PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die Anleger an Europas wichtigsten Aktienmärkten haben sich von der Aufbruchstimmung an den US-Börsen am Mittwoch nicht anstecken lassen. Abbröckelnde Ölpreise und eine laut Händlern anhaltende Unsicherheit über die künftige US-Politik hätten die Kauflaune der Aktionäre gedämpft, obwohl der Dow-Jones-Index am Dienstag erstmals über die Marke von 19 000 Punkten gestiegen war.
Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) verlor am Vormittag 0,25 Prozent auf 3036,83 Punkte, nachdem er am Vortag um 0,37 Prozent gestiegen war. Für den französischen Cac-40-Index (CAC 40) ging es am Mittwoch um 0,19 Prozent auf 4539,79 Punkte abwärts. Dagegen stieg der britische FTSE-100-Index (ISE:UKX) - getragen von der fortgesetzten Rally der Rohstoffaktien - um 0,86 Prozent auf 6878,61 Punkte.
"Wir leben in einer Welt der zwei Geschwindigkeiten. Die amerikanischen Börsen antizipieren eine Wachstumsbeschleunigung und höhere Inflation in 2017, die europäischen Märkte sehen maues Wachstum und geringe politische Planungssicherheit", stellte Börsenexperte Jochen Stanzl von CMMC Markets fest. Laut Helaba-Analyst Christian Schmidt "drängt sich die Frage auf, ob es sich bei dem derzeit dynamiklosen Handel um eine Art Ruhe vor dem Sturm, oder aber um eine Phase des Luftholens handelt".
Frische Impulse könnte am Nachmittag eine ganze Palette an US-Konjunkturdaten liefern. Noch mehr im Fokus der Märkte wird allerdings die am Abend anstehende Bekanntgabe des Protokolls der jüngsten US-Notenbanksitzung stehen. Anleger erwarten sich davon weitere Hinweise auf eine Zinserhöhung der Fed im Dezember.
Unter den Einzelwerten zogen die Papiere von Thomas Cook (XETRA:TCG) (ISE:TCG) mit einem Plus von fast 7 Prozent die Aufmerksamkeit auf sich. Europas zweitgrößter Touristikkonzern hatte für das abgelaufene Geschäftsjahr einen unerwartet hohen bereinigten operative Gewinn ausgewiesen. Zudem sollen die Anteilseigner mit 0,5 Pence je Aktie die erste Dividende seit fünf Jahren erhalten.
Mit einem Kursgewinn von mehr als 2 Prozent standen die Aktien von Vinci (PSE:PDG) (STU:SQU) an der Spitze des EuroStoxx-50-Index. Am Dienstag waren die Titel des Bau- und Dienstleistungskonzerns wegen einer Falschmeldung kurzzeitig um mehr als 18 Prozent eingebrochen. Trotz einer deutlichen Erholung hatten sie immerhin noch fast 4 Prozent an Wert verloren. Auslöser des Kursrutsches war eine fingierte Unternehmensmitteilung, in der von gefälschten Konzernabschlüssen und einem Rücktritt des Finanzvorstands die Rede war. Vinci hatte dies kurz danach dementiert und von einer Hacker-Attacke gesprochen.
Europas drittgrößter Versicherer Generali (MI:GASI) (AFF:G) (ETR:ASG) reagiert mit neuen Einsparungen auf die schwierige Lage der Branche. Die Italiener wollen sich aus weniger rentablen Märkten zurückziehen und die Strukturen in anderen Ländern straffen. Einen Bericht über den Abbau mehrerer Tausend Arbeitsplätze wies Vorstandschef Philippe Donnet aber zurück. An der Börse wurden die Nachrichten mit Enttäuschung aufgenommen: Die Generali-Aktien sackten um rund 3,5 Prozent ab und büßten damit ihren Kursgewinn vom Vortag praktisch wieder ein.
Dagegen profitierten Michelin-Papiere (FSE:MCH) (PSE:PML) von einer Kaufempfehlung der US-Investmentbank Goldman Sachs (NYSE:GS). Analystin Lucile Leroux stufte die Aktien von "Neutral" auf "Buy" hoch und erhöhte das Kursziel von 98 auf 114 Euro. Sie erwartet beim französischen Reifenhersteller für die kommenden Jahre erheblichen Verbesserungen in puncto Liquidität und Profitabilität.