Frankfurt, 15. Jun (Reuters) - Das Gerangel um die
Beteiligung privater Investoren an der Sanierung Griechenlands
geht weiter. Am Dienstag blieb ein Sondertreffen der
EU-Finanzminister ohne Ergebnis. Entsprechend verunsichert
reagieren die Finanzmärkte: Der Euro
PRO
"Ordnungspolitisch wäre eine Beteiligung privater Investoren wünschenswert und richtig", sagt Volkswirt Christoph Weil von der Commerzbank. Denn dadurch würden Investoren zu vernünftigem Handeln angehalten. Sein Kollege Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus urteilt ähnlich: "So funktioniert der Markt nun einmal. Wer Risiken eingeht, muss auch mit einem Ausfall rechnen."
Analyst Eugen Keller vom Bankhaus Metzler plädiert für eine schnelle Einigung der europäischen Politik: "Wir brauchen einen Schlusspunkt in der Debatte um eine Rettung Griechenlands und ein Ende mit Schrecken ist besser als ein Schrecken ohne Ende. Ein 'weiter wie bisher' ist jedenfalls undenkbar. Allerdings ist eine komplexe Lösung nötig, die nicht nur Griechenland, sondern auch die anderen Sorgenkinder der Euro-Zone und die Banken miteinbezieht, um eine gefährliche Kettenreaktion an den Finanzmärkten zu vermeiden."
CONTRA
"Die Beteiligung des Privat-Sektors würde de facto einen Zahlungsausfall Griechenlands bedeuten", warnt Markus Huber, Chef-Händler bei ETX Capital. Rolf Schäffer, Leiter der Gruppe Credit Strategy bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), gibt zu bedenken, dass die griechischen Banken dann umgehend von jeglicher Liquidität abgeschnitten wären, weil sie die Anleihen ihres Landes nicht mehr bei der Europäischen Zentralbank (EZB) als Sicherheiten für Kredite hinterlegen können. "Wenn ich ein Land wieder auf die Beine bringen will, kann ich nicht das dortige Bankensystem zerstören."
Aber auch ausländische Banken würden in Mitleidenschaft gezogen, betont ETX-Experte Huber. Aufgrund der Abschreibungen auf griechische Anleihen könnten einige Schwierigkeiten bekommen, die verschärften Eigenkapital-Anforderungen (Basel III) einzuhalten.
LBBW-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch sieht zudem das Risiko einer Vertrauenskrise unter allen Finanzinstituten, die entweder tatsächlich in Griechenland engagiert sind oder denen man nachsagt, es zu sein. "Die Folge wäre wie nach der Pleite von Lehman Brothers im Herbst 2008, dass am Interbankenmarkt keiner keinem mehr traut und sich die Banken untereinander keinen Cent mehr leihen."
Eine weitere große Unbekannte ist nach Einschätzung von Experten, ob durch die Beteiligung privater Investoren die Kreditausfall-Versicherungen (CDS) fällig werden und ob sich die Krise durch die weltweite Vernetzung der Banken über den CDS-Markt beschleunigen und intensivieren würde. Das Nettovolumen der CDS auf Griechenland liegt nach Analystenschätzungen bei rund vier Milliarden Euro, das Volumen der ausstehenden Staatsanleihen bei knapp 300 Milliarden Euro.
(Reporter: Kirsti Knolle, Daniela Pegna, Hakan Ersen, Andreas Framke und Harro Tenwolde; redigiert von Martin Zwiebelberg)