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UN-Untersuchung der Gewalt an Grenze zu Gazastreifen gefordert

Veröffentlicht am 15.05.2018, 15:40
© Reuters. Palestinian demonstrator holds a sling during a protest marking the 70th anniversary of Nakba, near the Jewish settlement of Beit El, near Ramallah, in the occupied West Bank

- von Nidal al-Mughrabi

Gaza (Reuters) - Die Gewalt an der Grenze Israels zum Gazastreifen mit 60 Toten hat weltweit Forderungen nach unabhängigen Untersuchungen ausgelöst.

Deutschland, Großbritannien und der Menschenrechtsbeauftragte der Vereinten Nationen sprachen sich dafür aus, die Hintergründe der Gewalt durch die UN untersuchen zu lassen. Der UN-Sicherheitsrat sollte sich noch im Tagesverlauf mit den Vorfällen beschäftigen. Für den Dienstag wurden weitere Zusammenstöße befürchtet. Am Grenzzaun brachten sich israelische Soldaten und palästinensische Demonstranten in Stellung. Bis zum frühen Nachmittag blieb es jedoch weitgehend ruhig.

Am Dienstag begehen die Palästinenser den "Tag der Katastrophe", mit dem sie an ihre Vertreibung im Zuge der Staatsgründung Israels 1948 erinnern. Die meisten Demonstranten blieben zunächst in Zeltlagern, einige Gruppen näherten sich jedoch der Grenze. Sie zündeten erneut Reifen an und schleuderten Steine. Viele Geschäfte in Ost-Jerusalem blieben geschlossen, im Westjordanland heulten Sirenen 70 Sekunden lang.

Die Bundesregierung und Großbritannien riefen beide Seiten zu Mäßigung auf. Jeder Mensch habe das Recht auf friedlichen Protest, sagte der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Steffen Seibert. Dieses Recht dürfe nicht missbraucht werden, um Gewalt anzustacheln. Die Hamas lege es jedoch genau darauf an und agiere damit zynisch. Doch auch Israel müsse verhältnismäßig handeln. Auf Kritik stieß der Einsatz scharfer Munition. Der UN-Menschenrechtsberichterstatter in den Palästinensergebieten, Michael Lynk, sagte, das israelische Vorgehen könnte einem Kriegsverbrechen entsprechen.

Angeheizt wurde die Stimmung am Montag durch die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem am 70. Jahrestag der Staatsgründung Israels. Russland mahnte angesichts dessen zu Zurückhaltung in Nahost. Alle Länder sollten auf Handlungen verzichten, welche Spannungen provozieren könnten, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Die Palästinenser betrachten Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines künftigen eigenen Staates.

ACHT MONATE ALTES MÄDCHEN UNTER DEN TOTEN

Allein am Montag wurden 60 Palästinenser getötet, darunter mehrere Kinder. In der Nacht zum Dienstag starb ein acht Monate altes Mädchen, das Tränengas eingeatmet hatte. Seit Beginn der Proteste im März wurden nach Angaben von Ärzten 105 Palästinenser getötet. Aus Israel gibt es keine Berichte über Tote.

© Reuters. Palestinian demonstrator holds a sling during a protest marking the 70th anniversary of Nakba, near the Jewish settlement of Beit El, near Ramallah, in the occupied West Bank

Tausende Menschen nahmen am Dienstag an den Beerdigungen teil. Sie trugen palästinensische Flaggen mit sich, einige riefen nach Rache. "Mit Seele und Blut erlösen wir euch Märtyrer", riefen die Trauernden bei der Beisetzung von zwei Palästinensern in Chan Junis im Süden des Gazastreifens.

Mehr als 2200 Palästinenser wurden durch Schüsse oder Tränengas verletzt. Ein Großteil der Verwundeten werde lebenslang an den Folgen der Verletzungen leiden, teilte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen mit. Nach Angaben der Hilfsorganisation Save the Children wurden mindestens 1000 Kinder in den vergangenen sechs Wochen verletzt. "Die Situation im Gazastreifen verschlechtert sich rasch, und wir sind zutiefst besorgt über die physischen und auch psychologischen Folgen, welche die gegenwärtige Gewalt für Kinder und Familien hat", sagte Jennifer Moorehead, bei der Organisation zuständig für die Palästinensergebiet.

Im Gazastreifen leben mehr als zwei Millionen Menschen. Das Gebiet, das mit 360 Quadratkilometern nur wenig größer ist als Bremen, wird von Israel und Ägypten blockiert und ist Schauplatz einer humanitären Krise. Die seit dem 30. März andauernden Proteste stehen unter dem Motto "Der große Marsch der Rückkehr". Die Gebiete, aus denen Palästinenser vor 70 Jahren vertrieben wurden, liegen inzwischen in Israel.

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