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Veröffentlicht am 21.11.2013, 10:06
Agrar-Spekulation: Neue Meta-Studie hält schädliche Effekte für

wahrscheinlich - Kampagne von Spekulations-Befürwortern nicht haltbar

- 'Gefahr im Verzug': Bremer Ökonom sieht akuten Handlungsbedarf

Berlin (ots) - Einer neuen Meta-Studie zufolge ist ein Einfluss

der Finanzspekulation auf Nahrungsmittelpreise aus wissenschaftlicher

Sicht 'wahrscheinlich'. Die Analyse entkräftet zentrale Argumente der

Spekulationsbefürworter um Deutsche Bank, Allianz und den

Wittenberger Ethikprofessor Ingo Pies, wonach die Unschädlichkeit der

Agrarspekulation wissenschaftlich erwiesen sei. 'Einen

wissenschaftlichen Konsens gibt es nicht. Empirische Studien, die

sich ausgefeilter Methoden bedienen, kommen tendenziell eher zu dem

Schluss, dass Finanzmarktspekulation einen negativen Einfluss auf die

Weltmarktpreise für Nahrungsmittel haben kann', schreibt der Autor

Prof. Hans-Heinrich Bass. Der Bremer Volkswirt hat seine

Überblicks-Arbeit 'Finanzspekulation und Nahrungsmittelpreise' im

Auftrag der Verbraucherorganisation foodwatch verfasst und heute in

Berlin vorgestellt.

'Deutsche Bank und Allianz stützen sich auf wissenschaftlich nicht

haltbare Argumente. Es ist dreist und perfide, das Festhalten an der

Agrarspekulation damit zu begründen, dass 'die' Wissenschaft

angeblich Entwarnung gegeben habe', erklärte

foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. 'Es gibt den Beleg für die

Unschädlichkeit der finanzwirtschaftlichen Agrarspekulation nicht.'

Bode forderte die Unternehmen angesichts der wissenschaftlichen

Hinweise auf einen potenziellen Zusammenhang zwischen den

Finanzprodukten und Hunger auf, unverzüglich aus den Finanzwetten mit

Agrarrohstoffen auszusteigen: 'Wer jetzt nicht die Reißleine zieht,

handelt verantwortungslos. Bei ohnehin unterernährten Kindern können

schon Preisschocks von wenigen Tagen die nötige Zufuhr an

Mikro-Nährstoffen unterbrechen und dazu führen, dass diese Kinder

einfach sterben. Deutsche Bank und Allianz müssen sich entscheiden:

Aussteigen - oder weiter über Leichen gehen.'

Pro-Spekulations-Kampagne nicht haltbar - Wissenschaftler mit

Finanzindustrie verbandelt

Spekulationsbefürworter wie die Deutsche Bank berufen sich

insbesondere auf die Schlussfolgerungen des Wittenberger

Ethikprofessors Ingo Pies und des Agrarönomen Thomas Glauben aus

Halle, die seit Monaten medial stark verbreitet werden. Bass jedoch

belegt, dass diese nicht haltbar sind. Es sei falsch, die zentrale

These von Pies und Glauben als Stand 'der' Wissenschaft darzustellen,

der zufolge Finanzspekulation für die Entwicklung von

Nahrungsmittelpreisen unschädlich sei und sogar 'mit Sicherheit'

einen positiven Effekt habe. Das Gegenteil sei richtig, so Bass bei

der Vorstellung seiner Meta-Studie.

In seiner 65-seitigen Analyse hat sich der Bremer Ökonom

detailliert mit den Quellen von Pies und Glauben befasst. Demnach

haben die Befürworter der Spekulation von Indexfonds einen

'Literaturüberblick' über drei Dutzend Studien vorgelegt, sind bei

der Auswahl der Quellen jedoch einseitig vorgegangen. Selbst von den

als relevante Belege aufgeführten zehn Studien sehen lediglich fünf

empirische Arbeiten tatsächlich positive Effekte der

Index-Spekulation - vier dieser fünf Arbeiten gehen allerdings auf

eine einzige Wissenschaftlergruppe um den US-Wissenschaftler Scott H.

Irwin zurück. Dieser Haupt-Zeuge für die vermeintliche

Unschädlichkeit der Agrarspekulation musste gerade erst offenlegen,

dass er eng mit der US-amerikanischen Agrar- und Indexfondsindustrie

verbandelt ist.

Zudem haben Pies und Glauben auf eine methodenkritische Analyse

der Quellen, die ihre Thesen stützen, verzichtet. Diese wäre aber

bitter nötig: Wie die Bass-Studie belegt, sind sowohl Methoden als

auch Datengrundlagen äußerst umstritten. Als andere Wissenschaftler

eine Berechnung von Irwin et al. mit Daten aus einem etwas anderen

Zeitraum wiederholten, seien sie 'spektakulärerweise' zum

gegenteiligen Ergebnis gekommen, so Bass: Dass Indexfonds nämlich

sehr wohl die Weltmarktpreise von Nahrungsmitteln beeinflussen

können.

Der Bremer Ökonom warnt, dass die These von der angeblich

bewiesenen Unschädlichkeit der Finanzspekulation auf den Agrarmärkten

'sogar gefährlich' werden könne: Wenn sie Unternehmen vom Ausstieg

aus der Agrarspekulation abhalten oder die bereits ausgestiegenen

Banken zu einer Kehrtwende verleiten würde. Bass' Studie ist heute

unter dem Titel 'Finanzspekulation und Nahrungsmittelpreise:

Anmerkungen zum Stand der Forschung' erschienen als Band 42 der

Materialien des Wissenschaftsschwerpunktes 'Globalisierung der

Weltwirtschaft' am Institut für Weltwirtschaft und Internationales

Management (IWIM) der Universität Bremen.

Link:

- Studie 'Finanzspekulation und Nahrungsmittelpreise' von Prof.

Hans-Heinrich Bass zum Download: http://bit.ly/1fhwcsf

Redaktionelle Hinweise:

- foodwatch-Argumentationspapier zur Studie: http://bit.ly/187UP8w

- Kernzitate aus der Studie: http://bit.ly/HZ95nM

OTS: foodwatch e.V.

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Pressekontakt:

foodwatch e.V.

Martin Rücker

E-Mail: presse@foodwatch.de

Tel.: +49 (0)30 / 24 04 76 - 2 90

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