LISSABON (dpa-AFX) - Mit knapp siebenmonatiger Verzögerung hat das Parlament in Portugal den umstrittenen Staatshaushalt für 2022 verabschiedet. Der Etat wurde am Freitag in Lissabon mit deutlicher Mehrheit angenommen. Die Ablehnung des Haushaltsplans durch das Parlament hatte im November zu einer Regierungskrise und einer Neuwahl geführt, bei der aber die regierenden Sozialisten von Ministerpräsident António Costa Ende Januar völlig überraschend die absolute Mehrheit der Sitze in der "Assembleia da República" errangen. Deshalb war die Regierung diesmal nicht auf die Stimmen der Opposition angewiesen, die nahezu geschlossen gegen den Entwurf votierte. Der Haushalt wurde mit 120 zu 109 Stimmen verabschiedet.
Im Etat des früheren Euro-Krisenlandes ist ein Defizit von nur 1,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vorgesehen. Das wären 0,9 Punkte unter dem Ergebnis von 2021. Ungeachtet der pandemiebedingten Probleme hatte Portugal im vergangenen Jahr erneut eine beachtliche Ausgabendisziplin gezeigt. Der Fehlbetrag von 2,8 Prozent lag 1,5 Prozentpunkte unter dem im Haushalt für 2021 festgelegten Ziel und auch 0,2 Punkte unter der von Brüssel festgelegten Obergrenze. Allerdings sollen die wegen der Corona-Krise ausgesetzten EU-Schulden-Regeln wegen des Ukraine-Krieges erst wieder 2024 gelten.
Costa sagte nach der Verabschiedung, Portugal habe die Krise am Freitag "endgültig überwunden". Die Ausgabenpolitik der Sozialisten wird unterdessen sowohl von der konservativen als auch von der linken Opposition sowie vom Gewerkschaftsdachverband CGTP scharf kritisiert. Die vorgesehene Anhebung der Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst sei zu gering und führe vor allem in einer Zeit hoher Inflation zu einem großen Kaufkraftverlust, heißt es. Vor dem Parlament protestierten am Freitag Hunderte für höhere Löhne.