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Veröffentlicht am 27.11.2012, 20:37
Börsen-Zeitung: Flickschusterei, Kommentar zur neuerlichen

Griechenlandhilfe, von Detlef Fechtner.

Frankfurt (ots) - Am Tag nach der erneuten Marathonsitzung der

Eurogruppe war gestern halb Brüssel damit beschäftigt, Tableaus mit

Dutzenden Zahlen zu verstehen. Zu begreifen, um wie viele Milliarden

es die akute Finanzlücke schmälert, wenn Zinsen für bilaterale

Hilfskredite um 100 Basispunkte sinken. Oder um wie viele

Prozentpunkte die Schuldenquote 2022 steigt, wenn die

Brückenfinanzierung via T-Bills fortgesetzt wird.

Alle diese Fragen sind bedeutsam, schließlich geht es um

Milliarden Euro der Steuerzahler. Und um die Aussichten für Hellas,

irgendwann der Schuldenspirale zu entrinnen. Doch darf die Analyse

der Details nicht den Blick auf das Ganze verstellen. So ist noch nie

so klar geworden wie gestern, dass es für die Absicherung

Griechenlands in der Währungsunion keine abschließenden Lösungen

geben wird - ja nicht einmal jene 'echten' und 'nachhaltigen'

Lösungen, von denen Politiker in den vergangenen Tagen schwadroniert

haben. Der jüngste Kompromiss ist erneute Flickschusterei und wirkt

wie der hektische Versuch, an allen Ecken und Enden noch ein paar

Millionen zusammenzukratzen. Gerade so, dass es bis zum nächsten Mal

reicht. Oder bis zur nächsten Wahl.

Zweitens macht das Ergebnis der Nachtsitzungen deutlich, dass

Hellas ein Dauerpatient ist: Griechenland ist Krisenland. Gestern

wurden zinsgünstige Kredite bis 2040 verlängert. Mit den

Zinssubventionen für Griechenland werden also noch Finanzminister zu

tun haben, die gerade erst Abitur machen.

Drittens schließlich belegt der vereinbarte Katalog der Maßnahmen,

dass es die Hilfe für Griechenland nicht umsonst gibt - auch wenn

Minister nicht müde werden, ständig zu beteuern, dass 'kein frisches

Geld' nötig werde. Denn wenn Euro-Staaten auf Zinseinnahmen

verzichten und wenn demnächst Hunderte Millionen Euro aus dem

Bundeshaushalt direkt nach Athen überwiesen werden, klingt es

unglaubwürdig, wenn so getan wird, als bedeute die Griechenlandhilfe

keine Belastung für die Bundesbürger.

Gerade in diesen Tagen hatten Finanzminister eine gute

Gelegenheit, um zu sagen: Ja, es kostet Geld, es kostet Nerven und es

kostet vor allem viel Geduld - und doch lassen wir Griechenland nicht

aus dem Euro rutschen, weil wir die damit verbundenen Risiken nicht

einzugehen bereit sind. Das wurde jedoch nur am Rande erwähnt, obwohl

das viele Bürger verstehen - ganz anders als die verwirrenden Zahlen

und Rechnungen, die eher Argwohn schüren, als dass sie Vertrauen in

Euroland zurückgewinnen helfen.

(Börsen-Zeitung, 28.11.2012)

Originaltext: Börsen-Zeitung

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