FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Nachdem die Rede von Fed-Chef Jerome Powell am Donnerstag Gewinnmitnahmen bei Aktien und Anleihen ausgelöst hatte, stehen die Inflationsdaten aus den USA in dieser Woche besonders im Fokus der Börsianer. Allzu groß sind die Erwartungen dabei nicht.
13. November 2023. Die zuletzt verstärkt aufgekommenen Hoffnungen auf eine baldige Zinssenkung in den USA haben einen herben Dämpfer erlitten. Auf der IWF-Konferenz in Washington hatte der Vorsitzende der US-Notenbank betont, dass man noch nicht überzeugt sei, dass die geldpolitischen Stellschrauben die Rückkehr zur Ziel-Inflationsrate von zwei Prozent bereits sicherstellen. Eine weitere Straffung der Leitzinsen sei daher nicht ausgeschlossen. Die Folge waren steigende Renditen und sinkende Aktienkurse.
Der DAX hatte nach den Äußerungen von Powell am Freitag mit einem Minus von 0,8 Prozent bei 15.234 Punkten geschlossen, wodurch auf Wochensicht nur noch ein mageres Plus von 0,3 Prozent übrigblieb. Der Wochenstart sieht mit vorbörslichen Kursen von 15.270 Punkten aber schon wieder recht vielversprechend aus. Unterstützung kommt mal wieder aus den USA, wo die neuen Zinssorgen schnell abgehakt wurden. Die großen Indizes setzen ihre Aufwärtsbewegung am Freitag mit Zuwächsen von 1,6 Prozent beim S&P 500 sowie 2,3 Prozent beim Nasdaq 100 weiter fort. In Asien stieg der Nikkei-Index heute um 0,1 Prozent.
DAX-Ziel von 17.500 Punkten per Ende 2024
Nach Ansicht der Helaba ist die Situation an den Aktienmärkten aber immer noch fragil, wenn schon "eine an sich eher unspektakuläre Rede vom Fed-Chef Powell" ausreiche, um die Wochengewinne spürbar schrumpfen zu lassen. Mittelfristig bleiben die Analysten indes sehr positiv gestimmt: "Besonders vielversprechend ist aus unserer Sicht der DAX, dessen aktueller fairer Wert sich auf rund 17.500 Punkte beläuft. Dies stellt auch unser Kursziel für das Jahresende 2024 dar". Die aktuelle Schwächephase wird daher zu Kauf empfohlen.
Kurzfristig könnte es nach der jüngsten Erholung aber zu einer Konsolidierung kommen. Darauf verweisen zumindest die Experten von Wellenreiter Invest, unter anderem mit Blick auf die Saisonalität. Da die Anleiherenditen der entscheidende Faktor für die Entwicklung der Aktienmärkte seien, sei die kleine Bodenbildung bei der zehnjährigen US-Rendite und die kleine Toppbildung bei Aktien ein Setup für eine Korrektur der vorherigen Bewegungen: "Der November steht in Vorwahljahren für die Möglichkeit einer Verschnaufpause bis kurz vor Thanksgiving (23.11.). Anschließend sind die Verlaufsmuster saisonal positiv".
Kerninflation in den USA wohl immer noch zu hoch
Bei den in den kommenden Tagen wieder vermehrt anstehenden Wirtschaftsdaten bezeichnet die Deutsche Bank den US-Verbraucherpreisindex am Dienstag als "Schlüsselereignis dieser Woche". Die Preisdaten dürften zeigen, ob der Trend zu einer sich abschwächenden Inflation voranschreitet oder die Fed ggf. doch noch mal aktiv werden muss. Die Kollegen der Commerzbank (ETR:CBKG) sehen dabei das Risiko von zwischenzeitlich steigenden Renditen nach der Veröffentlichung der Daten: "Die Preise der Kerninflation dürften im Oktober um 0,3 Prozent weiterhin kräftig zum Vormonat zugelegt haben, möglicherweise sogar etwas mehr".
Zu einem Thema könnte im Wochenverlauf auch wieder der mögliche Stillstand der US-Regierung werden, nachdem die Ende September in letzter Minute getroffene Übergangsvereinbarung am Freitag ausläuft. Die LBBW bezeichnet eine umfassende Einigung im Budgetstreit kurzfristig als unwahrscheinlich, eine weitere Übergangslösung für wenige Wochen hingegen als erreichbar. In trockenen Tüchern sei dieser Aufschub aber noch nicht, weshalb die zuletzt abgeebbte Risikoaversion an den Kapitalmärkten womöglich noch mal eine Wiederbelebung erfahren könnte.
Charttechnik macht Hoffnung
Laut Jörg Scherer von HSBC (LON:HSBA) ändern die am Freitag erfolgten Gewinnmitnahmen beim DAX nichts an den kurzfristigen Katalysatoren in Form der zuletzt vervollständigten Bodenbildung und Inselumkehr. Wichtige Unterstützungen sieht der Charttechniker im Bereich des jüngsten Aufwärtsgaps (15.028 zu 14.950 Punkten) sowie vor allem bei den Verlaufstiefs bei 14.630/14.458 Punkten. Auf dem Weg nach oben betont Scherer die Bedeutung der "Schlüsselzone bei 15.500/15.600 Punkten". Auf diesem Niveau habe das Aktienbarometer in diesem Jahr "in schöner Regelmäßigkeit wichtige Hoch- und Tiefpunkte ausgeprägt". Zudem verlaufe hier mit der 38-Wochen-Linie (aktuell bei 15.667 Punkten) ein weiterer massiver Widerstand.
Marcel Mußler von den Mußler Briefen ist ebenfalls der Ansicht, dass "das bullishe Setup an den Aktienmärkten erhalten geblieben ist". Dabei könne der DAX qualitativ aber noch nicht ganz mit den US-Indizes mithalten. Zum Wochenstart wäre ein Ausbruch über das vorletzte Hoch bei 15.269 Punkten "das erste Kaufsignal in der neuen Woche". Wenn danach auch noch der Abwärtstrend bei 15.365 Punkten geknackt würde, "ist das nächste Etappenziel wieder jene noch altbekannte Ausbruchshorizontale bei 15.579 Punkten", blickt Mußler in die Zukunft.
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche
Montag, 13.11.23
09.00 Uhr. Eurozone: Rede von EZB-Präsidentin Lagarde.
Dienstag, 14.11.23
11.00 Uhr. Deutschland: ZEW-Umfrage. Bei den Konjunkturerwartungen rechnen Analysten im Konsens mit einer spürbaren Verbesserung. Der entsprechende ZEW-Saldo soll demnach von minus 1,1 in der Vorperiode auf plus 3,0 Punkte klettern.
14:30 Uhr. USA: Verbraucherpreisindex. Die US-Volkswirte der Deutschen Bank (ETR:DBKGn) erwarten, dass die Gesamtinflation im Oktober ggü. dem Vormonat nur noch um 0,1 Prozent gestiegen ist, während die Kerninflation wie im September bei +0,3 Prozent liegen soll. Im Jahresvergleich würde das Teuerungsraten von 3,3 bzw. 4,1 Prozent bedeuten.
Mittwoch, 15. 11.23
11:00 Uhr. Eurozone: Industrieproduktion. Es läuft weiterhin nicht rund in der Eurozone. Im September soll die Produktion in der Industrie noch mal zum rund 1,0 Prozent ggü. dem Vormonat gesunken sein. Auf Jahressicht wäre das ein Rückgang von fast sieben Prozent.
14:30 Uhr. USA: Einzelhandelsumsätze. Die schwache Einkommensentwicklung und eine niedrige Sparquote der Konsumenten belasten nach Ansicht der Deka den Einzelhandel. Im Konsens wird hier für Oktober wieder mit einem leichten Rückgang von 0,3 Prozent kalkuliert.
14:30 Uhr. USA: Erzeugerpreise. Die Deutsche Bank rechnet für die Gesamtinflation im Oktober mit einem Anstieg des PPI von 0,2 Prozent.
Donnerstag, 16. 11.23
14:30 Uhr. USA: Philadelphia-Fed-Index. Bei den Experten der Helaba ist man hier recht negativ eingestellt. Mit einem prognostizierten Rückgang der Umfragewerte auf minus 12 Punkte liegt man noch unter der Konsens-Prognose von minus 11 Punkten.
14:30 Uhr. USA: Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung. Hier geht die Helaba für die Vorwoche von einem Anstieg von 217.000 auf 225.000 aus. Die NordLB rechnet sogar mit 230.000 Anträgen.
Freitag, 17. 11.23
11:00 Uhr. Eurozone: Verbraucherpreisindex. Im Oktober soll der HVPI-Index im Jahresvergleich um 2,9 Prozent (ggü. Vormonat: +0,1 Prozent) gestiegen sein. Bei der Kernrate wird eine Teuerung von 4,2 (ggü. Vormonat: 0,2) Prozent erwartet.
Von Thomas Koch, 13. November 2023 © Deutsche Börse (ETR:DB1Gn) AG
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.