Berlin (Reuters) - Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat einen milliardenschweren Wachstumspakt vorgeschlagen und riskiert damit einen neuen Streit in der schwarz-roten Regierung.
Beim "Tag der deutschen Industrie" brachte der CDU-Politiker am Dienstag einen "Wachstumspakt für Innovation, Entlastung und Bürokratieabbau" ins Spiel. Altmaier will dafür die Hälfte der zusätzlich zur Verfügung stehenden Finanzspielräume nutzen, die aufgrund höherer Steuereinnahmen Begehrlichkeiten wecken. "Das ist ein Betrag von mindestens zweistelliger Milliardengröße in den nächsten Jahren." Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist allerdings festgelegt, dass zusätzliche Gelder beim Bund in die Bereiche Verteidigung, Entwicklungszusammenarbeit und Digitalisierung gehen sollen.
Genau das möchte Altmaier jetzt ändern. Er reagiert damit auch auf massive Kritik der Wirtschaft an der Regierung wegen fehlender Entlastungen, etwa bei den Steuern. Ziel seines Vorschlags sei es, die "wirtschaftlich Aktiven" zu entlasten und die Innovationsfähigkeit der deutschen Unternehmen zu fördern. "Wir sollten den Mut haben, dies gemeinsam in der Koalition zu beschließen." Zu den Begünstigten sollten nach seinen Worten Arbeitnehmer und Unternehmer gehören.
In einem weiteren Wirtschaftsbereich will sich der Staat stärker einmischen, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel und Altmaier in Berlin deutlich machten: bei Übernahmen deutscher Firmen aus strategisch wichtigen Bereichen durch Nicht-EU-Ausländer, etwa chinesische Investoren. "Deutschland wird weiter offen bleiben", so Merkel. "Wir machen uns (aber) schon Gedanken darüber, auf welche Weise wir unsere kritische Infrastruktur schützen müssen." Altmaier sagte, der Staat könne sich bei Firmenübernahmen und bei der Förderung von Zukunftstechnologien nicht immer heraushalten.
Bundesbank-Chef Jens Weidmann hatte zuletzt vor einer schärferen Regulierung von Firmenübernahmen durch ausländische Investoren gewarnt. "Ich meine, wir sollten hier mit Augenmaß vorgehen und uns vor einem 'Investitionsprotektionismus' hüten." Auch die Wirtschaft mahnt Zurückhaltung an. Der Präsident des Industrieverbandes BDI, Dieter Kempf, glaubt, dass das aktuelle Außenwirtschaftsrecht "hinreichenden Schutz" für Deutschland und seine Unternehmen bietet. "Wir sollten zurückhaltend sein mit weiteren Einschränkungen."
Aus dem Wirtschaftsministerium hatte es jüngst geheißen, über eine Änderung der aktuellen Außenwirtschaftsverordnung mit schärferen Eingriffsrechten des Staates hinaus suche man nach einem neuen Mechanismus, um die "technologische Souveränität der deutschen Industrie" besser abzusichern.
Staatliche Unterstützung, auch finanzieller Art, hält Altmaier in Innovationsfeldern im Einzelfall für nötig. Er versuche weiter ein deutsches oder europäisches Firmenkonsortium zu finden, um E-Batterien der nächsten Generation am hiesigen Standort zu bauen. Subventionen ohne zeitliche Begrenzung werde es dabei aber nicht geben.