Berlin (Reuters) - Die Hoffnung auf eine Einigung im Handelsstreit zwischen den USA und China hat den europäischen Aktienmärkten zum Wochenschluss Auftrieb verliehen.
Der Dax stieg am Freitagvormittag ein Prozent auf 12.092 Punkten, der EuroStoxx50 lag 0,9 Prozent höher bei 3379 Zählern. Die Anleger setzten trotz der jüngsten US-Zollerhöhung auf chinesische Importgüter darauf, dass beide Wirtschaftsmächte den Streit doch noch beilegen können. "Die Hoffnung auf eine Einigung in letzter Minute ist noch nicht gestorben, auch wenn technisch die höheren Strafzölle an diesem Morgen in Kraft getreten sind", sagte Jochen Stanzl, Chefanalyst beim Handelshaus CMC Markets.
Marktexperte Stephan Rieke von der Bank ODDO BHF bezeichnete es als ermutigend, dass US-Präsident Donald Trump darüber gesprochen habe, mit seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping zu telefonieren. "Wichtig ist, dass der Gesprächsfaden nicht abreißt - offenbar auch für die Marktteilnehmer, die mit der aktuellen Eskalation bemerkenswert gelassen umgehen." Das Angstbarometer VDax gab knapp zehn Prozent nach. "Allzu viel Gelassenheit sollten die Anleger aber in dieser Situation nicht an den Tag legen", warnte Milan Cutkovic, Marktanalyst beim Brokerhaus AxiTrader. "Scheitern die Verhandlungen heute, dürfte eine Neuaufnahme sehr schwierig werden." Auch weil Trump die Toleranz der chinesischen Regierung teste, wie lange sie bereit sei, unter massivem Druck zu verhandeln.
Die höhere Risikofreude lockte die Anleger aus dem Rentenmarkt. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen legte zu. Dennoch steuert sie auf den größten Wochenverlust seit sieben Wochen zu. Nach Einschätzung der Helaba-Experten spielten dabei neben dem Handelskonflikt auch die zunehmenden Spannungen zwischen den USA und dem Iran eine Rolle. Trump zeigte sich zwar gesprächsbereit und hatte am Donnerstag erklärt, dass ihn die Führung der Islamischen Republik zur Verabredung eines Treffens anrufen solle. Eine Militäraktion könne er jedoch angesichts der Spannungen nicht ausschließen. In Teheran stieß das Gesprächsangebot auf Ablehnung.
INSIDER: THYSSENKRUPP WIRD NICHT AUFGESPALTEN
Mit einem Kursplus von zeitweise mehr als elf Prozent setzten sich die ThyssenKrupp-Aktien nach einem Reuters-Bericht an die Dax-Spitze, wonach das Unternehmen auf die Aufspaltung verzichtet. Damit zieht ThyssenKrupp-Chef Guido Kerkhoff die Notbremse und legt seine beiden wichtigsten Projekte zu den Akten. Das Unternehmen erklärte, der Vorstand schlage vor, die lukrative Aufzugsparte stattdessen an die Börse zu bringen.
Im MDax gewannen die Gea-Papiere mehr als neun Prozent. Der seit drei Monaten amtierende Chef Stefan Klebert gab den Startschuss für den Umbau des unter Druck geratenen Anlagenbauers und will bis zu 250 Stellen streichen.Die Bechtle-Titel legten zeitweise knapp zehn Prozent zu. Bei dem schwäbischen IT-Händler brummt das Geschäft. Das verhalf dem europäischen Branchenindex zu einem Plus von 1,27 Prozent.
Die Aktien von Thomas Cook (LON:TCG) wurden von einem TV-Bericht über ein Interesse der Fluggesellschaft Virgin Atlantic am Langstreckengeschäft des britischen Reisekonzerns angetrieben. Die Papiere des hoch verschuldeten Unternehmens notierten bis zu 9,3 Prozent höher.