Investing.com – Die Finanzmärkte haben kürzlich mit Erleichterung auf die Nominierung von Scott Bessent als neuen US-Finanzminister reagiert. Die Aktienindizes stiegen, als ob die Wirtschaftspolitik der USA nahtlos ihren bisherigen Kurs fortsetzen würde. Doch diese Annahme dürfte sich als fataler Irrtum erweisen. Die Analyse von Benjamin Picton, Senior Makroanalyst bei der Rabobank, zeigt, dass die Freude der Märkte verfrüht und ein großer Fehler ist. Ein genauerer Blick auf Bessents politische Ansätze und Trumps Einfluss zeigt eine ganz andere wirtschaftliche Realität, als sich die Märkte wünschen.
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Oberflächlicher Optimismus: Fehlinterpretation der Marktteilnehmer
Die Reaktionen der Märkte spiegeln einen oberflächlichen Optimismus wider, der auf der Ernennung eines „Wall Street Insiders“ basiert. Die Indizes wie der DOW und S&P500 verzeichneten erhebliche Zugewinne, als ob Bessents Ernennung Stabilität und Kontinuität verspräche. Benjamin Picton zufolge dürfte dieser Marktfrohsinn schon bald in Ernüchterung umschlagen. Bessent, der ehemalige Kollege von George Soros, mag zwar über einen eindrucksvollen Track Record im Finanzsektor verfügen, doch dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass er die gleiche „traditionelle“ wirtschaftspolitische Richtung einschlägt.
Scott Bessent: Ein Verfechter des Wandels?
Picton weist darauf hin, dass Bessent durchaus unorthodoxe Ansätze favorisieren dürfte, welche für die Märkte eine Herausforderung werden. Trotz seiner Vergangenheit an der Wall Street ist damit zu rechnen, dass Bessent Trumps protektionistischen und merkantilistischen Neigungen mehr als zugetan sein. Dafür spricht seine Unterstützung der erheblichen Ausweitung der US-Ölproduktion und der Senkung des Haushaltsdefizits. Solche Maßnahmen, die als disinflationär beschrieben werden, sollten tiefgreifende Auswirkungen auf die Wirtschaft haben.
Des Weiteren ist bekannt, dass Bessent für die Ernennung eines „Schatten-Fed-Vorsitzenden“ plädiert. Dies würde dem Präsidenten eine erweiterte Kontrolle über wirtschaftspolitische Entscheidungen verleihen, was die Unabhängigkeit der Fed erheblich einschränkt. Solche Entwicklungen würden einen Paradigmenwechsel signalisieren und dürften die Märkte erheblich verunsichern. Piton schreibt:
Neben seiner langjährigen Karriere als erfolgreicher Manager von Makro-Fonds hat Bessent auch Vorlesungen in Wirtschaftsgeschichte an der Yale University gehalten, und wie im Wall Street Journal berichtet wurde, möchte er an der „großen globalen wirtschaftlichen Neuordnung“ beteiligt sein, die seiner Meinung nach stattfindet. Vielleicht im Gegensatz zu der gestrigen Preisaktion ist Bessent nicht gegen die Anwendung von Zöllen, und sein Eintreten für die Ernennung eines „Schatten-Fed-Vorsitzenden“ als eine Form der „Forward Guidance“ (von der Exekutivregierung initiiert) deutet darauf hin, dass er offen für politische Maßnahmen ist, die die Unabhängigkeit der Fed einschränken und dem Präsidenten mehr Kontrolle über die gesamte Palette der wirtschaftspolitischen Hebel geben würden.
Die Gefahren der Sorglosigkeit: Märkte auf dem falschen Pfad
Investoren, die die Ernennung Bessents als Rückkehr zur wirtschaftlichen Orthodoxie der letzten drei Jahrzehnte interpretieren, übersehen möglicherweise wichtige Anzeichen eines sich anbahnenden Umbruchs. Picton hebt hervor, dass das weltweite wirtschaftliche Umfeld sich hin zu mehr staatlicher Kontrolle entwickelt, womit die Globalisierung und der freie Handel eindeutig auf dem Rückmarsch sind. Das wird zwangsläufig die Effizienz verringern und die Produktionskosten erhöhen, was in der Vergangenheit der Garant für stabile globale Märkte wr.
Kommende Herausforderungen: Ein Umdenken ist gefragt
Was bedeutet dies für die Zukunft der Finanzmärkte? Wenn Bessents Ansätze umgesetzt werden – eine Rückkehr zum Protektionismus und die Neuordnung der Wächterstrukturen – dürften die Märkte mit erhöhter Volatilität und Unsicherheit konfrontiert werden. Investoren müssten sich auf schwankende Währungen, unvorhersehbare Zinsmärkte und zerrüttete globale Handelsbeziehungen einstellen.
Picton argumentiert, dass dies nicht nur eine kurzfristige Anpassung verlangt, sondern ein grundlegendes Umdenken in Bezug auf Investitionsstrategien. Ein merkantilistischer Ansatz, der staatliche Ziele über Produktionsoptimierung und Preisniveaustabilität stellt, wird die Rahmenbedingungen für Investitionen nachhaltig verändern.
Blindes Vertrauen in den Status quo kann teuer werden
Insgesamt mag die Ernennung von Scott Bessent bei oberflächlicher Betrachtung Stabilität suggerieren, doch die zugrundeliegenden politischen Überzeugungen könnten eine ganz andere Richtung einschlagen. Die Märkte müssen lernen, den Schleier der Selbstzufriedenheit abzulegen und sich auf potenzielle Herausforderungen vorzubereiten, die tief in den wirtschaftlichen Verflechtungen unserer globalisierten Welt verwurzelt sind.
Die kommenden Monate werden entscheidend sein. Investoren tun gut daran, ihre Strategien zu überdenken und sich nicht auf trügerische Gewissheiten zu verlassen. Ein falsches Gefühl der Sicherheit könnte ansonsten möglicherweise verheerende wirtschaftliche Folgen mit sich bringen.
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