Der Rohstoffhändler Trafigura hat im ersten Halbjahr einen Rekordgewinn eingefahren – und das obwohl kriegsbedingt das Volumen im Handel mit bestimmten Rohstoffen eingeschränkt wurde.
Wie die Trafigura Group der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge meldete, stieg der Gewinn im ersten Halbjahr auf 2,7 Milliarden USD. Das Halbjahr entspricht bei Trafigura der Zeit von Oktober bis März. Es handelt sich um einen Rekordgewinn für das Unternehmen. Im Gesamtjahr 2021 hatte der Konzern einen Gewinn von 3,1 Milliarden USD erzielt. 2020 waren es noch 1,6 Milliarden USD gewesen.
Halbjahresgewinn von 2,7 Milliarden USD: Rekord
Ausschlaggebend für den hohen Gewinn war die hohe Volatilität an den Rohstoffmärkten. Daraus ergeben sich für einen stark positionierten Rohstoffhändler Arbitragemöglichkeiten. Ursächlich für die hohe Volatilität ist nicht zuletzt der Ukraine Krieg. Dieser ist auch an Trafigura nicht spurlos vorüber gegangen.
Wie das Unternehmen berichtete, wurde das Handelsvolumen in vielen Märkten zurückgefahren. Das gleiche gilt für die Lagerbestände. Der Händler sieht sich in der aktuellen Marktsituation großen Risiken gegenüber.
Ein Maß für diese Risiken ist das Value-at-Risk des Unternehmens. Diese Maßzahl gibt an, wie viel Trafigura an einem normalen Handelstag theoretisch verlieren könnte.
Im Zeitraum von Oktober bis März erreichte diese Kennzahl durchschnittlich 244 Millionen USD. Dies entspricht dem Fünffachen des Vorjahresdurchschnitts (48 Millionen USD). Im Geschäftsjahr 2020 lag der VaR Wert noch bei 26 Millionen USD, 2019 bei lediglich 12 Millionen USD. Auch in den Jahren 2012-2018 war nie der Wert von 12 Millionen USD überschritten worden.
VaR auf Rekordwert: Handelsvolumina und Lagerbestände reduziert
Um den VaR Wert wieder unter Kontrolle zu bekommen, hat Trafigura Lagerbestände sowie Handelsvolumina reduziert und zudem auf sogenannte Back-to-Back-Trades zurückgegriffen.
Notwendig war dies insbesondere nach Kriegsausbruch. Damals war der VaR Wert über die interne Schmerzgrenze von 1 % des Konzerneigenkapitals gestiegen. Bloomberg zufolge gibt es Hinweise darauf, dass Trafigura sich nach wie vor einem hohen Risikolevel gegenübersieht. Im Mai soll der VaR Wert bei 133 Millionen USD gelegen haben.
Jeremy Weir, Chief Executive Officer von Trafigura, wiederholte gegenüber Bloomberg eine grundsätzliche Problemstellung der Branche. So habe extreme Volatilität zu höheren Nachschussforderungen und strengeren Positionslimits geführt. Dies habe die Aktivitäten verteuert und teilweise den Zugang zu Märkten eingeschränkt.
Erdöl + 14 %, Nichteisenmetalle + 16 %
Die volatilitätsbedingten Einschränkungen im Handel betrafen nicht alle Märkte des Unternehmens. Im Verlauf des Berichtszeitraums stieg die Menge an durch Trafigura gehandelten Erdölprodukten um 14 % auf 7,3 Millionen Barrel pro Tag. Einen deutlichen Anstieg um 16 % gab es auch bei den gehandelten Mengen im Bereich der Nichteisenmetalle.
Da in diesen Märkten zudem deutliche Preiserhöhungen zu verzeichnen waren, musste das Unternehmen zusätzliche Finanzierungsquellen anzapfen. Die Kreditlinien wurden um 7 Milliarden USD auf 73 Milliarden USD erhöht.
Bislang werden die Kredite vorwiegend durch Banken zur Verfügung gestellt. Trafigura hat jedoch auch die Fühler in Richtung Private Equity Fonds ausgestreckt, um sich alternative Finanzierungsquellen zu erschließen. Die Eigenkapitalbasis des Unternehmens belief sich Ende März auf 12,7 Milliarden USD.
Trafigura ist auch von Sanktionsmaßnahmen gegen Russland betroffen. So soll weniger Öl aus dem Land bezogen werden. Das Unternehmen teilte mit, die Beteiligung am Wostok-Ölprojekt zu veräußern. Das Projekt wird durch das russische Staatsunternehmen Rosneft (MCX:ROSN) PJSC betrieben. Trafigura hatte hier 1,6 Milliarden USD investiert, den Nettowert zum Ende des ersten Quartals aber auf -610 Millionen USD taxiert. Abnahmeverträge im Zusammenhang mit dem Projekt wurden beendet.
Beim Ausblick gibt sich der Rohstoffhändler optimistisch. Trotz der geopolitischen Situation sei eine „robuste Rentabilität“ zu erwarten. Hohe Volatilität ist für Rohstoffhändler ein zweischneidiges Schwert. Einerseits werden Finanzierung und Handel erschwert, andererseits steigen auch die Margen durch physische Arbitragemöglichkeiten deutlich.