Investing.com - Enttäuschende Konjunkturdaten, schleppende Brexit-Verhandlungen, der Etatstreit mit Italien und schwache Vorgaben von der Wall Street und aus Asien werden den DAX auch heute begleiten, der gestern mit 11.166 Punkten auf den tiefsten Stand seit zwei Jahren kollabierte.
Nach Börsenschluss ging es für den DAX-Future sogar bis auf 11.041 Zähler abwärts, auch weil der Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq 100 auf neue Korrekturtiefs absackten. Gut 30 Minuten vor Börseneröffnung wird der DAX knapp 1 Prozent tiefer auf 11.076 Zähler taxiert.
Die Einkaufsmanagerindizes von Markit senden allmählich echte Warnsignale, vor allem die aus Europa. Der Gesamtindex aus Deutschland ist nach vorläufigen Berechnungen von 55 Punkten im Vormonat auf 52,7 iim Oktober gesunken und hat damit den tiefsten Stand seit 41 Monaten erreicht. Sorgen bereitet vor allem die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe, wo der Index 1,4 Punkte auf 52,3 Zähler im Oktober sank (tiefster Wert seit 29 Monaten).
Besser, aber trotzdem schwach präsentierte sich der Dienstleistungssektor, der mit 53,6 Punkten ebenfalls die Erwartungen von 55,5 verfehlte, aber einen massiven Preisschub signalisiert. Phil Smith, Chefvolkswirt bei Markit, sagte: „Der Preisdruck blieb hingegen hoch. So legten die Einkaufspreise wegen der Verteuerung von Öl und den daraus resultierenden gestiegenen Kraftstoff-und Transportkosten abermals stark zu, im Servicesektor sogar so rasant wie seit siebeneinhalb Jahren nicht mehr. Folglich wurden auch die Verkaufs-bzw. Angebotspreise für Güter und Dienstleistungen insgesamt kräftig angehoben“. In der Industrie sind die Verkaufspreise dagegen auf den niedrigsten Stand seit August 2017 abgesackt.
Insgesamt waren die gestrigen Einkaufsmanagerindizes eine „echte Enttäuschung“, da allesamt und durch die Bank auf einen Dynamikverlust hinweisen, „sowohl bei Produktion, als auch bei Auftragseingang und Beschäftigung“.
Ein weiterer Belastungsfaktor für den DAX war gestern das Zahlenwerk der Deutschen Bank (DE:DBKGn). Zwar versprach ihr Vorstandsvorsitzender Christian Sewing einen Gewinn (DE:DBKGn) für das Gesamtjahr 2018, aber die nackten Zahlen ließen Anleger an seinen Aussagen zweifeln. Die Erträge ließen weiter Federn und fielen um 9 Prozent auf 1,4 Mrd. Euro, während die Kosten nur um 1 Prozent gedrückt werden konnten.
Heute im Fokus die geldpolitische Entscheidung der Europäischen Zentralbank. Während die Risiken zwar recht ausgeglichen erscheinen, ist eine pessimistischere Bewertung der wirtschaftlichen Lage aufgrund der Vielzahl von Risikofaktoren in Form der Italien-Krise, den schleppenden Brexit-Verhandlungen, den Handelskrieg sowie den schwächeren Einkaufsmanagerindizes aus der Euro-Zone und den jüngsten Turbulenzen an den Märkten zu erwarten. Von dem eingeschlagenen Normalisierungskurs wird die EZB aber nicht abweichen und wahrscheinlich nähere Details zum Ende des Kaufprogramms bekanntgeben, insbesondere wegen der dynamisch steigenden Preise im Dienstleistungssektor.
Sven Henrich alias NorthmanTrader brachte es gestern in einem seiner Posts auf dem Kurznachrichtendienst Twitter ganz gut auf den Punkt, indem er einen Chart vom DAX zeigte und kommentierte: „So, Mario Draghi will also QE beenden, viel Glück“.
Charttechnisch gesehen ist der deutsche Leitindex stark angeschlagen. Weitere Verluste müssen einkalkuliert werden, vor allem wenn der DAX heute unter dem 50% Fibonacci-Retracement des gesamten Aufwärtsimpulses seit März 2009 bei 11.191 Punkten schließen sollte. Nächstes Anlaufziel wäre dann das ehemalige Ausbruchsniveau bei 10.786 Punkten. Auf der Oberseite bedarf es schon einer dynamischen Erholung über 11.850 Punkte, um den Bären den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Geschrieben von Robert Zach