020 eine Überversorgung der Märkte mit Öl in Höhe von 1,4 Millionen Barrel pro Tag abzeichnete.
Und weiter: „In diesem Fall dürfte mehr als das aktuelle Aufwärtsmomentum bei den Ölpreisen nicht drin sein. Stattdessen könnten die Preise sogar eher wieder unter Druck geraten und aus den Aufwärtstrends wieder in eine Seitwärtstendenz übergehen oder gar eine neue Abwärtstendenz geraten. Beides ist wahrscheinlich, wenn die Aufwärtstrendkanäle gebrochen werden. Ob es dann zu einer Seitwärts- oder eine Abwärtstendenz kommt, dürfte auch von der Dynamik des Trendbruchs abhängen.“
OPEC+ will Fördermengenbegrenzung verlängern
Durch den Ausbruch des Coronavirus wurde die Dynamik des bearishen Trendbruchs zweifelfrei verstärkt. Und die Ölpreise sind dadurch sehr weit gefallen. Aus diesem Grund wollen die OPEC-Staaten in Zusammenarbeit mit ihren zehn Kooperationspartnern (OPEC+) die Ölproduktion weiterhin deckeln.
Schon seit Anfang 2017 versucht die OPEC+ den Ölmarkt mit Förderlimits zu beeinflussen. Zuletzt hatten sich die Staaten im vergangenen Dezember auf eine zusätzliche Produktionskürzung um 500.000 Barrel pro Tag geeinigt. Damit sollten insgesamt 1,7 Millionen Barrel Öl pro Tag weniger produziert werden als im Oktober 2018.
Angesichts der Auswirkungen des Coronavirus hat ein Komitee der OPEC+ nun eine Verlängerung dieser Fördermengenkürzung bis Ende Juni empfohlen. Dies soll Anfang März auf der geplanten Minister-Konferenz der OPEC+ beschlossen werden. Und sollte die Nachfrage nach Öl wegen der Epidemie deutlich sinken, könnte die Förderung auch noch stärker gedrosselt werden, hieß es aus OPEC-Kreisen.
Eine mit der russischen Haltung vertraute Person sagte, die Regierung in Moskau sei eigentlich an einem Ende der Fördergrenzen interessiert gewesen. Sollte der Preis aber unter 60 Dollar bleiben, könne sie ihre Meinung ändern.
Eine Verlängerung der Förderkürzung reicht kurzfristig nicht aus
Da schon Ende 2019 eine Überversorgung in 2020 drohte und die Nachfragebelastung durch das Coronavirus in den damaligen Prognosen natürlich noch nicht enthalten war, dürfte die Differenz zwischen Angebot und Nachfrage aktuell größer als erwartet ausfallen. Insofern wäre nicht nur eine Verlängerung der Förderkürzung, sondern eine Ausweitung erforderlich, um die Ölpreise zu stützen und wieder auf ein höheres Niveau zu hieven.
Allerdings sind die Auswirkungen des Coronavirus vorübergehend. Laut aktuellen Prognosen dürfte der Höhepunkt bei der Anzahl der Neuinfektionen noch in diesem Monat erreicht werden. Und sobald sich abzeichnet, dass die Ansteckungsgefahr unter Kontrolle ist, dürften die Firmen ihren Normalbetrieb langsam wieder einleiten. Dann nimmt auch wieder die Nachfrage nach Öl zu. Und dies dürften die Märkte am Ölmarkt frühzeitig einpreisen – natürlich durch steigende Notierungen.
Es ist also abzusehen, dass die Ölpreise ihr Tief langsam erreicht haben und bald wieder zulegen. Nur wenn der Coronavirus noch deutlich länger wütet, muss man diese Erwartung korrigieren. Dann wäre eine Ausweitung der Förderkürzung nötig, um die Preise zu stützen.
Auf absehbare Zeit wieder Ölpreise von 60 Dollar
Die aktuellen Aussagen aus russischer Richtung, dass Preise unterhalb von 60 US-Dollar nicht gewünscht sind, stützen aber meine hier bereits wiederholt geäußerte Erwartung, dass die OPEC dafür sorgen wird, dass die Ölpreise immer wieder über dieses Niveau zurückkehren werden (siehe zum Beispiel auch Öl-Analyse vom 4. Juli 2019). Und so könnten die Ölpreise langfristig in einer Seitwärtsrange bleiben.
Entsprechend könnte man auf aktuellem Niveau Long-Positionen aufbauen, um bei Ölpreisen von mehr als 60 USD Gewinne zu realisieren.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Sven Weisenhaus