FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Die Sorgen um eine Finanzkrise 2.0 sind zwar noch nicht weggewischt. Erst einmal wird aber aufgeatmet wegen des Eingreifens der US-Aufsichtsbehörden in Sachen Silicon Valley Bank.
13. März 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die Pleite der Silicon Valley Bank SVB in den USA hat böse Erinnerungen an die Finanzkrise 2007/2008 geweckt. Bei dem Institut, spezialisiert auf die Finanzierung von Start-ups, war es vergangene Woche wegen Verlusten im Anleiheportfolio und Liquiditätssorgen zu massiven Kapitalabzügen gekommen. US-Finanzministerin Janet Yellen, US-Notenbankchef Jerome Powell und die US-Einlagensicherung FDIC erklärten heute Nacht aber, dass alle Kundeneinlagen verfügbar sein sollen - auch über die Obergrenze von 250.000 US-Dollar hinaus. Das gelte auch für die New Yorker Signature Bank (NASDAQ:SBNY), die am gestrigen Sonntag von ihrer staatlichen Zulassungsbehörde geschlossen wurde.
Wie Christian Henke von IG feststellt, hat die finanzielle Schieflage bei SVB den gesamten Bankensektor dies- und jenseits des Atlantiks gen Süden gezogen. "Prompt kam Angst vor einer Bankenkrise auf. Die Outperformance des europäischen Bankensektors hat ein jähes Ende gefunden." Christian Apelt von der Helaba kommentiert: "Die Schwierigkeiten der Silicon Valley Bank zeigen, dass die geldpolitische Straffung auch ungewollte Nebenwirkungen - wenn auch eher indirekt - haben kann."
Dow Jones: Jahresgewinn dahin
Die US-Börsen (ETR:SXR4) waren am Freitag weiter gefallen, der Dow Jones um 1,07 Prozent, der Nasdaq 100 1,4 Prozent. Der Dow Jones liegt mittlerweile auf dem tiefsten Stand seit November. Auch der DAX hatte erst mit Verlusten reagiert, fing sich dann aber. Am Montagmorgen liegt der Index noch knapp über 15.000 gut 1,5 Prozent im Minus nach 15.428 zu Handelsschluss am Freitag.
Larry Summers, Harvard-Professor und früherer US-Finanzminister hält große Sorgen vor Ansteckungsgefahren allerdings für übertrieben und spricht von einer Überreaktion. Solange die Krise bei SVB vernünftig bewältigt und Kundengelder ausgezahlt würden, sei von keinen systemischen Risiken für den Bankensektor auszugehen, erklärte er in einem Bloomberg-Interview.
Unterbrechung der Zinserhöhungen?
Zumindest warteten Investoren nun auf Klarstellungen anderer großer Geldhäuser, ob und in welchem Ausmaß die Probleme von SVB auch auf sie zuträfen, erklärte Jochen Stanzl von CMC Marktes. "Auch deutsche Banken stehen jetzt im Visier der Verkäufer, weil SVB Financial (NASDAQ:SIVB) etwas offenbart hat, was auch sie angehen könnte: unrealisierte Verluste im Anleiheportfolio."
Die Renditen von Staatsanleihen, die zuvor stark gestiegen waren, gingen schon deutlich zurück. Eingepreist wird nun eine weniger restriktive Geldpolitik der großen Notenbanken. So rechnet Goldman Sachs (NYSE:GS) damit, dass die US-Notenbank aufgrund der jüngsten Vorfälle das System ihrer geldpolitische Straffung erst einmal unterbrechen wird.
"Statistisch sehr positive Phase beginnt"
Was den DAX angeht, sieht Charttechniker Christoph Geyer erhöhte Gefahr für einen Einbruch und verweist auf das sogenannte Broadening- oder Megaphon-Top. "Davon spricht man, wenn sich an einem Top die Volatilität ausweitet und eine Formation entsteht, die oft nach unten aufgelöst wird." Zudem sehe die Indikatorenlage ähnlich bedenklich aus. Andererseits beginne nun eine statistisch sehr positive Phase, die bis in den Sommer reichen könne. "Immerhin konnten in den vergangenen 35 Jahren 25 Jahre mit einem positiven Ergebnis in diesem Zeitraum abschließen." Ein Markteinbruch sei also noch nicht beschlossene Sache. "Eine Entscheidung dürfte in den kommenden zwei Wochen fallen."
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Dienstag, 14. März
13.30 Uhr. USA: Verbraucherpreisindex März. Seit dem letzten Sommer sinkt die US-Inflationsrate, wie die Commerzbank (ETR:CBKG) erklärt. Dies liege vor allem an der Stabilisierung der Energiepreise. Der Preisauftrieb bei den meisten anderen Güter nehme allerdings kaum ab. Die alle Güter und Dienstleistungen umfassende Inflationsrate sei voraussichtlich von 6,4 auf 6,1 Prozent gefallen, die Kernrate aber wohl nur von 5,6 auf 5,5 Prozent.
Mittwoch, 15. März
13.30 Uhr. USA: Einzelhandelsumsatz Februar. Im Januar gab es der DekaBank zufolge "statistische" Nachholeffekte der Monate November und Dezember sowie staatliche wie auch witterungsbedingte Vorzieheffekte. Im Februar seien die Umsätze gegenüber dem Vormonat wohl gesunken.
Donnerstag, 16. März
14.15 Uhr. Eurozone: EZB-Zinsentscheid. Am Markt wird fest von einer Leitzinsanhebung um 50 Basispunkte ausgegangen. Wichtiger seien daher die Signale über das weitere Vorgehen und die neuen Projektionen, erklärt die DekaBank.
Freitag, 17. März
Großer Verfallstag an den Börsen: Terminkontrakte und Optionen laufen aus, was oft zu größeren Bewegungen an den Märkten führt.
von: Anna-Maria Borse, 10. März 2023, © Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.