Investing.com - Wie das Messer durch die heiße Butter ging der Ölpreis am Dienstag nach unten. Handelssorgen ließen das schwarze Gold auf den tiefsten Stand seit Anfang November zusteuern.
Die beiden Ölsorten West Texas Intermediate und Brent verbilligten sich jeweils um mehr als 2,4 Prozent. Es war der zweite Tagesverlust in Folge. Auslöser war eine Drohung des US-Präsidenten Donald Trump an sein chinesisches Pendant Xi Jinping. Peking solle bis zum 15. Dezember besser ein begrenztes Handelsabkommen mit Washington unterzeichnen. Ansonsten werden die Zölle für China „noch mehr steigen“, so Trump.
Für zusätzlich Tinte auf dem Füller sorgten Anzeichen dafür, dass Russland wieder Psychospiele spielte, ob das Land die Opec bei Produktionskürzungen unterstützen werde oder nicht. Zudem zeigen aktuelle Analystenschätzungen, dass die US-Rohöllagerbestände in der vergangenen Woche möglicherweise zum vierten Mal in Folge gestiegen sind.
Eine etwas geringere, aber nicht zu vernachlässigende Rolle beim heuten Ausverkauf am Ölmarkt spielte die Wahrnehmung, dass Saudi-Aramco, der staatliche Ölkonzern, mit seinem Börsengang am 5. Dezember deutlicher weniger erlösen wird als erwartet.
Das an der NYMEX gehandelte West Texas Intermediate (WTI) verbilligte sich um 3,03 Prozent oder 1,73 Dollar auf 55,41 Dollar je Barrel.
Einen Tag zuvor war die US-Ölsorte bereits um 1,2 Prozent gefallen, so dass die Rallye in der Vorwoche zum Erliegen kam.
Ein Fass der Nordseesorte Brent sank um 2,43 Prozent oder 1,52 Dollar auf 60,92 Dollar je Barrel.
Sinkende Rohölpreise drückten auch die Energieaktien (NYSE:XLE) nach unten. Der Energiesektor gehörte den zweiten Tag hintereinander zu den schwächsten der 11 Sektoren im S&P 500.
Der "Markt hat sein Momentum verloren und zieht sich nun zurück, nachdem er an einem Breakout über die 200-Tage-Linie gescheitert war", erklärte Scott Shelton vom Energie-Broker ICAP in Durham, N.C.
Am Montag zitierte CNBC eine chinesische Regierungsquelle, wonach Chinas Regierung die Chancen auf eine Lösung im Handelsstreit pessimistisch beurteilt.
Der langanhaltende Konflikt hat die Perspektiven für das Wirtschaftswachstum negativ beeinträchtigt und die Aussichten für die Ölnachfrage eingetrübt.
Russland dürfte sich indes beim Opec-Treffen im Dezember nicht zu tieferen Produktionseinschnitten bereit erklären, könnte sich aber verpflichten, die bestehenden Grenzen zur Unterstützung Saudi-Arabiens zu verlängern. Das berichtete Reuters unter Berufung auf drei Insider.
Innerhalb der als "Opec+" bekannten Gruppe der 14 Opec-Staaten gilt Russland als wichtiger Preisstabilisator für Öl.
Die Öl-Bullen verharmlosten jedoch die Berichte zu Russland.
"Praktisch jedes Mal, wenn wir diese Schlagzeile kriegen, geht Russland zum OPEC-Treffen und ist mit Förderkürzungen mit an Bord", sagte Danny Flynn, Rohstoffstratege bei der Price Futures Group in Chicago. "Das bedeutet, dass wir jetzt einen Ausverkauf sehen, der sich als goldener Kauf erweisen könnte."
Zudem schwinden die Hoffnungen auf eine Auslandsnotierung von Aramco (SE:ARAM). So wurden nicht nur Roadshows in den USA und Japan gestrichen, sondern nun auch in Großbritannien. Da die Weltbörsen damit außen vor bleiben dürften, wird Aramco mit seinem Börsengang wohl weniger erlösen als erwartet.
"Tatsächlich wurde der größte Teil des Geldes für den Börsengang von einigen der gleichen saudischen Prinzen investiert, die einen vollständig kostenpflichtigen Urlaub im Saudi Ritz Carlton bekamen, der das gleiche Motto wie das Hotel California trug - man konnte jederzeit auschecken, aber man durfte nie gehen", sagte Phil Flynn, Energieanalyst bei Price Futures Group.
Er bezog sich auf Riadhs Inhaftierung vieler seiner besten Geschäftsleute im saudischen Ritz Carlton im Jahr 2017 wegen Vorwürfen der Steuerhinterziehung. Sie wurden erst nach der Zahlung riesiger Vergleiche freigelassen.
Eine Top-Bewertung für Aramco sei so einfach nicht möglich, so Flynn.