FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 30. Oktober 2013. Auf den höchsten Stand seit fast zwei Jahren ist der Euro gegenüber dem US-Dollar geklettert. Exporteure ächzen bereits, Devisenanalysten halten den Euro aber für fair bewertet.
Zumindest an den Devisenmärkten kann von Krise keine Rede mehr sein: Der Euro zeigt sich vielmehr ausgesprochen stark, gegenüber dem US-Dollar sogar so stark wie seit November 2011 nicht mehr. Am gestrigen Dienstag lag der Kurs zwischenzeitlich bei über 1,38 US-Dollar je Euro, am Mittwochmittag sind es 1,3758. Zum Vergleich: Anfang September waren es noch 1,31, im Juli sogar nur 1,27 US-Dollar je Euro.
'Mit der ausbleibenden Verringerung der Anleihekäufe durch die US-Notenbank Mitte September hat der US-Dollar einen wichtigen Unterstützungsfaktor verloren', erklärt Ralf Umlauf von der Helaba. In der Folge habe sich der Euro zuerst oberhalb von 1,35 US-Dollar und später oberhalb des bisherigen Jahreshochs bei 1,3712 US-Dollar etablieren können. 'Zu der zögerlichen Haltung der Fed kam dann ein nicht durchgängig überzeugender Datenkranz, etwa blieb die Beschäftigungsdynamik zuletzt hinter den Erwartungen zurück.' Gleichzeitig habe der noch immer nicht endgültig gelöste Budgetstreit mitsamt der Behördenschließungen für Verunsicherung gesorgt.
Keine Luft mehr nach oben
Für Folker Hellmeyer ist die Stärke des Euro 'sachlich gerechtfertigt': 'Wir hatten zuletzt zahlreiche positive Wirtschafts- und auch Fiskaldaten aus der Eurozone', erklärt der Chefanalyst der Bremer Landesbank, der bereits seit geraumer Zeit auf die seines Erachtens unterschätzten Reformfortschritte in der Eurozone hinweist. 'Jetzt ist allerdings nicht mehr viel Aufwärtspotenzial da.' Der Euro/US-Dollar habe eine so große Bedeutung, dass bei einem weiteren Erstarken des Euro mit einem Eingreifen der Politik zu rechnen sei. 'Die Franzosen beklagen sich jetzt schon über den Wechselkurs. Bei 1,40 US-Dollar ist wohl die Grenze.'
Neben der Behördenschließung schwächt nach Ansicht von Cyrus de la Rubia von der HSH Nordbank auch ein anderer Faktor den US-Dollar: 'Die künftige US-Notenbankchefin Janet Yellen hat den Ruf, eher auf den Arbeitsmarkt als auf die Inflation zu achten. Die Reduzierung der Anleihekäufe wird sich somit nach hinten verschieben, wir rechnen jetzt erst im März damit.' Allerdings hält auch de la Rubia den Euro für bereits hoch bewertet: 'Er wird nicht mehr steigen, aber auch nicht fallen.'
Anhaltende Yen-Schwäche
Gegenüber dem japanischen Yen hat die Gemeinschaftswährung mittlerweile sogar den höchsten Stand seit über vier Jahren erreicht: Aktuell müssen für einen Euro 135 Yen hingelegt werden, im Sommer 2012 waren es nur 94 Yen. Das dies nicht nur Folge der bewusst von der japanische Regierung herbeigeführten Yen-Schwäche ist, zeigt der stärker beachtete Wechselkurs US-Dollar/Yen: Gegenüber dem Greenback hat sich die japanische Währung in den vergangenen zwei Jahren auch deutlich verbilligt, aber längst nicht so stark wie gegenüber dem Euro. Zudem konnte sich der Yen in den vergangenen Monaten gegenüber dem US-Dollar etwas erholen.
Nach Ansicht von Hellmeyer wird der Yen weiter schwächeln: 'Die positiven Wirtschaftsdaten wie die heute veröffentlichte Industrieproduktion vom September überzeugen nicht wirklich, da sie künstlich herbeigeführt sind.' 'Der Yen wird seinen Abwärtstrend fortsetzen', meint auch de la Rubia. 'Die japanische Notenbank wird nämlich länger an der lockeren Geldpolitik festhalten als die Fed.' Der japanische Ministerpräsident setzt auf schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme und eine extrem lockere Geldpolitik, um die Deflation zu beenden und das Land aus der lange anhaltenden Krise zu führen - ein Kurs, der auf viel Kritik stößt.
Pfund ohne Perspektiven
Auch gegenüber dem britischen Pfund hat die Gemeinschaftswährung zugelegt, wenn auch nicht so stark: Während Ende September noch weniger als 0,84 Pfund für einen Euro gezahlt werden mussten, sind es jetzt wieder 0,8565 Pfund. 'Die Wirtschaftsdaten Großbritanniens sind zwar ganz gut, allerdings zweifeln wir an der Nachhaltigkeit. Die Industriebasis bleibt schwach, es ist wieder der Finanzsektor, der das Wachstum treibt', bemerkt de la Rubia. Das Pfund werde daher wieder schwächer werden, die Bank prognostiziert per Ende 2014 einen Kurs von 0,89 Pfund zum Euro.
Auch Hellmeyer sieht das Pfund weiterhin im Trend gen Süden und erwartet 0,86 bis 0,87 Pfund je Euro. 'Die positiven Zahlen sind lediglich Folge zweifelhafter Hilfsmaßnahmen der Regierung, etwa der staatlichen Unterstützung von Immobilienkäufen.'
Flüchten nicht mehr nötig
Da die Eurokrise zunehmend als überwunden gilt, spielen auch Fluchtwährungen keine große Rolle mehr, selbst gegenüber dem Schweizer Franken hält sich der Euro deutlich über der Interventionsmarke von 1,20 Franken. Auch die norwegische, die australische und die neuseeländische Währung haben verloren: Für einen Euro bekommt man jetzt wieder 8,07 nach nur 7,35 norwegische Kronen zu Jahresanfang, 1,45 nach 1,27 australische Dollar beziehungsweise 1,66 nach 1,59 Neuseeland-Dollar. 'Der strukturelle Abgabedruck wird anhalten', prophezeit Hellmeyer, er rechnet mit weiteren Verlusten der Währungen von rund 5 Prozent. Stabilisiert haben sich unterdessen Schwellenländerwährungen wie die indische Rupie, der brasilianische Real oder die indonesische Rupiah. Diese hatten zuvor stark unter dem zunächst angekündigten Kurswechsel der US-Notenbank gelitten.
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von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 30. Oktober 2013
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Zumindest an den Devisenmärkten kann von Krise keine Rede mehr sein: Der Euro zeigt sich vielmehr ausgesprochen stark, gegenüber dem US-Dollar sogar so stark wie seit November 2011 nicht mehr. Am gestrigen Dienstag lag der Kurs zwischenzeitlich bei über 1,38 US-Dollar je Euro, am Mittwochmittag sind es 1,3758. Zum Vergleich: Anfang September waren es noch 1,31, im Juli sogar nur 1,27 US-Dollar je Euro.
'Mit der ausbleibenden Verringerung der Anleihekäufe durch die US-Notenbank Mitte September hat der US-Dollar einen wichtigen Unterstützungsfaktor verloren', erklärt Ralf Umlauf von der Helaba. In der Folge habe sich der Euro zuerst oberhalb von 1,35 US-Dollar und später oberhalb des bisherigen Jahreshochs bei 1,3712 US-Dollar etablieren können. 'Zu der zögerlichen Haltung der Fed kam dann ein nicht durchgängig überzeugender Datenkranz, etwa blieb die Beschäftigungsdynamik zuletzt hinter den Erwartungen zurück.' Gleichzeitig habe der noch immer nicht endgültig gelöste Budgetstreit mitsamt der Behördenschließungen für Verunsicherung gesorgt.
Keine Luft mehr nach oben
Für Folker Hellmeyer ist die Stärke des Euro 'sachlich gerechtfertigt': 'Wir hatten zuletzt zahlreiche positive Wirtschafts- und auch Fiskaldaten aus der Eurozone', erklärt der Chefanalyst der Bremer Landesbank, der bereits seit geraumer Zeit auf die seines Erachtens unterschätzten Reformfortschritte in der Eurozone hinweist. 'Jetzt ist allerdings nicht mehr viel Aufwärtspotenzial da.' Der Euro/US-Dollar habe eine so große Bedeutung, dass bei einem weiteren Erstarken des Euro mit einem Eingreifen der Politik zu rechnen sei. 'Die Franzosen beklagen sich jetzt schon über den Wechselkurs. Bei 1,40 US-Dollar ist wohl die Grenze.'
Neben der Behördenschließung schwächt nach Ansicht von Cyrus de la Rubia von der HSH Nordbank auch ein anderer Faktor den US-Dollar: 'Die künftige US-Notenbankchefin Janet Yellen hat den Ruf, eher auf den Arbeitsmarkt als auf die Inflation zu achten. Die Reduzierung der Anleihekäufe wird sich somit nach hinten verschieben, wir rechnen jetzt erst im März damit.' Allerdings hält auch de la Rubia den Euro für bereits hoch bewertet: 'Er wird nicht mehr steigen, aber auch nicht fallen.'
Anhaltende Yen-Schwäche
Gegenüber dem japanischen Yen hat die Gemeinschaftswährung mittlerweile sogar den höchsten Stand seit über vier Jahren erreicht: Aktuell müssen für einen Euro 135 Yen hingelegt werden, im Sommer 2012 waren es nur 94 Yen. Das dies nicht nur Folge der bewusst von der japanische Regierung herbeigeführten Yen-Schwäche ist, zeigt der stärker beachtete Wechselkurs US-Dollar/Yen: Gegenüber dem Greenback hat sich die japanische Währung in den vergangenen zwei Jahren auch deutlich verbilligt, aber längst nicht so stark wie gegenüber dem Euro. Zudem konnte sich der Yen in den vergangenen Monaten gegenüber dem US-Dollar etwas erholen.
Nach Ansicht von Hellmeyer wird der Yen weiter schwächeln: 'Die positiven Wirtschaftsdaten wie die heute veröffentlichte Industrieproduktion vom September überzeugen nicht wirklich, da sie künstlich herbeigeführt sind.' 'Der Yen wird seinen Abwärtstrend fortsetzen', meint auch de la Rubia. 'Die japanische Notenbank wird nämlich länger an der lockeren Geldpolitik festhalten als die Fed.' Der japanische Ministerpräsident setzt auf schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme und eine extrem lockere Geldpolitik, um die Deflation zu beenden und das Land aus der lange anhaltenden Krise zu führen - ein Kurs, der auf viel Kritik stößt.
Pfund ohne Perspektiven
Auch gegenüber dem britischen Pfund hat die Gemeinschaftswährung zugelegt, wenn auch nicht so stark: Während Ende September noch weniger als 0,84 Pfund für einen Euro gezahlt werden mussten, sind es jetzt wieder 0,8565 Pfund. 'Die Wirtschaftsdaten Großbritanniens sind zwar ganz gut, allerdings zweifeln wir an der Nachhaltigkeit. Die Industriebasis bleibt schwach, es ist wieder der Finanzsektor, der das Wachstum treibt', bemerkt de la Rubia. Das Pfund werde daher wieder schwächer werden, die Bank prognostiziert per Ende 2014 einen Kurs von 0,89 Pfund zum Euro.
Auch Hellmeyer sieht das Pfund weiterhin im Trend gen Süden und erwartet 0,86 bis 0,87 Pfund je Euro. 'Die positiven Zahlen sind lediglich Folge zweifelhafter Hilfsmaßnahmen der Regierung, etwa der staatlichen Unterstützung von Immobilienkäufen.'
Flüchten nicht mehr nötig
Da die Eurokrise zunehmend als überwunden gilt, spielen auch Fluchtwährungen keine große Rolle mehr, selbst gegenüber dem Schweizer Franken hält sich der Euro deutlich über der Interventionsmarke von 1,20 Franken. Auch die norwegische, die australische und die neuseeländische Währung haben verloren: Für einen Euro bekommt man jetzt wieder 8,07 nach nur 7,35 norwegische Kronen zu Jahresanfang, 1,45 nach 1,27 australische Dollar beziehungsweise 1,66 nach 1,59 Neuseeland-Dollar. 'Der strukturelle Abgabedruck wird anhalten', prophezeit Hellmeyer, er rechnet mit weiteren Verlusten der Währungen von rund 5 Prozent. Stabilisiert haben sich unterdessen Schwellenländerwährungen wie die indische Rupie, der brasilianische Real oder die indonesische Rupiah. Diese hatten zuvor stark unter dem zunächst angekündigten Kurswechsel der US-Notenbank gelitten.
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von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 30. Oktober 2013
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)