FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 16. Oktober 2013. Die US-Finanzkrise hält Anleger nicht vom Anlegen ab, schon gar nicht die Privaten. Das könnte ihnen zum Verhängnis werden.
Noch vor gut drei Wochen hat kaum ein Finanzmarktteilnehmer mit dem radikalen Ausgabenstopp in den USA gerechnet. Als dieser zum ersten Oktober dann doch eingeläutet wurde, haben eben diese Akteure wiederum nicht daran geglaubt, dass der Stopp bis heute andauern würde. Und nun sind ausgerechnet sie es, die fest darauf bauen, dass der US-Kongress in letzter Minute zu einem Kompromiss findet, der das Sprengen der Schuldengrenze verhindern wird.
Man muss schon großes Vertrauen in die US-Politiker haben, um so viel Zuversicht auszustrahlen. Die von der Börse Frankfurt befragten Investoren scheinen damit kaum Probleme zu haben. Doch nicht nur sie, auch weltweit üben sich Finanzmarktakteure in Gelassenheit. Aktien solle man kaufen, die Warnungen der Rating-Agenturen ignorieren und sich nicht verrückt machen lassen, heißt es da: Der Stichtag am 17. Oktober sei schließlich ein biegsames Datum, das US-Finanzminister Lew umgehen könne und somit noch für ein oder zwei Wochen Spielraum im Staatshaushalt gegeben sei. Wer dies alles hört, sollte beginnen, Fragen zu stellen. Warum bleiben die Finanzmärkte angesichts der größten Bedrohung der vergangenen Jahre so gelassen? Warum hat man sich dann eigentlich vor der potenziellen Pleite Zyperns oder ähnlich dramatischen Ereignissen in der Vergangenheit gefürchtet?
US-Eklat allerorten spürbar
Die Auswirkungen der US-Haushaltskrise sind bereits überall zu spüren: in Deutschland und sogar im Weltall. Da die staatliche Weltraumbehörde fast ihr gesamtes Personal in Zwangsurlaub schicken musste, werden im All keine Fotos mehr geschossen. Ohne die schönen Aufnahmen der NASA, kann wiederum das Bayerische Fernsehen seine Sendung Space Night nicht ausstrahlen. Was sich oberflächlich wie eine Lappalie anhört, bedeutet jedoch verloren gegangene Wirtschaftskraft. Und für solche Verluste gibt es noch zahlreiche andere Beispiele. Die Vereinigten Staaten verspielen mit dem Haushaltseklat also nicht nur Vertrauen, sondern auch bares Geld.
Betrachtet man das heutige Ergebnis unserer Sentiment-Umfrage, könnte man meinen, einige Anleger seien nun doch durch die zuvor beschriebenen Ereignisse aufgeschreckt worden. Gegenüber der Vorwoche hat sich der Bärenanteil nämlich um sechs Prozent erhöht und somit der Optimismus ein wenig reduziert. Doch bei genauerer Betrachtung liegt jener noch immer auf Höhe des Jahresdurchschnitts. Und ein Blick auf die Kursziele der neuen Pessimisten (siehe Prognosedetails) offenbart, dass es nicht die Angst vor einem Crash gewesen ist, der die institutionellen Anleger zum Verkauf bewogen hat. Vielmehr dürfte die Verschiebung mit dem neuen Allzeit-Hoch im DAX einhergehen. Der Markt ist nicht mehr allzu günstig bewertet, dürfte sich der eine oder andere gedacht haben, da können Gewinnmitnahmen nichts schaden. Dabei haben sie jedoch immer im Hinterkopf, kleine Schwächeperioden des Aktienmarktes gleich wieder zum Einstieg zu nutzen.
Weit mutiger als die Profis sind hingegen die Privatanleger, deren Bullenlager weiter gewachsen ist. Kein Wunder, wenn vorwiegend über positive Aussichten der Aktienmärkte berichtet und wenig vor dem kritischen Zustand der US-Finanzen gewarnt wird. Der Bull/Bear-Index der Privatanleger stieg auf das höchste Niveau seit Ende Juni, nämlich auf 62,1 Punkte.
Man kann es drehen und wenden wie man will: Der drohende Zahlungsausfall der USA ist ein Risikoereignis, das, abgesehen vom Markt für kurzlaufende US-Staatspapiere, kaum eingepreist wird. Enttäuscht der US-Kongress die Investoren, wird wohl nicht nur das Vertrauen an der Börse abstürzen.
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von Gianni Hirschmüller, cognitrend für boerse-frankfurt.de
© 16. Oktober 2013
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Noch vor gut drei Wochen hat kaum ein Finanzmarktteilnehmer mit dem radikalen Ausgabenstopp in den USA gerechnet. Als dieser zum ersten Oktober dann doch eingeläutet wurde, haben eben diese Akteure wiederum nicht daran geglaubt, dass der Stopp bis heute andauern würde. Und nun sind ausgerechnet sie es, die fest darauf bauen, dass der US-Kongress in letzter Minute zu einem Kompromiss findet, der das Sprengen der Schuldengrenze verhindern wird.
Man muss schon großes Vertrauen in die US-Politiker haben, um so viel Zuversicht auszustrahlen. Die von der Börse Frankfurt befragten Investoren scheinen damit kaum Probleme zu haben. Doch nicht nur sie, auch weltweit üben sich Finanzmarktakteure in Gelassenheit. Aktien solle man kaufen, die Warnungen der Rating-Agenturen ignorieren und sich nicht verrückt machen lassen, heißt es da: Der Stichtag am 17. Oktober sei schließlich ein biegsames Datum, das US-Finanzminister Lew umgehen könne und somit noch für ein oder zwei Wochen Spielraum im Staatshaushalt gegeben sei. Wer dies alles hört, sollte beginnen, Fragen zu stellen. Warum bleiben die Finanzmärkte angesichts der größten Bedrohung der vergangenen Jahre so gelassen? Warum hat man sich dann eigentlich vor der potenziellen Pleite Zyperns oder ähnlich dramatischen Ereignissen in der Vergangenheit gefürchtet?
US-Eklat allerorten spürbar
Die Auswirkungen der US-Haushaltskrise sind bereits überall zu spüren: in Deutschland und sogar im Weltall. Da die staatliche Weltraumbehörde fast ihr gesamtes Personal in Zwangsurlaub schicken musste, werden im All keine Fotos mehr geschossen. Ohne die schönen Aufnahmen der NASA, kann wiederum das Bayerische Fernsehen seine Sendung Space Night nicht ausstrahlen. Was sich oberflächlich wie eine Lappalie anhört, bedeutet jedoch verloren gegangene Wirtschaftskraft. Und für solche Verluste gibt es noch zahlreiche andere Beispiele. Die Vereinigten Staaten verspielen mit dem Haushaltseklat also nicht nur Vertrauen, sondern auch bares Geld.
Betrachtet man das heutige Ergebnis unserer Sentiment-Umfrage, könnte man meinen, einige Anleger seien nun doch durch die zuvor beschriebenen Ereignisse aufgeschreckt worden. Gegenüber der Vorwoche hat sich der Bärenanteil nämlich um sechs Prozent erhöht und somit der Optimismus ein wenig reduziert. Doch bei genauerer Betrachtung liegt jener noch immer auf Höhe des Jahresdurchschnitts. Und ein Blick auf die Kursziele der neuen Pessimisten (siehe Prognosedetails) offenbart, dass es nicht die Angst vor einem Crash gewesen ist, der die institutionellen Anleger zum Verkauf bewogen hat. Vielmehr dürfte die Verschiebung mit dem neuen Allzeit-Hoch im DAX einhergehen. Der Markt ist nicht mehr allzu günstig bewertet, dürfte sich der eine oder andere gedacht haben, da können Gewinnmitnahmen nichts schaden. Dabei haben sie jedoch immer im Hinterkopf, kleine Schwächeperioden des Aktienmarktes gleich wieder zum Einstieg zu nutzen.
Weit mutiger als die Profis sind hingegen die Privatanleger, deren Bullenlager weiter gewachsen ist. Kein Wunder, wenn vorwiegend über positive Aussichten der Aktienmärkte berichtet und wenig vor dem kritischen Zustand der US-Finanzen gewarnt wird. Der Bull/Bear-Index der Privatanleger stieg auf das höchste Niveau seit Ende Juni, nämlich auf 62,1 Punkte.
Man kann es drehen und wenden wie man will: Der drohende Zahlungsausfall der USA ist ein Risikoereignis, das, abgesehen vom Markt für kurzlaufende US-Staatspapiere, kaum eingepreist wird. Enttäuscht der US-Kongress die Investoren, wird wohl nicht nur das Vertrauen an der Börse abstürzen.
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von Gianni Hirschmüller, cognitrend für boerse-frankfurt.de
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