FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 21. März 2014. Die Risikoaversion der Vorwoche scheint verflogen, selbst russische Anleihen finden wieder Käufer.
Der Konflikt mit Russland, die Zinsentscheidung der Federal Reserve und der heutige Hexensabbat, wie der dreifache Verfallstermin für Optionen und Futures auf Aktien und Indizes auch genannt wird, bewegen laut Anleihehändlern die Anlegergemüter in dieser Woche. 'Das Ergebnis des Ukraine-Referendums überraschte allerdings nicht', meint Arne Hellwig von der Hellwig Wertpapierhandelsbank, auch wenn die politische Lage im Land weiterhin den Markt beeinflusse. 'Rund um die Ankündigung von Yellen, ab 2015 schrittweise den Zins anzuheben, hat der Bund-Future etwas korrigiert', beobachtet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank. Mittlerweile erhole sich das deutsche Rentenbarometer wieder und notiert am Freitagmorgen bei 142,40 Prozent. Die Kurse von Anleihen der EU-Peripherie konnten Hellwig zufolge ebenfalls leicht zulegen.
'Wie geschichtsträchtig die kommenden Tage und Wochen werden ist nach Auffassung von Klaus Stopp von der Baader Bank schwer vorherzusagen. 'An Themen mangelt es nicht.' Ob die Geldpolitik der Notenbanken, die Immobilienkrise in China oder die Wiedergeburt des Ost-West-Konflikts. 'All dies kann an den Märkten jederzeit größere Verwerfungen erzeugen.'
Russland mit schlechteren Karten
Ein Handelskonflikt würde Russland härter treffen als die westlichen Staaten, wie Stopp einschätzt. Auch wenn deutsche Banken in Russland ausstehende Forderungen in Höhe von 17 Milliarden Euro in ihren Büchern und hiesige Unternehmen dort 20 Milliarden Euro investiert hätten. Deutschland liefere überwiegend schwer zu ersetzende Produkte, während die Russen fast ausschließlich Rohstoffe wie Öl und Gas böten. 'Der Preis, den Moskau bei einer Eskalation der Krim-Krise zu zahlen hätte, wäre also ein hoher.' Auch ohne die Sanktionen leide die russische Wirtschaft. 'Der Rubel verlor allein in den vergangenen zwei Monaten gegenüber dem Euro 10 Prozent an Wert', ergänzt Hellwig.
Frisches Kapital wird teurer
Die gestrige Senkung der Bonitätsnote Russlands von 'stabil' auf 'negativ' durch die Ratingagentur Standard & Poor's reflektiert diese Einschätzung. Die derzeit hohen Handelsüberschüsse Russlands könnten der Agentur zufolge im Rahmen der Krise bis 2015 gänzlich verschwinden. Frisches Kapital gibt es damit für das Land vermutlich nur noch zu schlechteren Konditionen. Das S&P-Rating von BBB liege aktuell zwei Stufen über dem spekulativen Bereich, mit dem Ratingagenturen riskante Anlagen kennzeichnen.
Russische Anleihen beliebt
Investoren scheinen eine Eskalation des Konflikts erst einmal nicht zu erwarten. Stopp deutet die wieder leicht anziehenden Kurse für russische Anleihen als gewisse Gelassenheit unter Anlegern. Gesucht sei beispielsweise ein bis September 2020 laufender Bond in Euro (WKN A1HQXU) mit einem jährlichen Kupon von 3,625 Prozent. Eine auf Rubel lautende russische Anleihe (WKN A1HFLY) komme ebenfalls gut an. Der im Januar 2028 endfällige Bond rentiere aktuell um 9,19 Prozent.
Air Berlin im Sinkflug
Wie gewonnen so zerronnen. Für die Air Berlin ging es in dieser Woche drunter und drüber. Übernahmephantasien der Anleger hätten nach der Verschiebung der Bilanzpressekonferenz den Börsenwert des Unternehmens zunächst beflügelt. 'Rückzugsgerüchte des Hauptaktionärs Etihad, der mit 30 Prozent an Air Berlin beteiligt ist, eine mutmaßliche Abkehr Air Berlins von der Börse sowie Meldungen über eine mögliche Aufspaltung des Unternehmens ließen den Kurs wieder abstürzen', fasst Daniel zusammen.
Mittlerweile stünden alle Anleihen der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft unter Abgabedruck. Überwiegend verkauft würde beispielsweise der im November kommenden Jahres fällig werdende Bond (WKN AB100C) mit einem Kupon von 11,5 Prozent.
Gefraget Neuemissionen
Eine neue Anleihe der Aareal Bank (WKN A1TNC9) mit einem jährlichem Zins von 4,25 Prozent und einer Laufzeit bis März 2028 würde von Anlegern gut angenommen. 'Die Anleihe wurde die ganze Woche gekauft', registriert Daniel.
Ebenso legten Investoren sich verstärkt eine in diesem Monat aufgelegte mit 1,25 Prozent verzinste und bis 2017 laufende Anleihe vom Automobilzulieferer Hella (WKN A11QCZ) ins Depot.
Erholungstendenz bei Solarworld-Anleihe
Nach einer leichten Schwächephase habe sich die restrukturierte Anleihe der Solarworld (WKN A1YDDX) mit Fälligkeit im Februar 2019 im Bereich von 273 bis 277 Euro wieder stabilisiert, wie Hellwig berichtet. 'In dieser Woche wurde der Kupon auf 6 Prozent festgelegt.' Wobei dieser sich aus einer Grundverzinsung von 1 Prozent und einem Aufschlag von 5 Prozent zusammensetze. Die Anleihe ist eine Stücknotiz, d.h. anders als die meisten Anleihen wird ihr Wert in Euro und nicht in Prozent ausgedrückt.
SeniVita auf Erholungskurs
Nach dem Einbruch in der vergangenen Woche spricht Hellwig von einer 'deutlichen Erholung' einer in 2016 fälligen SeniVita Sozial-Anleihe (WKN A1KQ3C). 'Steigende Erlöse und ein höherer Jahresüberschuss im abgelaufenen Geschäftsjahr unterstützen den Rebound.' An das Niveau vor der Schwächephase könne die mit jährlich 6,5 Prozent verzinste Anleihe des größten privaten Betreibers von Einrichtungen zur Alten- und Behindertenhilfe aber noch nicht wieder anknüpfen.
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von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 21. März 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)