* Ölpreisanstieg könnte Wirtschaftswachstum bremsen
* Unsicherheit treibt Anleger in Gold und Staatsanleihen
- von Stefan Schaaf -
Frankfurt, 23. Feb (Reuters) - Öl gilt als der Schmierstoff
der Weltwirtschaft. Wenn das schwarze Gold wie zuletzt wegen der
Unruhen in Libyen teurer gehandelt wird, geraten Unternehmen in
Schwierigkeiten, der globale Konjunkturmotor kommt ins Stottern.
Das lässt Investoren noch unruhiger werden, sie verkaufen als
riskant geltende Aktien<.GDAXI><.STOXX50E> und treten die Flucht
in sichere Häfen wie Gold
Das am Rohstoffmarkt als richtungweisend geltende US-Öl der
Sorte WTI
"Eine Angebotsknappheit am Ölmarkt besteht derzeit allerdings nicht", erklären die Rohstoff-Analysten der Commerzbank. "Vielmehr ist es die Angst davor, welche den Preis derzeit steigen lässt." Das aktuelle Preisniveau ist nach Einschätzung von Ingo Mainert, für Multi-Asset-Anlagen verantwortlicher Manager bei der Fondsgesellschaft RCM, für die Kapitalmärkte gerade noch verträglich. "Mit der Entwicklung in Libyen steigt allerdings das Risiko, dass der Ölpreis stärker nach oben geht. Aber erst ab einem Preis über 120 Dollar dürften die Risiken deutlich wachsen", sagt der Experte der Tochter des Vermögensverwalters Allianz Global Investors.
Teureres Öl bedeutet für viele Unternehmen eine massive
Kostensteigerung und könnte nach Experteneinschätzung die
Erholung der Weltwirtschaft abwürgen. Schon im laufenden Jahr
rechnet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHT) mit
15 Milliarden Euro Mehrkosten für die deutsche Wirtschaft - bei
einem Ölpreis auf aktuellem Niveau. Mit jedem Anstieg des
Ölpreises um ein Prozent wären dem DIHT zufolge Mehrkosten von
500 Millionen Euro für die deutschen Firmen verbunden. Die Folge
wären wohl sinkende Unternehmensgewinne und damit fallende
Aktienkurse. Der Dax<.GDAXI> hat nach seiner jüngste Rekordjagd
in der laufenden Woche bereits mehr als zwei Prozent eingebüßt.
Würde der globale Konjunkturmotor stocken, fiele wohl auch die
Nachfrage nach Industriemetallen wie Kupfer
DOLLAR PROFITIERT NICHT VON GEOPOLITISCHER UNSICHERHEIT
Der Gegenwind für die Aktienmärkte könnte noch härter werden, wenn der steigende Ölpreis die Inflationsrate in die Höhe und damit die Notenbanken mit Zinserhöhungen auf den Plan ruft. "Das Thema Inflation ist in die Märkte zurückgekehrt und wird vom gestiegenen Ölpreis verstärkt", erläutert Mainert. Höhere Leitzinsen bedeuten für Unternehmen höhere Finanzierungskosten. Zugleich werden Zinspapiere für Anleger im Vergleich zu Aktien attraktiver.
Einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Mannheimer
ZEW-Instituts zufolge rechnen Finanzmarktprofis für Oktober mit
der ersten Zinserhöhung der EZB seit Sommer 2008. Damit dürften
die Frankfurter Währungshüter ihren US-Kollegen von der Federal
Reserve nach Einschätzung von Analysten einige Monate
zuvorkommen. Deshalb wird der Dollar nach Mainerts Einschätzung
wohl anders als bei anderen geopolitischen Krisen nicht der
Fluchthafen der Investoren sein. "Die EZB ist die
inflationssensiblere der beiden Notenbanken", begründet er den
festen Euro
Schwächelt der Dollar, so dürfte der Goldpreis seinen jüngsten Preisanstieg fortsetzten. Am Mittwoch kostete die Feinunze des Edelmetalls gut 1400 Dollar und damit fast 100 Dollar mehr als noch Ende Januar. "Gold bleibt für uns eine Versicherung gegen eine steigende Inflation", sagt Wenzel. Auch die als Risikoschutz geltenden Bundesanleihen waren zuletzt gefragt, die Renditen für Bundesanleihen fielen daraufhin. Doch je mehr sich Zinserhöhungsspekulationen verstärken, wird sich dieser Trend umkehren. "Die Renditen werden dann in der Breite hochgehen", prognostiziert Wenzel. "Allerdings rechne ich am kurzen Ende der Zinskurve mit einem stärkeren Anstieg. Das wäre dann eine Normalisierung."
(unter Mitarbeit von René Wagner; redigiert von Jörn Poltz)