Paris/Brüssel (Reuters) - Der französische Präsident Emmanuel Macron hat die Europäische Union vor einem Bruch mit ihrem Beitrittskandidaten Türkei gewarnt.
Die Türkei sei ein zentraler Partner der EU in vielen Krisen, sagte Macron am Donnerstag der griechischen Zeitung "Kathimerini". Als Beispiele nannte er die Flüchtlingsfrage und die Bedrohung durch Terrorismus. Auch Finnland und Estland plädierten für Dialog und warnten vor schnellen Entscheidungen. In der Bundesregierung neigt sich die Geduld mit Präsident Recep Tayyip Erdogan dagegen dem Ende entgegen. Kanzleramtsminister Peter Altmaier unterstrich, auch Deutschland habe eine Ehre.
Macron sagte, zwar habe sich die Türkei in den vergangenen Monaten von der EU wegbewegt und sei zu weit gegangen: "Aber ich möchte einen Bruch verhindern." Damit machte er deutlich, dass er in der Türkei-Politik nur bedingt mit Deutschland mitzieht.
Als Reaktion auf die Festnahmen deutscher Staatsbürger in der Türkei und wiederholter Verbalangriffe aus Ankara hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntag angekündigt, der EU-Kommission kein Mandat für Verhandlungen über die Ausweitung der Zollunion mit der Türkei zu geben und sich außerdem für ein Ende der Beitrittsverhandlungen einzusetzen.[nL8N1LK0PP] Beides müsste einstimmig in der EU beschlossen werden. Für ein Aussetzen der Beitrittsgespräche würde eine Mehrheit reichen.
Finnlands Außenminister Timo Soini sagte, er sei dagegen, die Beitrittsgespräche zu beenden: "Es ist immer nützlich, im Dialog zu sein." Sein estnischer Kollege Sven Mikser sagte, er erwarte nicht, dass die EU noch dieses Jahr eine Entscheidung fälle. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel wiederholte dagegen die deutsche Forderung, die Gespräche mit der Türkei zu stoppen.
Altmaier (CDU) warnte am Mittwochabend im ZDF: "Wenn immer Nazi-Vorwürfe erhoben werden gegen Deutschland, dann sage ich klipp und klar: Auch Deutschland hat eine Ehre, und wir werden uns gegen diese Vorwürfe zur Wehr setzen." Erdogan hatte zuvor Deutschland und die EU des Faschismus bezichtigt. Altmaier sagte angesichts von in der Türkei inhaftierten Deutschen wie dem Journalisten Deniz Yücel und dem Menschenrechtler Peter Steudtner: "Das lassen wir uns auch nicht bieten."
Grünen-Spitzenkandidat Cem Özdemir warf der Bundesregierung falsches Spiel vor. "Das, was Erdogan wirklich treffen würde, das macht die große Koalition nicht, weil sie sich nicht traut", sagte er. Erdogan "wehtun" würden etwa ein Aussetzen der Hermes-Bürgschaften, ein Stopp der Waffenlieferungen und eine "echte Reisewarnung", die Urlauber zur Stornierung ihrer Türkei-Reisen berechtigen würde.