Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0778 (05:19 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0761 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 138,37. In der Folge notiert EUR-JPY bei 149,13. EUR-CHF oszilliert bei 0,9709.
Märkte: US-Schuldenthema belastet
Märkte litten gestern unter zunehmender Risikoaversion. Dafür waren zunächst enttäuschende Einkaufsmanagerindices aus Europa verantwortlich (siehe Datenpotpourri).
Entscheidender belastete das Thema der Erhöhung der US-Schuldenobergrenze im weiteren Tagesverlauf. Die Auseinandersetzungen bezüglich der Erhöhung der Schuldenobergrenze konnten bisher nicht beigelegt werden. Laut Medienberichten bleiben die Fronten verhärtet. Die US-Treasury ist derweil bemüht, fiskalische Spielräume zu generieren, indem geklärt wird, Zahlungen an "US-Agencies" verspätet erfolgen könnten. In der Folge der aktuellen Wendungen nahm an den Finanzmärkten Risikoaversion zu.
Aktienmärkte standen unter Druck, allen voran in den USA und Europa. In Fernost setzt sich das Thema der Kursverluste (0,50% - 1,00%) heute früh fort (Japan, China, Hongkong).
An den Rentenmärkten verstetigt sich das zuletzt leicht erhöhte Renditeniveau. Einlassungen von Bundebankpräsident Nagel als auch dem Chef der Deutschen Bank (ETR:DBKGn), Herrn Sewing, die ich unterstütze, implizieren weitere Leitzinserhöhungen, die für die Rentenmärkte nicht folgenlos bleiben werden. 10 jährige Bundesanleihen rentieren heute früh mit 2,47% (Vortag 2,45%). 10 jährige US-Staatsanleihen werfen eine Rendite in Höhe von 3,69% ab (Vortag 3,72%).
Obwohl die USA mit dem Schuldenobergrenzen-Dilemma das Kernproblem für die Finanzmärkte darstellen, kann der USD gegenüber dem EUR an Boden gewinnen. Gestern wurden im US-Handel Tiefstkurse bei 1,0761 markiert. Hintergrund ist der Reflex, dass der USD grundsätzlich, selbst bei US-Problemen, als sicherer Hafen wahrgenommen wurde und noch wird. Hinsichtlich der sukzessiven Erosion des US-Leitwährungsstatus, allen voran dem schleichenden Verlust in der Positionierung als Petro-USD (Verankerung nach Lösung vom Gold unter Präsident Nixon), sind diese Reflexe Ausdruck einer vergehenden globalen Machtposition.
Am Edelmetallmarkt konnte Gold etwas Boden gegenüber dem USD gutmachen. Das galt nicht für Silber. Losgelöst von kurzfristigen Schwankungen ergibt sich für edle Metalle mittel- und langfristig Aufwärtspotential, da sich die Erosion der westlichen Strukturen fortsetzt.
Deutschland: Die Lust auf Regulierung und Kontrolle
Teile der aktuellen Ampel-Regierung wagen sich auf immer neueres Terrain. Dieses neuere Terrain steht in einem Spannungsverhältnis zum Thema freier Bürger, Selbstbestimmung, Selbstverantwortung und Eigentum.
Nicht ohne Grund habe ich in meinem Buch "Endlich Klartext" (erschienen 2008) gewarnt, dass es Risiken für unsere innere Verfasstheit gibt. Seinerzeit formulierte ich in Vorwort und Nachwort das Risiko, dass wir zuerst die freien Märkte, dann die Demokratie verlieren könnten. Bundeswirtschaftsminister Habeck und Bundesbauministerin Geywitz wollen die Bundesländer und Kommunen verpflichten, verbindliche Pläne für klimaneutrale Wärmenetze vorzulegen.
Habeck und Geywitz fordern die Kommunen darin auf, Daten zum Energieverbrauch und zum Zustand jedes einzelnen Gebäudes zu ermitteln. Aus den Daten sollen dann Wärmepläne entstehen, um bis spätestens 2045 eine klimaneutrale Wärmeversorgung sicherzustellen. Das Kabinett solle das Gesetz noch vor der Sommerpause verabschieden. Großstädte ab 100.000 Einwohner sollen bis spätestens Ende 2026 entsprechende "Wärmepläne" erstellen. Kleinere Städte und Landkreise (bis100.000 Einwohner) hätten bis Ende 2028 Zeit.
Kommentar: Hier entsteht absehbar wieder mehr Bürokratie, die für den Investitionsstandort schädlich ist. Jedes Gebäude soll ultimativ staatlich "kontrolliert" werden können. Das Risiko, dass damit Übergriffigkeiten in das private Eigentum einhergehen könnten, sollte nicht ignoriert werden. Steht der potentielle Aufwand zu einem messbaren Ergebnis für das globale Klima oder geht es hier um Ideologie und Lust auf Kontrolle? Wie ist das Verhältnis der Grünen zu privatem Wohneigentum (u.a. Hofreiter 2021)?
Saudi-Arabien warnt!
Der Energieminister Saudi-Arabiens warnte gestern die Teilnehmer des internationalen Ölmarktes auf dem Katar Economic Forum. Diejenigen, die im April auf weiter fallende Preise gesetzt hatten, hätten sich die Finger verbrannt. Das könne sich in der aktuellen Situation wiederholen. In circa einer Woche findet das nächste OPEC+ Treffen statt. Dort würde die Zukunft der Ölpreispolitik bestimmt.
Warum nimmt sich der Energieminister Saudi-Arabiens dieses Themas an? Daten von Bloomberg belegen, dass die Handelspositionen von Hedge Funds und nicht kommerziellen Marktteilnehmern in der aggressivsten Form seit 2011 auf fallende Ölpreise ausgerichtet sind. Erkennbar ist das an den Netto-Longpositionen in Ölkontrakten. "Food for thought!"
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
Eurozone: PMIs enttäuschen
Einkaufsmanagerindices von HCOB Erstschätzungen per Mai
• HCOB PMI Verarbeitendes Gewerbe: 44,6 (Prognose 46,0) nach 45,8
• HCOB PMI Dienstleistungen: 55,9 (Prognose 55,6) nach 56,2
• HCOB Composite Index: 53,3 (Prognose 53,5) nach 54,1
Die Leistungsbilanz wies in der saisonal bereinigten Fassung einen Überschuss in Höhe von 31,16 Mrd. EUR nach zuvor 24,47 Mrd. EUR aus.
UK: PMIs enttäuschen
Einkaufsmanagerindices von HCOB Erstschätzungen per Mai
• PMI Verarbeitendes Gewerbe: 46,9 (Prognose 48,0) nach 47,8
• PMI Dienstleistungen: 55,1 (Prognose 55,5) nach 55,9
• Composite Index: 53,9 (Prognose 54,6) nach 54,9
USA: PMIs setzen im Dienstleistungssektor und Composite Index positive Akzente
Einkaufsmanagerindices von HCOB Erstschätzungen per Mai
• S&P PMI Verarbeitendes Gewerbe: 48,5 (Prognose 50,0) nach 50,2
• S&P PMI Dienstleistungen: 55,1 (Prognose 52,6) nach 53,6
• S&P Composite Index: 54,5 nach 53,4
Der Absatz neuer Wohnimmobilien stellte sich per April in der annualisierten Fassung auf 683.000 (Prognose 665.000) nach zuvor 656.000 (revidiert von 683.000). Der Richmond Fed Composite Index sank per Mai von zuvor -10 auf -15 Punkte und bewegt sich auf den zweitniedrigsten Niveau seit Frühjahr 2020 (02/2023 -16, 03/2020 -53).
Japan: Reuters Tankan Indices per Mai höher
• Reuters Tankan Index Verarbeitendes Gewerbe: +6 nach zuvor -3 Punkten
• Reuters Tankan Index Dienstleistungssektor: +25 nach zuvor +24 Punkten
Australien: Leitzinserhöhung um 0,25% auf 5,50%
Die Zentralbank Australiens hat den Leitzins (Cash-Rate) von zuvor 5,25% auf 5,50% erhöht (Prognose 5,50%).
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0700 – 1.0730 negiert dieses Szenario.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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