Paris/Dubai (Reuters) - Nach dem Verstoß Irans gegen das Atomabkommen wollen Großbritannien, Frankreich und Deutschland EU-Diplomaten zufolge vorerst nicht zu UN-Sanktionen zurückkehren.
Ein entsprechender Mechanismus in dem 2015 mit dem Iran, den USA, China und Russland geschlossenen Atomabkommen werde nicht in Gang gesetzt. "Vorläufig nicht", sagte ein EU-Diplomat am Dienstag. "Wir wollen die Krise lösen." Ein zweiter EU-Diplomat sagte, die drei EU-Staaten wollten mehr Zeit für einen Dialog gewinnen und den Iran dazu bewegen, seine Verpflichtungen aus dem Atomabkommen wieder einzuhalten. Bei einem Treffen der verbliebenen sechs Vertragspartner - also ohne die USA - müsse auf Ministerebene das weitere Vorgehen besprochen werden.
Der französische Präsident Emmanuel Macron forderte den Iran auf, keine weiteren Verpflichtungen auszusetzen und rasch zum Abkommen zurückzukehren. Frankreich fühle sich dieser Vereinbarung verpflichtet, sagte Macron, der in der Nacht mit US-Präsident Donald Trump am Telefon die jüngste Entwicklung besprochen hatte. Frankreich werde in den kommenden Tagen Schritte unternehmen, damit der Iran die Auflagen respektiere und so in den Genuss wirtschaftlicher Vorteile komme.
Nach dem Abkommen begrenzt der Iran seine Uran-Produktion, im Gegenzug werden die meisten internationalen Sanktionen aufgehoben. Ziel ist es, die Zeit, die der Iran gegebenenfalls für den Bau einer Atombombe brauchen würde, von zwei bis drei Monaten auf ein Jahr auszudehnen. Neben den drei EU-Staaten wollen auch Russland und China an dem Abkommen festhalten. China bedauerte den Schritt des Irans, die Uran-Anreicherung hochzufahren, und rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Der wachsende Druck der USA auf den Iran sei "die eigentliche Ursache für die gegenwärtigen Spannungen".
TRUMP: "SIE SPIELEN MIT DEM FEUER"
Der Iran hatte als Reaktion auf den einseitigen Ausstieg der USA aus dem Abkommen seine Uran-Anreicherung hochgefahren. Außenminister Dschawad Sarif argumentierte, dies sei kein Bruch des Abkommens, denn der Iran übe vielmehr sein Recht aus, auf den einseitigen Ausstieg der USA vor einem Jahr zu reagieren. Die Islamische Republik hatte im Mai angekündigt, sie werde Schritt für Schritt ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen aussetzen, bis sie wieder in der Lage sei, die gleiche Menge an Rohöl zu verkaufen wie im April 2018 - also unmittelbar vor dem Ausstieg der USA und deren Rückkehr zu Wirtschaftssanktionen. Am Montag teilte die Führung in Teheran mit, man verfüge jetzt über eine größere Menge niedrig angereicherten Urans als es im Abkommen gestattet ist. Die den Vereinten Nationen zugeordnete Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) bestätigte dies.
US-Präsident Donald Trump drohte daraufhin der Islamischen Republik. Er habe keine Botschaft an den Iran, sagte er auf eine entsprechende Frage. "Sie wissen, was sie tun. Sie wissen, womit sie spielen, und ich denke, sie spielen mit dem Feuer." Der Iran zeigte sich davon unbeeindruckt. Trump müsse realisieren, dass die Iraner unter Druck enger zusammenrückten, sagte Parlamentspräsident Ali Laridschani. "Herr Trump sollte begreifen, dass eine zivilisierte Nation noch geeinter wird, wenn man ihr gegenüber schikanöse Worte gebraucht."
Trump will den Iran zu Neuverhandlungen über ein wesentlich schärferes Abkommen zu dessen Atom- und Raketenprogramm zwingen. Der Iran stellte im Mai Frankreich, Großbritannien und Deutschland ein 60-Tage-Ultimatum und verlangte, wie zugesagt seine Öl- und Bankenbranche vor US-Sanktionen zu schützen. Nach Ablauf der Frist setzte der Iran wie angekündigt einige Verpflichtungen aus dem Abkommen aus.