In meinem ETF-Portfolio befinden sich Produkte von drei verschiedenen Anbietern – comstage, iShares und Xtrackers. Wenn auch du ETFs besitzt, wird die Sache bei dir vermutlich ähnlich aussehen.
In den letzten Jahren hat allerdings – heimlich, still und leise – die Vanguard Group das deutsche Börsenparkett mit einer Vielzahl von Produkten betreten. Deren ETFs gelten als besonders günstig.
Die Frage, die wir ETF-Investoren uns nun stellen sollten, lautet daher: Wie viel günstiger sind die ETFs von Vanguard, gibt es einen Haken und sollten wir jetzt all unsere ETFs durch Vanguard-Produkte ersetzen?
Wer oder was ist Vanguard überhaupt? Auch wenn Vanguard hierzulande nicht sonderlich bekannt ist – von einer kleinen Zockerbude mit Start-up-Charakter kann nicht die Rede sein, ganz im Gegenteil! Vanguard-Gründer John Bogle gilt als Erfinder der passiv gemanagten Indexfonds – Vanguard hat den ETF also praktisch erfunden.
Unter den ETF-Anbietern ist man heute – weltweit betrachtet – die Nummer zwei hinter Blackrocks ETF-Sparte iShares. Verwaltetes Vermögen: rund 850 Mrd. US-Dollar (Quelle: statista.de, Stand: 2018), das ist eine unvorstellbare Menge an Kapital!
Übrigens empfiehlt niemand Geringeres als Warren Buffett himself – der wohl erfolgreichste Investor unserer Zeit – ETFs aus dem Hause Vanguard: Im Falle seines Todes hat er seiner Frau aufgetragen, ihr Geld wie folgt anzulegen: 10 % in kurzlaufende Staatsanleihen und 90 % in einen Indexfonds, der den S&P 500 nachbildet – am besten einen kostengünstigen von Vanguard.
Mein Fazit fällt daher ziemlich eindeutig aus: Es spricht in meinen Augen nichts Grundsätzliches dagegen, sein Geld in Vanguard-ETFs zu stecken – ich sehe keinen Haken.
Aber wie viel günstiger sind die ETFs von Vanguard eigentlich überhaupt?
Wie viel günstiger ist Vanguard denn überhaupt? Generell wird bei ETFs die TER ausgewiesen – die Total Expense Ratio. Dieser prozentuale Wert drückt die jährliche Gesamtkostenquote eines ETF aus, also alle Kosten, die für die Verwaltung des ETF anfallen. Diese Gebühr wird dem Fonds Tag für Tag entzogen, bis sie sich am Jahresende zur TER aufsummiert hat.
Du erhältst also keine Rechnung oder Ähnliches – die ETF-Gebühr wird dem Fondsvermögen ständig entnommen.
Wichtig zu verstehen: Die TER ist kein starrer Wert, sondern lediglich eine Orientierung. Mal fällt sie ein bisschen höher aus, mal ein bisschen niedriger. Noch wichtiger zu verstehen: Die Gebühren sind nicht der einzige Faktor, der die Performance eines ETF beeinflusst! Dinge wie die Tracking-Differenz haben ebenfalls einen Einfluss auf die Gesamtperformance.
Mit diesem Wissen können wir nun drei ETFs von iShares, Vanguard und Xtrackers miteinander vergleichen. Die ETFs von iShares und Xtrackers bilden jeweils den MSCI All Country World Index ab, der von Vanguard den FTSE All-World Index. Diese beiden Indizes sind bezüglich ihrer Zusammensetzung nicht identisch – aber vergleichbar.
iShares | Vanguard | Xtrackers | |
WKN | A1JMDF | A1JX52 | A1W8SB |
Fondsvolumen (in Mio. US-Dollar) | 752 | 2.301 | 275 |
Gesamtkostenquote (TER) p. a. | 0,60 % | 0,25 % | 0,40 % |
Kursentwicklung letzte 3 Jahre | + 35,8 % | + 36,1 % | + 37,5 % |
Und hier bestätigt sich in der Praxis, was ich eben in der Theorie beschrieben habe: Die Gesamtkostenquote ist nicht der einzige Faktor, der die Gesamtperformance beeinflusst! So ist in diesem Vergleich der ETF mit der zweitniedrigsten TER der mit der besten Performance (Xtracker), gefolgt vom günstigsten (Vanguard).
Der teuerste, nämlich der von iShares, ist allerdings auch der mit der schlechtesten Performance. Einen gewissen Einfluss haben die Kosten damit definitiv.
Lass uns nun noch einen weiteren Vergleich durchführen, diesmal für ETFs, die den S&P 500 abbilden.
iShares | Vanguard | Xtrackers | |
WKN | A0YEDG | A1JX53 | DBX0F2 |
Fondsvolumen (in Mio. US-Dollar) | 28.754 | 20.582 | 4.963 |
Gesamtkostenquote (TER) p. a. | 0,07 % | 0,07 % | 0,15 % |
Kursentwicklung letzte 3 Jahre | + 47,4 % | + 47,3 % | + 48,6 % |
Die ETFs von iShares und Vanguard sind vollständig replizierend, bilden den S&P 500 also eins zu eins nach. Der von Xtrackers hingegen ist synthetisch, er investiert nicht unmittelbar in die im Index enthaltenen Wertpapiere. Diese unterschiedliche Struktur sorgt dafür, dass er trotz einer doppelt so hohen TER in den letzten drei Jahren eine etwas bessere Kursentwicklung verzeichnen konnte als die beiden anderen ETFs.
Anmerkung: Das bedeutet natürlich nicht, dass synthetische ETFs generell besser sind als replizierende!
Wir haben nun also festgestellt, dass die Gesamtkostenquote nicht der einzige Einflussfaktor auf die Performance eines ETF ist – doch was bedeutet das nun für die vermeintlich günstigen ETFs von Vanguard?
Mein Fazit zu Vanguard, iShares und Co. Bei Vanguard wird penibel auf niedrige Kosten geachtet, man möchte seine ETFs so günstig wie möglich anbieten. Diese Bemühungen spiegeln sich in niedrigen Gesamtkostenquoten wider, was für uns Investoren natürlich eine schöne Sache ist.
Wesentliche Nachteile erkenne ich aktuell nicht – man sollte ETFs aus dem Hause Vanguard daher definitiv in den Auswahlprozess mit einbeziehen.
Da die TER allerdings nicht der einzig relevante Faktor für die Performance eines ETF ist, gibt es in meinen Augen keinen Grund, sein komplettes ETF-Portfolio auf Vanguard umzustellen. Gut möglich, dass die Kosten für diese Umstellung den positiven Effekt der TER sogar auffressen.
Fazit: ETFs von Vanguard sind eine interessante Alternative zu denen aus dem Hause iShares oder Xtrackers – welcher im Einzelfall der beste ist, hängt vom abgebildeten Index und dem persönlichen Anlageziel ab.
Panisch auf Vanguard-ETFs umstellen sollte man in meinen Augen jedenfalls nicht – in die Auswahl miteinbeziehen sollte man sie allerdings auf jeden Fall.
Thomas Brantl besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
Motley Fool Deutschland 2019