EU-Regulierung erschwert es Unternehmen, Risiken mit Derivaten
abzusichern
Frankfurt am Main (ots) - EU-Regulierung EMIR: Unternehmen müssen
Derivate-Kontrakte ab 12. Februar 2014 an ein zentrales Register
melden / Prüfungspflicht für bestimmte Unternehmen / Immenser Aufwand
und hohe Kosten damit verbunden
Unternehmen, die Derivate einsetzen, müssen sich beeilen: Ab dem
12. Februar 2014 gilt eine Meldepflicht für den Einsatz von Derivaten
an ein Transaktionsregister. Diese Regelung gilt auch für Derivate,
die an Börsen gehandelt werden. Das ist ein Teil der EU-Verordnung
European Market Infrastructure Regulation (EMIR). Mit EMIR will die
EU den Handel mit Derivaten besser kontrollieren und somit
systemische Risiken im Derivatemarkt eindämmen. EMIR sieht zudem
strenge Regeln für den außerbörslichen OTC-Handel (Over The Counter)
von Derivaten vor. Ab einer bestimmten Grenze besteht für die
Unternehmen eine Clearingpflicht, zudem müssen sie für den
außerbörslichen Handel mit Derivaten ein eigenes Risikomanagement
installieren. Die Beachtung der EMIR durch Unternehmen ist dem
deutschen Gesetzgeber wichtig. Daher wurde in Deutschland ein
EMIR-Ausführungsgesetz erlassen. Demnach unterliegen bestimmte
Unternehmen zudem einer Prüfungspflicht: Sie müssen sich von einem
Wirtschaftsprüfer bescheinigen lassen, dass sie die Vorgaben von EMIR
einhalten. Ergeben sich nach dieser Prüfung Mängel, so ist die BaFin
zu unterrichten.
'EMIR bedeutet einen starken Eingriff in die
Absicherungsstrategien von Unternehmen', sagt PwC-Partner und
EMIR-Experte Thomas Schräder. 'Wenn Unternehmen Risiken bei
Rohstoffen, Zinsen oder Währungen mit Derivaten absichern wollen,
kommen in Zukunft höhere Kosten auf sie zu. Einige haben die Brisanz
noch nicht erkannt. Doch Unternehmen sollten die Vorgaben ernst
nehmen und so schnell wie möglich umsetzen. Denn andernfalls drohen
Meldungen an die BaFin und ggfls. hohe Bußgelder.'
Ein Großteil der Unternehmen ist von der neuen Regulierung
betroffen: Nach aktuellen Untersuchungen setzen 80 Prozent der
Unternehmen in Deutschland Derivate ein, um Risiken abzusichern. Bei
den Großunternehmen mit einem Jahresumsatz vom mehr als 100 Millionen
Euro wird die Zahl sogar auf 95 Prozent geschätzt. Derivate sind ein
beliebtes Instrument, um das Risiko von steigenden Rohstoffpreisen,
schwankenden Währungen oder Zinsanstiegen abzusichern. Die
Meldepflicht an das Transaktionsregister besteht immer dann, wenn
Unternehmen einen Derivatekontrakt abschließen, ändern oder vorzeitig
beenden. 'Unternehmen müssen Prozesse einführen und
Verantwortlichkeiten neu regeln, IT Systeme anpassen und
Steuerungsansätze im Umgang mit Kredit-, Zins-, Währungs- und
Rohstoffpreisrisiken hinterfragen', sagt Schräder.
In Zukunft müssen Unternehmen nicht nur eine generelle
Meldepflicht bei Derivaten beachten. Wenn sie Derivate außerbörslich
im OTC-Handel einsetzen, müssen sie ihr bestehendes Risikomanagement
anpassen und durch EMIR fest vorgeschriebene
Risikominderungstechniken installieren. Unter Umständen gilt auch
eine Clearingpflicht. Dabei definiert EMIR fünf Derivateklassen mit
Schwellenwerten von einer und drei Milliarden Euro. Wenn der
Nominalwert der Derivate den relevanten Schwellenwert überschreitet,
darf das Unternehmen das Geschäft nur noch über eine zentrale
Gegenpartei abwickeln. Falls das nicht möglich ist, müssen
Unternehmen bei ihrer Bank Sicherheiten hinterlegen. 'Das bedeutet
für Unternehmen hohe Kosten und hat mögliche Ein- und
Nachschusspflichten zur Folge', erklärt Schräder. Wenn Unternehmen
stets nachweisen können, dass sie mit dem Einsatz von Derivaten
ausdrücklich ihre Risiken reduzieren, entfällt diese Regelung zur
Clearingpflicht zwar. Aber die Beachtung der Melde- und
Risikomanagementpflicht bleibt auch dann gegeben.
Die Beachtung der EU-Verordnung EMIR durch Unternehmen ist dem
deutschen Gesetzgeber wichtig und soll daher zukünftig eng überwacht
werden. Nach dem deutschen EMIR-Ausführungsgesetz gilt für mittlere
und große Kapitalgesellschaften sowie für haftungsbeschränkte
Personenhandelsgesellschaften eine Prüfungspflicht. Sie müssen sich
jährlich von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bescheinigen
lassen, dass sie die EMIR-Vorgaben einhalten. Diese Pflicht greift
immer dann, wenn das Unternehmen mit konzernexternen
Geschäftspartnern im Geschäftsjahr 100 OTC-Derivatekontrakte
abgeschlossen hat oder das Nominalvolumen dieser Derivate die Grenze
von 100 Millionen Euro überschreitet. 'Die Umsetzung der
EMIR-Pflichten in der Praxis ist alles andere als trivial. Der Wille
des Regulierers ist nicht immer eindeutig zu verstehen. Zudem müssen
viele und komplexe Änderungen im Umgang mit Derivaten und
Geschäftspartnern vorgenommen werden. Unternehmen müssen sich die
EMIR Bescheinigung hart erarbeiten', sagt Schräder.
Mit den strengen Auflagen steigen die Kosten für die Absicherung
von unternehmerischen Risiken mit OTC-Derivaten. In der Konsequenz
wird das zu einer sinkenden Liquidität im Handel mit diesen
Instrumenten führen. 'Wenn Unternehmen also in Zukunft mit
maßgeschneiderten OTC-Derivaten ihre unternehmerischen Risiken
reduzieren wollen, müssen sie dafür mit höheren Kosten rechnen', sagt
Schräder. Er rechnet damit, dass in Zukunft vermehrt standardisierte
Derivate, die an Börsen gehandelt werden, zum Einsatz kommen. Damit
bedeutet EMIR einen starken Eingriff in die Abläufe und die
Sicherungsstrategien von Unternehmen.
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