Zuviel Sicherheit ist auch kein guter Ratgeber am Aktienmarkt

Veröffentlicht am 03.10.2013, 10:09
Ich habe einen Artikel in der Welt gelesen, nachdem zunehmend ausländische Anleger die Aktien der DAX-Konzerne kaufen. Das liegt nicht etwa daran, dass die ausländischen Investoren mehr Geld hätten. Nein, es liegt an den deutschen Anlegern. Sie sind nicht bereit, in Aktien zu investieren, sondern parken ihr Geld lieber auf Festgeldkonten, Tagesgeldkonten, kaufen überteuerte Immobilien oder machen schlichtweg gar nichts.

Und das ist irgendwie schade, weil es viele deutsche Firmen gibt, die Weltmarktführer sind, die seit Jahren Wachstum generieren und Gewinne erzielen – und das teilweise trotz diverser Krisen und Untergangsszenarien. Natürlich profitieren wir auch ohne in Aktien investiert zu sein von dem Boom in Deutschland, weil dadurch Menschen Arbeit haben und Steuern bezahlt werden.

Wenn aber der mittlerweile seit mehr als einem Jahrhundert anhaltende Zyklus weitergeht und wir erneut nach der großen Seitwärtsbewegung der vergangen 15 Jahre eine 15 bis 20 Jahre dauernde Aufwärtsbewegung erleben, werden die deutschen Anleger daran nicht oder nur kaum beteiligt sein. Dabei wären gerade in diesem Fall jetzt gekaufte und in 15 Jahren stark gestiegene Aktien bei einer überalternden Gesellschaft ein gutes Ruhekissen für die Rente. Die Politik sollte also die Aktienkultur eher fördern. Aber das ist zurzeit wohl wie gegen Windmühlen reden...

Noch viel schlimmer


Doch wissen Sie, was noch viel schlimmer ist? Gerade weil wir hier in Deutschland so risikoscheu sind, wird das Spiel irgendwann richtig böse. Denn ich kann Ihnen schon heute sagen, wann sich das Blatt wieder wenden wird. Die Aktienkultur in Deutschland wird erst dann wieder richtig aufleben, wenn die Anleger auf einen langen, anhaltenden Aufwärtstrend zurückblicken können. Denn nur eine solche historische Entwicklung verschafft ihnen die nötige Sicherheit, auch mal ein kleines Spielchen mit Aktien zu wagen.

Als geneigter Börsianer wissen Sie, was dann kommt: Wenn die Bürger Aktien als DAS Anlageobjekt ihrer Wahl wiederentdecken, also nach einem mindestens 10 bis 15 Jahre andauerndem Aufwärtstrend, werden die Märkte wieder nahe ihrer Hochs stehen. Und dann wird es wieder wie im Jahr 2000 sein. Der Taxifahrer und die Bäckereifachverkäuferin, die Ihnen als altem Hasen Aktientipps geben, sind das sicherste Zeichen dafür, dass das nächste große Top mit anschließender 15 Jahre andauernder Seitwärtsbewegung nicht mehr weit entfernt ist. Alter Miesepeter…

Ich werde dann weit über 60 sein. Und die dann 30 bis 40jährigen werden mich wegen meiner Warnungen als alten, pessimistischen Miesepeter bezeichnen. Wahrscheinlich werden sie sogar eine Zeitlang Recht behalten, weil die Gefahr groß ist, ein oder zwei Jahre zu früh zu warnen …

Dass Angst kein guter Ratgeber an den Börsen ist, das ist bekannt. Aber zu viel Sicherheitsdenken ist bei Anlageentscheidungen ebenfalls ungünstig. Gerade angesichts der Überalterung und der Rentenproblematik müsste im Zusammenhang mit Aktien ein Umdenken bei den Anlegern stattfinden. Doch was „müsste“ nicht alles in dieser Welt. Und damit zum Markt.

Gestern ging es wider Erwarten rauf im DAX, heute wieder runter. Und das obwohl es in Italien, so wie es aktuell aussieht, keine Neuwahlen gibt und die alte Regierung weitermachen kann. Belastend wirkte sich, neben den immer noch andauernden politischen Problemen in den USA, aus, dass die ADP-Daten mit 166.000 neu geschaffenen Stellen außerhalb der Landwirtschaft deutlich schlechter ausgefallen sind als erwartet. Analysten hatten mit 180.000 Stellen gerechnet.

Und dieser eher schwache Wert im Zusammenhang mit einigen älteren US-Konjunkturdaten, die auch schlechter ausgefallen sind, lässt die Anleger natürlich vor der Veröffentlichung der offiziellen Arbeitsmarktdaten in den USA am Freitag vorsichtig werden. Im Moment sind also einfach zu viele Unsicherheitsfaktoren vorhanden, so dass die bisherige Aufwärtsdynamik ausgebremst wird.

Wobei ich, ehrlich gesagt, nicht einmal weiß, ob die offiziellen US-Arbeitsmarktdaten am Freitag überhaupt veröffentlicht werden. Schließlich könnte der Government-Shut-Down auch diese Veröffentlichung beeinflussen. Doch dazu finden sich bisher keine Hinweise…

Jochen Steffens
GmbH Stockstreet

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