Die USA erhöhen offenbar die Einfuhrzölle auf russisches Aluminium. Als Grund werden staatliche Eingriffe in den Markt durch Moskau genannt. Die Prämien auf Aluminium in den USA könnten nun deutlich steigen.
Das US-Handelsministerium hat Russland in der vergangenen Woche den Status als Marktwirtschaft entzogen. Dies berichtet unter anderem der Branchendienst Fastmarkets. Der Schritt dürfte zu höheren Zöllen auf russische Aluminiumlieferungen in die USA führen. Russland ist der drittgrößte Lieferant von Aluminium in die USA.
„Zunehmende Einmischung der Regierung in die Wirtschaft“
Das Handelsministerium sieht in dem Schritt eine notwendige Maßnahme gegen Preisdumping und beruft sich auch auf das bestehende Antidumpinggesetz. Der Entzug des Status einer Marktwirtschaft ermögliche es, auf Marktverzerrungen zu reagieren, die durch die zunehmende Einmischung der russischen Regierung in ihre Wirtschaft verursacht werde.
Dumping liegt definitionsgemäß vor, wenn ein Hersteller Produkte in den USA zu Preisen unterhalb seiner Produktionskosten oder seines Heimatmarktes verkauft. Dann sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, sogenannte Antidumpingzölle zu erheben. Diese verteuern das unfair subventionierte Gut im Empfängerland und führen dadurch zu einer Preisangleichung im Vergleich zu heimischen Produzenten.
Beobachter gehen davon aus, dass die Entscheidung des Handelsministeriums auch im Kontext des Ukrainekriegs zu sehen ist. Die USA hatten Russland 2002 den Status als Marktwirtschaft verliehen. Seit 2012 ist Russland Mitglied in der WTO.
Auch wenn zunächst vor allem russisches Aluminium von neuen Zöllen betroffen ist, könnte die Einstufung des Handelsministeriums auch andere Güter treffen. Die Aufhebung des marktwirtschaftlichen Status erlaube es, „strengere Antidumpingesetzen in zukünftigen Zollverfahren anzuwenden, die Metalle oder andere russische Importe betreffen“ – so das Ministerium.
Bald mehr als 100 % Einfuhrzoll?
Fastmarkets zitiert Robert DeFrancesco, Partner der Anwaltskanzlei Wiley Rein in Washington DC. Dieser erläutert, was der die neue Einstufung Russlands aus Sicht der US-Bürokratie konkret bedeutet.
Kommt es zur Eröffnung eines neuen Antidumpingverfahrens gegen Russland, werde das US-Handelsministerium dabei sein Instrumentarium für nicht marktwirtschaftlich organisierte Märkte anwenden um das Ausmaß des Preisdumpings zu ermitteln. Mit derselben Methode werden auch Verfahren zu Produkten aus China und Vietnam bearbeitet.
Die Konsequenz: Die Zölle auf russische Importwaren könnten 100 % übersteigen – dies ist bereits bei einigen Produkten aus China zu beobachten. Robert DeFrancesco betont zwar, dass dies von der jeweiligen Sachlage des Verfahrens abhänge – aber Zölle in diesem Bereich durchaus möglich seien.
Auch Edward Thomas von der Anwaltskanzlei Morris, Manning & Martin weist darauf hin, dass durch die neue Einstufung der russischen Wirtschaft die berechneten Dumpingspannen sehr wahrscheinlich „erheblich“ steigen würden.
Thomas erläutert auch die Hintergründe und verweist auf die bisherige Praxis mit China. Hier verwende das Handelsministerium nicht die durchschnittlich durch Unternehmen gemeldeten Kosten, sondern Ersatzwerte aus anderen Ländern.
Bislang gibt es nur einen Antidumpingzoll für ein Aluminiumprodukt aus Russland. Betroffen ist Folie, die mit einem Einfuhrzoll von 62,18 % belegt wird.
Bereits im April hatten die USA russische Aluminiumimporte mit höheren Zöllen belegt. Zahlten Aluminiumimporteure zuvor 10 %, wurden im Frühjahr zusätzliche Zölle von 10,5 % bis 40 % eingeführt. Seit Mitte Oktober läuft zudem eine Diskussion um ein komplettes Importverbot für russisches Aluminium.
Russische Aluminiumimporte deckten 2021 rund 4,4 % der US-Nachfrage. Dies berichtet Fastmarkets unter Berufung auf die Investmentbank Morgan Stanley (NYSE:MS). Ein Verbot könne ebenso wie Strafzölle zu einer Verknappung des Angebots führen und die Aufschläge auf verfügbares Aluminium erhöhen.