Agrar-Spekulation: Neue Meta-Studie hält schädliche Effekte für
wahrscheinlich - Kampagne von Spekulations-Befürwortern nicht haltbar
- 'Gefahr im Verzug': Bremer Ökonom sieht akuten Handlungsbedarf
Berlin (ots) - Einer neuen Meta-Studie zufolge ist ein Einfluss
der Finanzspekulation auf Nahrungsmittelpreise aus wissenschaftlicher
Sicht 'wahrscheinlich'. Die Analyse entkräftet zentrale Argumente der
Spekulationsbefürworter um Deutsche Bank, Allianz und den
Wittenberger Ethikprofessor Ingo Pies, wonach die Unschädlichkeit der
Agrarspekulation wissenschaftlich erwiesen sei. 'Einen
wissenschaftlichen Konsens gibt es nicht. Empirische Studien, die
sich ausgefeilter Methoden bedienen, kommen tendenziell eher zu dem
Schluss, dass Finanzmarktspekulation einen negativen Einfluss auf die
Weltmarktpreise für Nahrungsmittel haben kann', schreibt der Autor
Prof. Hans-Heinrich Bass. Der Bremer Volkswirt hat seine
Überblicks-Arbeit 'Finanzspekulation und Nahrungsmittelpreise' im
Auftrag der Verbraucherorganisation foodwatch verfasst und heute in
Berlin vorgestellt.
'Deutsche Bank und Allianz stützen sich auf wissenschaftlich nicht
haltbare Argumente. Es ist dreist und perfide, das Festhalten an der
Agrarspekulation damit zu begründen, dass 'die' Wissenschaft
angeblich Entwarnung gegeben habe', erklärte
foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. 'Es gibt den Beleg für die
Unschädlichkeit der finanzwirtschaftlichen Agrarspekulation nicht.'
Bode forderte die Unternehmen angesichts der wissenschaftlichen
Hinweise auf einen potenziellen Zusammenhang zwischen den
Finanzprodukten und Hunger auf, unverzüglich aus den Finanzwetten mit
Agrarrohstoffen auszusteigen: 'Wer jetzt nicht die Reißleine zieht,
handelt verantwortungslos. Bei ohnehin unterernährten Kindern können
schon Preisschocks von wenigen Tagen die nötige Zufuhr an
Mikro-Nährstoffen unterbrechen und dazu führen, dass diese Kinder
einfach sterben. Deutsche Bank und Allianz müssen sich entscheiden:
Aussteigen - oder weiter über Leichen gehen.'
Pro-Spekulations-Kampagne nicht haltbar - Wissenschaftler mit
Finanzindustrie verbandelt
Spekulationsbefürworter wie die Deutsche Bank berufen sich
insbesondere auf die Schlussfolgerungen des Wittenberger
Ethikprofessors Ingo Pies und des Agrarönomen Thomas Glauben aus
Halle, die seit Monaten medial stark verbreitet werden. Bass jedoch
belegt, dass diese nicht haltbar sind. Es sei falsch, die zentrale
These von Pies und Glauben als Stand 'der' Wissenschaft darzustellen,
der zufolge Finanzspekulation für die Entwicklung von
Nahrungsmittelpreisen unschädlich sei und sogar 'mit Sicherheit'
einen positiven Effekt habe. Das Gegenteil sei richtig, so Bass bei
der Vorstellung seiner Meta-Studie.
In seiner 65-seitigen Analyse hat sich der Bremer Ökonom
detailliert mit den Quellen von Pies und Glauben befasst. Demnach
haben die Befürworter der Spekulation von Indexfonds einen
'Literaturüberblick' über drei Dutzend Studien vorgelegt, sind bei
der Auswahl der Quellen jedoch einseitig vorgegangen. Selbst von den
als relevante Belege aufgeführten zehn Studien sehen lediglich fünf
empirische Arbeiten tatsächlich positive Effekte der
Index-Spekulation - vier dieser fünf Arbeiten gehen allerdings auf
eine einzige Wissenschaftlergruppe um den US-Wissenschaftler Scott H.
Irwin zurück. Dieser Haupt-Zeuge für die vermeintliche
Unschädlichkeit der Agrarspekulation musste gerade erst offenlegen,
dass er eng mit der US-amerikanischen Agrar- und Indexfondsindustrie
verbandelt ist.
Zudem haben Pies und Glauben auf eine methodenkritische Analyse
der Quellen, die ihre Thesen stützen, verzichtet. Diese wäre aber
bitter nötig: Wie die Bass-Studie belegt, sind sowohl Methoden als
auch Datengrundlagen äußerst umstritten. Als andere Wissenschaftler
eine Berechnung von Irwin et al. mit Daten aus einem etwas anderen
Zeitraum wiederholten, seien sie 'spektakulärerweise' zum
gegenteiligen Ergebnis gekommen, so Bass: Dass Indexfonds nämlich
sehr wohl die Weltmarktpreise von Nahrungsmitteln beeinflussen
können.
Der Bremer Ökonom warnt, dass die These von der angeblich
bewiesenen Unschädlichkeit der Finanzspekulation auf den Agrarmärkten
'sogar gefährlich' werden könne: Wenn sie Unternehmen vom Ausstieg
aus der Agrarspekulation abhalten oder die bereits ausgestiegenen
Banken zu einer Kehrtwende verleiten würde. Bass' Studie ist heute
unter dem Titel 'Finanzspekulation und Nahrungsmittelpreise:
Anmerkungen zum Stand der Forschung' erschienen als Band 42 der
Materialien des Wissenschaftsschwerpunktes 'Globalisierung der
Weltwirtschaft' am Institut für Weltwirtschaft und Internationales
Management (IWIM) der Universität Bremen.
Link:
- Studie 'Finanzspekulation und Nahrungsmittelpreise' von Prof.
Hans-Heinrich Bass zum Download: http://bit.ly/1fhwcsf
Redaktionelle Hinweise:
- foodwatch-Argumentationspapier zur Studie: http://bit.ly/187UP8w
- Kernzitate aus der Studie: http://bit.ly/HZ95nM
OTS: foodwatch e.V.
newsroom: http://www.presseportal.de/pm/50496
newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_50496.rss2
Pressekontakt:
foodwatch e.V.
Martin Rücker
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 2 90
wahrscheinlich - Kampagne von Spekulations-Befürwortern nicht haltbar
- 'Gefahr im Verzug': Bremer Ökonom sieht akuten Handlungsbedarf
Berlin (ots) - Einer neuen Meta-Studie zufolge ist ein Einfluss
der Finanzspekulation auf Nahrungsmittelpreise aus wissenschaftlicher
Sicht 'wahrscheinlich'. Die Analyse entkräftet zentrale Argumente der
Spekulationsbefürworter um Deutsche Bank, Allianz und den
Wittenberger Ethikprofessor Ingo Pies, wonach die Unschädlichkeit der
Agrarspekulation wissenschaftlich erwiesen sei. 'Einen
wissenschaftlichen Konsens gibt es nicht. Empirische Studien, die
sich ausgefeilter Methoden bedienen, kommen tendenziell eher zu dem
Schluss, dass Finanzmarktspekulation einen negativen Einfluss auf die
Weltmarktpreise für Nahrungsmittel haben kann', schreibt der Autor
Prof. Hans-Heinrich Bass. Der Bremer Volkswirt hat seine
Überblicks-Arbeit 'Finanzspekulation und Nahrungsmittelpreise' im
Auftrag der Verbraucherorganisation foodwatch verfasst und heute in
Berlin vorgestellt.
'Deutsche Bank und Allianz stützen sich auf wissenschaftlich nicht
haltbare Argumente. Es ist dreist und perfide, das Festhalten an der
Agrarspekulation damit zu begründen, dass 'die' Wissenschaft
angeblich Entwarnung gegeben habe', erklärte
foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. 'Es gibt den Beleg für die
Unschädlichkeit der finanzwirtschaftlichen Agrarspekulation nicht.'
Bode forderte die Unternehmen angesichts der wissenschaftlichen
Hinweise auf einen potenziellen Zusammenhang zwischen den
Finanzprodukten und Hunger auf, unverzüglich aus den Finanzwetten mit
Agrarrohstoffen auszusteigen: 'Wer jetzt nicht die Reißleine zieht,
handelt verantwortungslos. Bei ohnehin unterernährten Kindern können
schon Preisschocks von wenigen Tagen die nötige Zufuhr an
Mikro-Nährstoffen unterbrechen und dazu führen, dass diese Kinder
einfach sterben. Deutsche Bank und Allianz müssen sich entscheiden:
Aussteigen - oder weiter über Leichen gehen.'
Pro-Spekulations-Kampagne nicht haltbar - Wissenschaftler mit
Finanzindustrie verbandelt
Spekulationsbefürworter wie die Deutsche Bank berufen sich
insbesondere auf die Schlussfolgerungen des Wittenberger
Ethikprofessors Ingo Pies und des Agrarönomen Thomas Glauben aus
Halle, die seit Monaten medial stark verbreitet werden. Bass jedoch
belegt, dass diese nicht haltbar sind. Es sei falsch, die zentrale
These von Pies und Glauben als Stand 'der' Wissenschaft darzustellen,
der zufolge Finanzspekulation für die Entwicklung von
Nahrungsmittelpreisen unschädlich sei und sogar 'mit Sicherheit'
einen positiven Effekt habe. Das Gegenteil sei richtig, so Bass bei
der Vorstellung seiner Meta-Studie.
In seiner 65-seitigen Analyse hat sich der Bremer Ökonom
detailliert mit den Quellen von Pies und Glauben befasst. Demnach
haben die Befürworter der Spekulation von Indexfonds einen
'Literaturüberblick' über drei Dutzend Studien vorgelegt, sind bei
der Auswahl der Quellen jedoch einseitig vorgegangen. Selbst von den
als relevante Belege aufgeführten zehn Studien sehen lediglich fünf
empirische Arbeiten tatsächlich positive Effekte der
Index-Spekulation - vier dieser fünf Arbeiten gehen allerdings auf
eine einzige Wissenschaftlergruppe um den US-Wissenschaftler Scott H.
Irwin zurück. Dieser Haupt-Zeuge für die vermeintliche
Unschädlichkeit der Agrarspekulation musste gerade erst offenlegen,
dass er eng mit der US-amerikanischen Agrar- und Indexfondsindustrie
verbandelt ist.
Zudem haben Pies und Glauben auf eine methodenkritische Analyse
der Quellen, die ihre Thesen stützen, verzichtet. Diese wäre aber
bitter nötig: Wie die Bass-Studie belegt, sind sowohl Methoden als
auch Datengrundlagen äußerst umstritten. Als andere Wissenschaftler
eine Berechnung von Irwin et al. mit Daten aus einem etwas anderen
Zeitraum wiederholten, seien sie 'spektakulärerweise' zum
gegenteiligen Ergebnis gekommen, so Bass: Dass Indexfonds nämlich
sehr wohl die Weltmarktpreise von Nahrungsmitteln beeinflussen
können.
Der Bremer Ökonom warnt, dass die These von der angeblich
bewiesenen Unschädlichkeit der Finanzspekulation auf den Agrarmärkten
'sogar gefährlich' werden könne: Wenn sie Unternehmen vom Ausstieg
aus der Agrarspekulation abhalten oder die bereits ausgestiegenen
Banken zu einer Kehrtwende verleiten würde. Bass' Studie ist heute
unter dem Titel 'Finanzspekulation und Nahrungsmittelpreise:
Anmerkungen zum Stand der Forschung' erschienen als Band 42 der
Materialien des Wissenschaftsschwerpunktes 'Globalisierung der
Weltwirtschaft' am Institut für Weltwirtschaft und Internationales
Management (IWIM) der Universität Bremen.
Link:
- Studie 'Finanzspekulation und Nahrungsmittelpreise' von Prof.
Hans-Heinrich Bass zum Download: http://bit.ly/1fhwcsf
Redaktionelle Hinweise:
- foodwatch-Argumentationspapier zur Studie: http://bit.ly/187UP8w
- Kernzitate aus der Studie: http://bit.ly/HZ95nM
OTS: foodwatch e.V.
newsroom: http://www.presseportal.de/pm/50496
newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_50496.rss2
Pressekontakt:
foodwatch e.V.
Martin Rücker
E-Mail: presse@foodwatch.de
Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 2 90