Berlin (Reuters) - Nach monatelangem Stillstand kommen Union und SPD bei dem Vorhaben voran, mehr finanzielle Anreize für ein längeres Erwerbsleben zu schaffen.
Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) werde den Gesetzentwurf zur sogenannten Flexi-Rente zur Abstimmung an die anderen Ministerien schicken, sagte eine Sprecherin am Mittwoch. Dies sei beim Treffen der Spitzen von CDU, CSU und SPD am Dienstagabend vereinbart worden. Davon losgelöst hält die Koalition laut CSU-Chef Horst Seehofer daran fest, für eine Rentenreform "ein Gesamtkonzept mit vielen Stellschrauben" anzustreben. Ob das noch vor der Bundestagswahl gelinge, ließ er offen: "Es kann sein."
Bei der Flexi-Rente setzt Nahles damit Eckpunkte um, auf die sich Fachpolitiker beider Fraktionen vor einem halben Jahr verständigt hatten. Wer mit 63 Jahren in eine Teilrente geht, soll mehr vom Zuverdienst zu den Altersbezügen behalten können. Arbeitgeber werden bei den Sozialbeiträgen entlastet, wenn sie Rentner über das Erreichen der Altersgrenze hinaus beschäftigen. Zudem soll ein Rentner stärker von den Rentenbeiträgen profitieren, die ein Arbeitgeber für ihn zahlt.
Die Überlegungen in der Regierungskoalition für weitere Reformen bleiben davon unberührt. Die Parteichefs von CDU, CSU und SPD hatten sich dazu am Dienstagabend auch mit der Spitze der Arbeitgeber ausgetauscht. Ein ähnliches Treffen ist mit dem DGB geplant. Er kenne niemanden, der nicht bestätigen würde, dass Handlungsbedarf bestehe, sagte Seehofer in Berlin. Mit Einzelvorschlägen sei aber niemandem gedient. Ein Gesamtkonzept müsse von der gesetzlichen Rente über die betriebliche bis hin zur privaten Vorsorge reichen und auch die Frage beinhalten, "in welcher Form sich die Steuerzahler daran beteiligen".
UNION SIEHT ANREIZ FÜR LÄNGERES ARBEITEN
"Mit der Flexi-Rente wollen wir Frühverrentung vermeiden und Anreize zum längeren Verbleib im Erwerbsleben erhöhen", sagte der CDU-Politiker Karl Schiewerling. Seine SPD-Kollegin Katja Mast, mit der Schiewerling im November die Eckpunkte vorgelegt hatte, erklärte: "Das ist ein Meilenstein, um vor und nach der Regelaltersgrenze flexible Übergänge altersgerechter zu machen." Der CDU-Wirtschaftspolitiker Carsten Linnemann sprach von einem "Signal, dass Arbeiten im Alter attraktiv ist". Die Flexi-Rente hatte die Union bei der Verabschiedung der abschlagfreien Rente mit 63 zur Bedingung gemacht, weil diese als Anreiz für ein frühes Ausscheiden aus dem Job gewertet wurde.
Die Tragweite der Flexi-Rente ist nach Einschätzung der Arbeitgeber aber nicht sehr groß. Sie werde "nur sehr begrenzte Wirkung auf die Beschäftigung Älterer haben", erklärte ihr Spitzenverband BDA. Es habe der Koalition "der Mut zu spürbaren Erleichterungen" gefehlt. Grünen-Politiker Markus Kurth forderte die Möglichkeit einer Teilrente ab 60 Jahren ohne Abschläge für "gesundheitlich belastete Beschäftigte".